Bürgerentscheid:Angst vor Erdbeben

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Betretene Miene: Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl gibt im Rathaus das Ergebnis des Geothermie-Bürgerentscheids bekannt. (Foto: Günther Reger)

Gegen das Geothermie-Projekt stimmen in Puchheim mehr als 73 Prozent der Wähler. Die Bürgerinitiative spricht von "sensationellem Erfolg". Der Bürgermeister bekennt: "Wir konnten die Sorgen nicht ausräumen."

Von Peter Bierl, Puchheim

Mit großer Mehrheit haben die Wähler in Puchheim am Sonntag das Geothermie-Projekt abgelehnt. Mehr als 73 Prozent votierten bei der Stichfrage mit Nein. Vertreter der Bürgerinitiative "Stopp Geothermie" sprachen von einem sensationellen Ergebnis, das ihre Erwartungen übertroffen habe. "Ich freue mich riesig", sagte Michael Peukert. "Wir konnten die Sorgen nicht ausräumen", bekannte Bürgermeister Norbert Seidl (SPD).

Seidl hatte bereits kurz nach Schließung der Wahllokale einen Sieg der Gegner in Höhe von 70 Prozent vorhergesagt. Nach dem vorläufigen Endergebnis bekam das Ratsbegehren pro Geothermie, das von CSU, Grünen, SPD und UBP getragen worden war, nur 27,82 Prozent der Stimmen, das Bürgerbegehren errang mit 75,26 Prozent eine Dreiviertelmehrheit. In der Stichfrage sprachen sich 26,65 Prozent für das Geothermie-Projekt aus und 73,35 Prozent dagegen. Die Wahlbeteiligung lag mit rund 7000 Stimmen bei über 44 Prozent, damit ist das Quorum erfüllt. Die Hochburg der Geothermie-Gegner lag aufgrund der Nähe zur Bohrstelle erwartungsgemäß im Süden der Stadt, wo sich über 80 Prozent gegen die Förderung von heißem Wasser aus der Tiefe aussprachen. Aber auch in den anderen Wahlbezirken war die große Parteienkoalition chancenlos, dort pendelten die Zahlen um das vom Bürgermeister prognostizierte Ergebnis. Sein Stellvertreter Rainer Zöller (CSU) fiel dagegen aus den Wolken. Er hatte einen knappen Ausgang erwartet: "Ich bin enttäuscht."

Für Seidl ist das Projekt gestorben, der Claim zur Bohrung verfällt Ende Juni 2019. Allenfalls wenn eine andere Kommune im Landkreis mit Geothermie erfolgreich wäre, könnte er sich in einigen Jahren einen zweiten Anlauf vorstellen. Auch Manfred Sengl (Grüne), der Vorsitzende des Umweltbeirates, betonte, dass für ihn der Bürgerentscheid länger gilt als das vorgeschriebene eine Jahr, sondern politisch-moralisch mindestens fünf Jahre. Sengl warf den Gegnern vor, mit der Angst vor Erdbeben gearbeitet und eine "teilweise aggressive Kampagne" geführt zu haben. Es sei den Verfechtern des Ratsbegehrens nicht gelungen, "Vertrauen zu vermitteln".

Peukert erklärte, die Bürgerinitiative habe durch "sachliche und faire Aufklärungsarbeit dazu beigetragen, dass die Vernunft siegt". Monatelang hätten sie mit Sachargumenten gearbeitet und mit allen gesprochen, die wollten, sagte Michael Pausch. Er kritisierte die große Informationsveranstaltung der Stadt, bei der nur Befürworter des Projekts auf dem Podium saßen und die Bürger nur schriftlich Fragen einreichen durften. Beide verwiesen darauf, dass die Initiative ehrenamtlich arbeite und alle Ausgaben mit Spenden bestreitet, während die Stadt für ihre Kampagne sogar einen professionellen Kommunikationsexperten angeheuert hatte. Auf die Forderung des Bürgermeisters, künftig aktiv an der Energiewende mitzuarbeiten, reagierten die BI-Sprecher positiv. Peukert ist für eine Hackschnitzelanlage, die er bereits vorgeschlagen hat, Pausch plädierte für eine Sanierung des Fernwärmenetzes und der Häuser in der Planie.

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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