Benefiz-Abend:Mit Leib und Seele für die Ukraine

Lesezeit: 3 min

Margarita Rubinova singt die ukrainische Nationalhymne. (Foto: Lukas Barth)

Beim "Dance for Peace" in Fürstenfeldbruck kommt eine fünfstellige Summe für Menschen zusammen, die vom Krieg betroffen sind. 15 Tänzerinnen und Tänzer und eine Sängerin treten ohne Gage auf und rühren die Zuschauer immer wieder zu Tränen.

Von Johanna Haas, Fürstenfeldbruck

Nun steht sie da in ihrem bodenlangen weißen Kleid, ganz allein in der Mitte der Bühne. "Die Herrlichkeit und der Wille der Ukraine sind nicht gestorben", heißt es in der Nationalhymne, am Sonntagabend gesungen von Margarita Rubinova. "Wir, die ukrainischen Brüder, werden nicht sterben. Unsere Feinde werden verschwinden wie der Tau in der Sonne." Hinter der Sängerin, auf einer großen Leinwand, die gelb-blaue Flagge der Ukraine. Vor ihr der ausverkaufter Saal des Veranstaltungsforums Fürstenfeld mit 800 Besuchern, die sich, egal ob Ukrainer oder nicht, erheben, gebannt lauschen oder leise mitsingen.

Die aus Kiew stammende Mezzosopranistin tritt normalerweise am ukrainischen Nationaltheater und an der Staatsphilharmonie auf, doch nun ist sie Kriegsflüchtling und an diesem Abend eine der Künstlerinnen beim "Dance for Peace". So heißt die Benefiz-Gala für Kriegsbetroffene am Sonntagabend in Fürstenfeldbruck. Innerhalb kürzester Zeit organisierte die Direktorin der Münchner International Ballett-School, Kumiko Noshiro, zusammen mit dem Direktor des Juniorballetts Kiew, Nobuhiro Tereda, dieses Gemeinschaftsprojekt.

15 Tänzerinnen und Tänzer hat Noshiro für ihr Vorhaben gewinnen können. Darunter die 16-jährige Margarita Fernandes vom Bayerischen Staatsballett. Sie tanzt das Stück "Le Corsaire" mit ihrem Partner und Demi-Solisten Antonio Casalinho. Ein etwa fünfminütiger Ausschnitt von Liebe, Verrat, Befreiung und Rache, den die beiden mit Bravour meistern. Durchweg elegant, schwerelos und anmutig tanzen sie den berühmte Pas de deux. Vor allem der portugiesische Casalinho überzeugt in seinem hitzigen Solo: Mit flinker Beinarbeit dreht er eine Pirouette nach der anderen - der vielleicht beste Auftritt des Abends.

Bianca Teixeira und Lucas Erni haben den Ballettabend eröffnet. (Foto: Lukas Barth)

Wären da nicht der einstige Münchner Publikumsliebling Maria Eichwald, zusammen mit ihrem Tanzpartner Alexandr Trusch und "Adagietto" - einer Choreographie des Hamburger Ballettchefs John Neumeier. Wer denkt, man könne Gustav Mahler nicht tanzen, hat sich geirrt. Sanfte Hebefiguren, weich fließende Armbewegungen und zarte Berührungen prägen Neumeiers Interpretation. Man ist ergriffen, erschüttert und leidet mit den beiden Tänzern. Eichwald und Trusch leben die Posen, sind durchweg elegant, verführerisch und technisch unfehlbar - sie wirken wie in Symbiose: Perfekt aufeinander abgestimmt.

Etwas akrobatischer und herrischer verkörpern die Ukrainer Iryna Khandashewskaya und Anatoly Khandashewskiy die Choreographie von "Spartacus". Kraftvoll, kampfeslustig und mit stolz geschwellter Brust schleudert der römische Legionär seine Geliebte, die er herumwirbelt und herrisch quer über die Bühne dreht. Ganz klar ein Ballett-Klassiker und damit ein Stück Tanzgeschichte.

Den absoluten Gegensatz bietet "Ballett 102", eine amüsante Kreation des Stuttgarter Erfolgschoreografen Eric Gauthier. Eine Satire auf die 102 Positionen des klassischen Pas de deux und eine Anlehnung an sein kritisch ironisches "Ballet 101". Getanzt von Maxine Morales und Luca Massara vom Bayerischen Junior Staatsballett München. Eine erfrischende Abwechslung, die das Publikum zum Lachen bringt, bevor es mit den herzzerreißenden Kompositionen des Mailänder Komponisten und Pianisten Roberto Cacciapaglia weitergeht.

Zum Abschluss des Abends treibt Sängerin Rubinova der Menge ein letztes Mal die Tränen in die Augen. Bei "How can I not love you, my Kyiv" von Komponist Igor Shamo und Dmitry Lutsenko, werden frühere Aufnahmen der Stadt gezeigt.

So unterschiedlich die Performances an diesem Abend auch sind - etwas haben alle Künstler gemeinsam: Sie wollen helfen. Deshalb treten sie ohne Gage auf. 20000 Euro wurden allein durch den Kartenverkauf eingenommen - und auch auf Spenden wird noch gehofft. "Drink, change, donate", nennen es die zwei Moderatoren Thoriso Magongwa und Rainer Krenstetter, die die Gäste durch die Show führen: einer auf Englisch, der andere auf Deutsch. "Wenn Sie in der Pause etwas zu trinken kaufen, spenden Sie das Wechselgeld", übersetzt Krenstetter. Noch einmal 2000 Euro kommen so zusammen. 50 Prozent der Einnahmen gehen an die Organisation "Help Dance", die geflüchtete Tänzer in Deutschland und Notleidende Tänzer in der Ukraine unterstützt. Der andere Teil wird an die Initiative "Brucker helfen der Ukraine" gespendet.

Ein Vorhaben, das erfolgreich zu sein scheint, denn sowohl in der Pause als auch nach der Show werfen Zuschauer Geldscheine in die aufgestellten Spendenkästen. Ein erfolgreicher Tanzabend also - von der Klassik bis hin zur Moderne à la John Neumeier - mit Stars und jungen Talenten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: