Dachau:Wahlkampf mit Minister

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Gemeinsamer Wahlkampf: Katrin Staffler mit Gesundheitsminister Hermann Gröhe. (Foto: Niels P. Joergensen)

Katrin Staffler begleitet Hermann Gröhe in ein Dachauer Altenheim

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ist die CSU-Bundestagskandidatin für Fürstenfeldbruck und Dachau, Katrin Staffler, bei einer Wahlkampfveranstaltung im Dachauer Friedrich-Meinzolt-Haus aufgetreten. Den älteren Damen und Herren dort verschlägt es aus Ehrfurcht vor dem hohen Gast aus Berlin allerdings nicht die Sprache. Aber sie atmen tief durch, bevor sie zu reden beginnen. Sie haben Wichtiges vorzutragen, auf den Besuch haben sie sich gut vorbereitet. In einem halbstündigen Gespräch am großen Tisch gelingt es ihnen nur, ihre Anliegen anzutippen. Diesen Umstand haben sie vorsorglich berücksichtigt und überreichen dem Minister ein Exposé, in dem sie die Lage älterer Menschen am Beispiel Dachaus erläutern und Vorschläge für eine bessere finanzielle Grundlage der Betreuung und Pflege vortragen.

Minister Gröhe zeigt sich beeindruckt, weil die Bewohner nicht jammern, sondern sich sorgen. Um ihren Lebensabend - und um die Pflegekräfte. "Wir brauchen mehr Geld für das Personal", heißt es. Angesichts der "physischen und psychischen Kraft", die für diesen Beruf notwendig sind, "ist er unterbezahlt". Gröhe zeigt sich beeindruckt: "Es ist schön, dass Sie auch an die Pflegekräfte denken."

In ihrem schriftlichen Exposé haben die Bewohner gemeinsam mit ihrer demokratischen Vertretung, dem Heimbeirat, und Leiter Christian Zanke, ihre Kritik, ihre Ideen und ihre Vorschläge vertieft. Zanke erläutert die Gedanken am Donnerstag, einen Tag nach Gröhes Besuch. Die Finanzierung einer guten Altenpflege, sei sie ambulant oder stationär im Heim, hält er für machbar. Er und seine Bewohner fordern beispielsweise die Bundesregierung auf, die offiziellen und versteckten Subventionen für sämtliche börsennotierte Unternehmen wie Airbus oder Volkswagen zu stoppen. Soweit zum Geld.

Wichtiger ist den Autoren die Kritik an der Altenpolitik der Bundesregierung, und gemeint ist die gesamte Koalition einschließlich SPD. Sie verurteilen nicht den Leitfaden, "dass ambulante vor stationäre Pflege gehen soll". Vielmehr zeigen sie dessen Grenzen am Beispiel Dachau auf. Wenn die Bundespolitik tatsächlich erreichen will, dass die meisten Menschen bis ins hohe Alter zuhause leben sollen, unterstützt von der Familie, dann bräucht es dazu die angemessene Infrastruktur.

Die wesentlichen Elemente wären: eine Tagespflege, damit Angehörige im Beruf flexibel sind. Eine Nachtpflege, damit in schwierigen Phasen die Familien nicht überfordert werden. Ganz wichtig: eine Kurzzeitpflege, damit auch mal ein mindestens 14-tägiger Urlaub möglich ist. Und schließlich ein Mobilitätsdienst, damit die Patienten zum Arzt kommen oder zu Therapien.

Das Meinzolt-Haus fordert Gröhe in dem Exposé dazu auf, die stationäre Pflege angemessen zu berücksichtigen. Denn der politische Vorrang der ambulanten Hilfe geht nach Ansicht der Bewohner, der Leitung um Christian Zanke und des Trägers, der Inneren Mission in München, fast komplett zu Kosten der Altenheime. Christian Zanke: "Wir haben das Gefühl, dass immer mehr gespart wird und die Leistungen ständig beschnitten werden."

Gröhe sagt: "So wie ich für die Ausbildung meiner Kinder einstehe, so ist es umgekehrt normal, dass ich Hilfe von den Kindern erfahre." Dieser Satz variiert den so genannten Paragrafen des Kanzlers Bismarck zu Kaiserzeiten im 19. Jahrhundert, wonach die Pflege eine innerfamiliäre Verpflichtung darstelle. Zanke und seine Bewohner erachten ihn als unzeitgemäß und widersprüchlich: "Einerseits sollen die jungen Leute mobil und flexibel sein, andererseits sollen sie sich so organisieren, dass sie für ihre Familien da sind. Wie soll das gehen?" Deshalb sagt Zanke deutlich: "Die ambulante Altenhilfe ist nicht der Königsweg."

© SZ vom 04.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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