Corona-Maßnahmen:"Was ist das Ziel dieser Politik?"

Lesezeit: 2 min

"Ein Verlassen der Ampel entspricht nicht meinem persönlichen Selbstverständnis von Verantwortung", sagt der FDP-Kreisvorsitzende Martin Koch. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Kreis-FDP schreibt an Kanzlerin und Ministerpräsident

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Die Kreis-FDP fordert einen Maßnahmenplan in der Corona-Krise und hat deshalb einen offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) geschrieben, in dem sie "Fragen zum Stand der nationalen Corona-Strategie" formuliert. Im gegenwärtig praktizierten Krisenmanagement vermissen die Liberalen ein systematisches Vorgehen. "Es besteht weiterhin kein Fahrplan und keine Perspektive und es fehlt nach wie vor der Mut, auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung zu setzen", bemängelt der FDP-Kreisvorsitzende Martin Koch am Donnerstag bei einem Online-Pressegespräch. Dabei gehe es der Partei nicht um pauschale Öffnungen, stellt Koch klar. Aber es reiche eben nicht aus, "wie im 19. Jahrhundert im Nebel auf Sicht zu fahren und die Geschwindigkeit zu drosseln", ergänzt Eichenaus Bürgermeister Peter Münster.

Die FDP fragt in ihrem Schreiben unter anderem, ob es eine deutschlandweit einheitliche und langfristige Systematik zur Bekämpfung der Pandemie gebe. Was unternommen werde, um "zu einer für die Bürger transparenten und nachvollziehbaren Corona-Politik zu kommen". Welche Maßnahmen die Regierung für geeignet hält, um dabei zu mehr Eigenverantwortung zu kommen, "anstelle mit Verboten und deren Sanktionierung zu agieren". Ob es eine Impfstrategie für den Fall gebe, dass wiederkehrendes Impfen notwendig sein könnte. Ob es wirksame Überlegungen zum Schutz der vulnerablen Gruppen gebe und wie das "Primärziel" bei der Pandemiebekämpfung denn eigentlich laute: "Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung oder die Unversehrtheit von Leib und Leben möglichst aller Mitbürger"?

Die Bundestagsfraktion der FDP hatte Anfang der Woche einen Antrag auf einen Sieben-Stufen-Plan eingebracht, wonach nicht nur die Sieben-Tage-Inzidenz, sondern eine ganze Reihe weiterer Faktoren bei Lockerungen der Corona-Maßnahmen Berücksichtigung finden sollen.

Robert Bauer, ehemaliger Emmeringer FDP-Gemeinderat, zog Parallelen zu seiner vormaligen Arbeit als IT-Krisenmanager bei einem Münchner Dax-30-Konzern. Man könne viel aus anderen Disziplinen lernen, und deshalb gelte auch in der Corona-Pandemie, dass man in einer Krise "vor die Lage kommen muss", fordert Bauer. Man müsse alle Varianten vorausdenken, die passieren könnten, und über entsprechende Reaktionsmöglichkeiten verfügen. Dies zugrundelegend könne er ein Krisenmanagement der aktuellen Politik jedoch nicht wahrnehmen. Angekündigt hatten Kanzlerin und Ministerpräsidenten am Mittwoch eine weitere Verlängerung des Lockdowns bis 7. März und eine Absenkung der lange als Zielwert für mögliche Lockerungen gehandelten 50er-Inzidenz auf einen Wert von 35.

Man sei erstaunt darüber, dass man "den Dingen hinterherlaufe", sagt der Eichenauer Gemeinde- und Kreisrat Ulrich Bode, der im Herbst für den Bundestag kandidieren will und den Brief neben Koch, Münster und Bauer unterschrieben hat. Dabei gebe es im Land viel Erfahrung mit Krisenmanagement, auch in den Kommunen. Beispielsweise bei den Feuerwehren. Dort würden Pläne gemacht, Lehrgänge, Übungen, um sich auf Gefahrensituationen vorzubereiten. Bode fordert systematische Coronatests, etwa an Schulen, um ein aktuelles Bild der Lage zu erhalten. Wenn Lehrkräfte jeden zweiten Tag und täglich ein Fünftel der Schüler getestet würden, "dann wären in einer Woche alle durch und alle Schulen hätten das unter Kontrolle". Dieses Vorgehen könne man auch auf Geschäfte, Restaurants, Sportvereine ausdehnen.

Die Menschen vermissten "eine klare Idee", beklagt Peter Münster, einziger FDP-Bürgermeister im Landkreis. Es gebe eine wachsende Zahl derer, die der Maßnahmen überdrüssig seien und etwa die nächtliche Ausgangssperre als "Schikane" empfänden. Andere Demokratien hätten das bisher besser hinbekommen, sagt Münster und verweist auf Südkorea und Taiwan. Man hätte die Corona-App "für weitere Dinge nutzbar machen können anstatt die Freiheitsrechte einzuschränken, wie man es in der Bundesrepublik so noch nie erlebt hat". Robert Bauer formuliert die Forderung nach einer Strategie auch im Zusammenhang mit der Frage, wie man künftig eigentlich weiterleben wolle, denn das Virus werde sich nicht aus der Welt verbannen lassen. Deshalb fordert er: "Wir brauchen ein Szenario dazu."

© SZ vom 13.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: