Corona-Pandemie:Kreis-FDP erntet für Corona-Brief an Merkel und Söder heftige Kritik

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Die Liberalen verharmlosten die Gefahr für Leib und Leben, rügen CSU und SPD. Etwas Zustimmung kommt hingegen von den Grünen

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Auf teilweise heftige Kritik von CSU, Grünen und SPD ist der offene Brief des FDP-Kreisverbandes an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) gestoßen. Die Liberalen fragen darin, wie eine "langfristige und nachhaltige Systematik" zur Bekämpfung der Corona-Pandemie denn aussehe? Angesichts der Mutationen des Virus sei das schwierig, wendet die CSU-Kreisvorsitzende Katrin Staffler ein. Sie sprach von einem "sehr durchsichtigen Wahlkampfmanöver" der FDP. Als naiv bis zynisch und gefährlich rügt Michael Schrodi, der SPD-Unterbezirksvorsitzende, den Brief.

Er verweist auf eine Passage, in der die FDP nach dem Primärziel fragt, ob der Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung oder die Unversehrtheit von Leib und Leben möglichst aller Bürger im Vordergrund stehe? "Beides hängt doch zusammen", betont er. Ohne ein funktionierendes Gesundheitssystem könne die Unversehrtheit der Menschen nicht gewährleistet werden. Der SPD-Bundestagsabgeordnete hält es für gefährlich, dass die FDP suggeriere, es gebe "einen leichten Weg raus". Die enorm ansteigenden Zahlen von Infizierten und Toten in anderen Ländern zeigten doch, dass das unmöglich sei.

"Ein Plan wäre schön, aber mit dem Virus kann man nicht verhandeln, wie in einem Tarifstreit, es wirft uns immer wieder neue Probleme in den Weg", sagt die CSU-Bundestagabgeordnete Staffler. Auch sie würde gerne wieder rausgehen, Freunde treffen und die Wirtschaft ankurbeln, "aber die Vernunft sagt, das geht nicht".

Dass die Kreis-FDP auf einer Pressekonferenz auf die Feuerwehr verweise, die sich intensiv auf Gefahrenlagen vorbereite, sei ein Vergleich von Äpfel mit Birnen, kritisiert Schrodi. Er wirft der FDP obendrein Widersprüchlichkeit vor, einerseits würde Eigenverantwortlichkeit statt Verbote gefordert, andererseits habe der Eichenauer FDP-Bürgermeister Südkorea und Taiwan zu Vorbildern zu erklärt, aber dort würden Regierungen viel rigider in Grundrechte eingreifen. Besonders empört Schrodi, dass die FDP im September im Bundestag ebenso wie die AfD die Pandemie verharmlost habe. Das Coronavirus sei "nicht besiegt, aber beherrschbar" geworden, habe eine Abgeordnete geäußert. Und gerade in Fragen der Existenzsicherung, etwa beim Kurzarbeitergeld, habe die FDP gebremst und das als zu teuer abgetan, kritisiert Schrodi.

Ebenso wie seine Kollegin Staffler rügt Schrodi, dass die FDP den Effekt der Corona-Mutationen ignoriere, die sich wesentliche schneller ausbreiten. Er verweist auf Irland, wo die Infektionszahlen ganz weit unten waren, dann lockerte die Regierung die Einschränkungen über Weihnachten und die Zahlen schnellten hoch. Einen Ausweg aus der Corona-Krise gibt es nach Ansicht Schrodis nur durch schnelleres Impfen und Schnelltests, möglichst zum Selbermachen, dann könnte man Kindertagesstätten und Schulen wieder öffnen. "Die Probleme müssen gelöst werden, aber ohne Wahlkampfgetöse", sagt Staffler. Schrodi empfahl der Kreis-FDP einen solchen Brief an die Länderregierungen zu schreiben, in denen die Liberalen mitregieren.

Etwas Zustimmung kommt von den Grünen. "Wir können vieles an der FDP-Kritik unterschreiben. Zu wenig Strategie, zu viel "auf Sicht fahren" oder deutlicher, zu viel im Nebel stochern", sagt die Kreissprecherin Kathrin Durach. Ihre Partei fordere schon lange eine klare Corona-Strategie und mehr Planbarkeit. Im Dezember hätten die Grünen dazu einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt. "Wir brauchen jetzt dringend Verlässlichkeit, Einheitlichkeit und Transparenz in der Corona-Bekämpfung. Nötig ist eine längerfristige Perspektive", fordert Durach. Versäumt worden sei auf geradezu "skandalöse Weise", die vulnerablen Gruppen gut zu schützen, an dem Punkt habe die FDP auch recht. Und was die Impfstrategie betrifft, mahnt Durach mehr Voraussicht und Planbarkeit an.

Allerdings werfen die Grünen der FDP vor, dass es ihr vor allem um Perspektiven für die Wirtschaft gehen würde. Den Grünen machten dagegen die vielen Kinder und Jugendlichen Sorgen, "die wir gerade abhängen". Das werde fatale Folgen haben. Deshalb fordere ihre Partei einen bundesweiten Kinderrettungsfonds. "Dafür ist es höchste Zeit. Eine verlorene Generation können und wollen wir uns nicht leisten", sagt Durach.

© SZ vom 18.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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