Bildung:Neue Sorgen, alte Sorgen

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Zum Schuljahresbeginn wird alles unternommen, um Präsenzunterricht zu gewährleisten. Dazu zählen Masken, Schnelltests und Lolli-Tests. Nur manches Problem ist auch über die Corona-Zeit hinaus geblieben: das des Lehrermangels zum Beispiel

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Das neue Schuljahr beginnt, und es ist immer noch Corona. Doch im Unterschied zu den vergangenen anderthalb Jahren soll nun auf jeden Fall Präsenzunterricht gelten - mit den bislang bewährten Anti-Corona-Maßnahmen Abstand halten, Masken tragen auch am Sitzplatz (OP-Masken oder im Grundschulalter auch Stoffmasken)

- und weiterhin testen. Viele Eltern, aber auch viele Schulleiter sind erleichtert darüber, dass für die Schülerinnen und Schüler vom kommenden Dienstag an wieder Anwesenheitspflicht in der Schule gilt. Eine "sehr weise Entscheidung" nennt es Thomas Frey, Leiter des für die Grund- und Mittelschulen zuständigen Schulamts in Fürstenfeldbruck, "die Präsenz über alles andere zu stellen". Es sei am wichtigsten, dass wieder "annähernd Normalität" herrsche. Auch Walter Zellmeier, Leiter des Viscardi-Gymnasiums in Fürstenfeldbruck, begrüßt "bei aller digitalen Euphorie den Präsenzunterricht" und trifft damit auf Zustimmung bei seinen Kollegen. Der Unterricht in der Klassengemeinschaft und vor allem die sozialen Kontakte an der Schule seien nicht zu ersetzen. Es habe in der Corona-Krise viele Kinder gegeben, "die den Halt verloren haben".

Damit sich die Kinder wieder an ihren Schulen aufhalten können, müssen sich jene, die noch nicht geimpft und nicht genesen sind, nunmehr dreimal pro Woche testen lassen. Das ist organisatorisch aufwendig. Man müsse die Testungen für die Lehrkräfte der ersten Schulstunde am Morgen vorbereiten, "damit dann möglichst wenig Unterrichtszeit damit verloren geht", erklärt Zellmeier. Außerdem müssten die Tests bestellt und abgerechnet werden - viel Zusatzaufwand für die einzelnen Schulen. Auch die Erstklässler, die am kommenden Dienstag ihren ersten Schultag haben, müssen sich testen lassen. Vom 20. September an wird das dann an den Grund- und an den Förderschulen mit Hilfe sogenannter Lolli-Tests geschehen. Die Kinder lutschen dazu an einem Abstrichtupfer wie an einem Lolli. Die Abstrichtupfer einer Klasse kommen dann gemeinsam für eine Sammelprobe in einen Behälter, die Auswertung erfolgt über einen PCR-Test. Ist der Pool positiv, wurde mindestens ein Kind positiv getestet. Anhand der Einzelproben kann das Labor feststellen, wer betroffen ist.

Pünktlich vor dem neuen Schuljahr überreicht Olchings Bürgermeister Andreas Magg den Schlüssel für die neue Grundschule in Graßlfing an Schulleiterin Cathrin Theis. Pandemiebedingt wurde auf eine Einweihungsfeier verzichtet, die wenigen geladenen Gäste durften nur nach der 3-G-Regel ins Schulhaus. (Foto: Günther Reger)

Die Erstklässler dürfen zum ersten Schultag begleitet werden. Allerdings würde die Einhaltung der 3-G-Regeln geprüft, "damit die Einschulung nicht zu einem Spreader-Event wird", sagt Schulamtsleiter Frey. Auch für die Fünftklässler gibt es nach dem Übertritt einen Neuanfang. Am Viscardi-Gymnasium beispielsweise werden sie am Dienstag klassenweise nacheinander begrüßt und mit der neuen Umgebung vertraut gemacht.

Ob im anstehenden Schuljahr wieder mehr Klassengemeinschaft gepflegt werden kann, wird sich zeigen. Klassenfahrten würden möglicherweise kurzfristig organisiert werden, sagt Zellmeier. Im Rahmen des Erasmusprogramms stünde etwa für einige Schüler eine Reise nach Nordmazedonien an, das aber sei nicht möglich, weil das Land derzeit Hochrisikogebiet ist. An der Realschule Puchheim wollten die Fünftklässler im Oktober ins Schullandheim fahren, und bereits im Juni hatte man "bei einer Zehner-Inzidenz" Studienfahrten für die zehnten Klassen für die zweite Schulwoche geplant. Schulleiter Herbert Glauz ist persönlich der Meinung: "Lasst es uns probieren!" Aber eine Entscheidung darüber will er nicht allein, sondern nur gemeinsam mit der ganzen Schulfamilie treffen.

Dass in der zurückliegenden Zeit des Fern- und Wechselunterrichts der Lehrplan nicht abgearbeitet wurde, diesen Eindruck hatte man Glauz zufolge an seiner Realschule nicht. Allerdings hätten einige Schüler beim Digitalunterricht die Motivation verloren, hat er beobachtet. Die Schulen wollen darauf achten, dass im neuen Schuljahr Lernlücken aufgeholt werden können. In den Kernfächern und vor allem in den abiturnahen Jahrgängen wird es am Viscardi-Gymnasium Förderkurse geben, an der Realschule Puchheim will man viele Klassen teilen, um mit kleineren Einheiten arbeiten zu können. "Das ist eine bessere Förderung als ein Nachmittagsangebot", findet Glauz.

Schulamtsleiter Thomas Frey. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ein Problem allerdings bleibt, das auch das Schulamt Fürstenfeldbruck umtreibt: der Mangel an Lehrkräften. Der wird immer eklatanter. Und so sei sogenannter "besonderer Unterricht" wie etwa Arbeitsgemeinschaften im Sport oder die Schulband oft "nur in sehr dünnem Rahmen möglich", weiß Frey. Die mobile Reserve an Lehrkräften, die er vorhalten müsse, sei in hohem Maße von Beginn an zur Kompensation von Ausfällen vorgesehen. Corona verschärfte das Personalproblem, das durch Schwangerschaften an den Schulen entsteht: Schwangere dürfen nicht mehr vor der Klasse stehen. Ausgeglichen werden soll das mit sogenannten Teamlehrkräften, die den Unterricht halten, der von der Stammlehrkraft vorbereitet wird. Doch diese Lehrkräfte müssen auch rekrutiert werden. Ein Hochschulabschluss ist dabei Voraussetzung. Pädagogik muss es nicht sein. "Vom Politikwissenschaftler bis zum Informatiker" sei schon alles dabei gewesen, erinnert sich Frey.

Auch die Frage, ob die Schulen mit Luftfiltern ausgestattet werden sollen, ist vielerorts noch unbeantwortet. Manche Kommunen haben sich für die Anschaffung entschieden, über die 18 weiterführenden Schulen, für die der Landkreis zuständig ist, soll der Kreistag am 30. September befinden. Vor drei Wochen hatte der Ferienausschuss eine Entscheidung vertagt, weil die Verwaltung nicht einmal die Frage beantworten konnte, welche Schulen bereits über fest verbaute Lüftungsanlagen verfügen. Das Viscardi-Gymnasium etwa hat in einigen sanierten Räumen wie dem naturwissenschaftlichen Bereich oder dem Kunsttrakt bereits raumlufttechnische Anlagen installiert, berichtet Schulleiter Zellmeier. Herbert Glauz sagt: "Wir haben keinen einzigen Raumluftfilter." Im neu angeschlossenen Bauteil der Realschule Puchheim aber gebe es eine Außenbelüftung. Auch das Kultusministerium interessiert sich für den Ausstattungsgrad und hat mittlerweile eine Abfrage bei den einzelnen Schulen gestartet.

© SZ vom 11.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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