Berufsschule:Lernen auf der Baustelle

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Die Berufsschule Fürstenfeldbruck wird seit einem Jahr neu errichtet - an ihrem bisherigen Standort und bei laufendem Unterrichtsbetrieb. Das bedeutet Einschränkungen für alle Beteiligten, die Arbeiten aber kommen zügig voran

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Hämmern. Klopfen. Rattern. Die Hans-Sachs-Straße in Fürstenfeldbruck ist eine einzige Baustelle. An der Ecke zur Bahnhofstraße klafft ein riesiges Loch, dort entsteht eine neue Wohnanlage. Ein kleines Stück weiter ein noch größeres Vorhaben: Dort wird gerade die Berufsschule abgerissen und neu errichtet - während der Unterricht weitergeht.

"Es ist ein angenehmes Hämmern", sagt Harald Hinterwimmer. Nach einer Klage über zu viele Nebengeräusche hört sich das nicht an. Die Bäume ringsum hemmten den Schall deutlich, konkretisiert der stellvertretende Leiter der Berufsschule: "Die Bewegungen auf der Baustelle kriegt man gar nicht so mit." Tatsächlich ist die Großbaustelle auch im Vorbeigehen sowohl akustisch als auch optisch nicht unbedingt als solche wahrzunehmen, weil sie hinter dem Baumbestand und den noch stehenden Altgebäuden der Berufsschule zumindest teilweise verschwindet und weniger auffällig ist als eine Baustelle auf der grünen Wiese.

Rohre auf der Baustelle der Berufsschule Fürstenfeldbruck. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Dabei sind die 2100 Berufsschüler, von denen täglich etwa 650 gleichzeitig anwesend sind, und ihre 105 Lehrer ganz nah dran am Geschehen. Die drei würfelförmigen neuen Gebäudeteile entstehen während des laufenden Schulbetriebs, an manchen Stellen reicht der Rohbau ganz nah an die derzeit noch genutzten Teile des Altbaus heran. Für die ersten beiden neuen Gebäude fand am Dienstag das Richtfest statt - ein Jahr, nachdem die Bauarbeiten mit dem Abriss eines Gebäudeteils an der Hans-Sachs-Straße begonnen hatten. "Es war schon eine nostalgische Stimmung", vor allem auch für jene Kollegen, die dort schon 30 Jahre lang unterrichtet haben, erinnert sich Schulleiterin Andrea Reuß an den Moment, als das erste Gebäude, im dem sich auch ihr Büro befand, von den Baggern in Schutt gelegt wurde. Doch jetzt überwiege die Freude, die neuen Gebäude wachsen zu sehen.

Rektorin Andrea Reuß und ihr Stellvertreter Harald Hinterwimmer studieren die Pläne für die größte Baustelle im Landkreis. (Foto: Günther Reger)

Die aus den Fünfzigerjahren stammende Berufsschule galt als Sanierungsfall, zudem machten neue pädagogische Konzepte ein neues Raumprogramm nötig, das eine bessere Verzahnung von Theorie und Praxis vorsieht. Vor vier Jahren entschied sich der Kreistag für einen Neubau am bisherigen Standort. Es ist das größte Bauvorhaben, das der Landkreis als Bauherr je unternommen hat. 44 Millionen Euro kosten Abriss und Neuaufbau und damit acht Millionen mehr als vor mehr als zehn Jahren das neue Schulzentrum am Tulpenfeld, in dem Graf-Rasso-Gymnasium sowie Fach- und Berufsoberschule ihre Heimat fanden. Im Herbst 2018 sollen die ersten beiden neuen Berufsschulgebäude in Betrieb gehen, dann beginnt die Baustelle von Neuem: Dann werden die noch stehenden Altgebäude abgerissen und der dritte Gebäudeteil kann entstehen. Zum Schuljahr 2020/21 soll die neue Schule einschließlich der Außenanlagen fertig sein.

Im Werden: Bislang geht es zügig und wie geplant voran. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Bislang liege man "gut im Zeitplan", sagt Martin Wellnhofer, Projektleiter des Brucker Büros Balda Architekten. Beim Abriss gab es eine kleine Verzögerung, bei den Rohbauarbeiten wurde die Zeit wieder reingeholt. Die drei Stockwerke umfassenden Stahlbetongerippe sind von der Hans-Sachs-Straße und vom Stockmeierweg aus zu sehen, bis Jahresende "wollen wir die Gebäudehülle dicht bekommen", sagt Wellnhofer. Bei einem Rundgang führen die Architekten durch den Rohbau. Auch eine eigene Versuchswand ließen die Fachleute errichten, um vorab zu testen, wie die Materialien wirken, wenn sie verbaut sind: die Klinkeroberfläche, die Breite der Verfugungen, die Farbtöne der Fenster. "Je nach Sonnenstand changiert beispielsweise der Farbton", erläutert Axel Schuhn, Leiter des Hochbaureferats im Landratsamt. Die Werkstätten im Erdgeschoss, in denen später die Auszubildenden der Metallberufe praktischen Unterricht erhalten, gleichen derzeit noch vier Meter hohen Betonhallen. Weiter geht es zu einem der Innenhöfe, die jeder der drei Gebäudewürfel erhalten wird. Neu für die Schule ist, dass sie künftig eine große Aula haben wird. Die noch nicht ganz ausgehärteten Betondecken dort werden derzeit von dicken Baumstämmen abgestützt, was ein wenig gewöhnungsbedürftig aussieht. Hätte man stattdessen Stahlbetonstützen verwendet, hätte man wesentlich mehr davon gebraucht, sagt Schuhn. Er wirkt begeistert von dem, was auf dem Areal entsteht: "Alles ist sehr lichtdurchflutet. Das ist eine gute Atmosphäre zum Lernen." Und auch das Umfeld werde richtig schön werden - mit einem großen Park im Außenbereich.

Die Architekten Peter Kühl und Martin Wellnhofer sehen sich auf der Baustelle um. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Über der Aula im ersten Stock wird die Verwaltung der Schule einziehen. Dort wird auch Andrea Reuß ihr neues Büro erhalten, das derzeit im Erdgeschoss des dreistöckigen Containers untergebracht ist, der zwischen Realschulhalle und Wittelsbacher Halle steht. Eine Zimmerpflanze und ein kleiner Bonsai machen die Übergangslösung ein wenig wohnlicher. In dem Container befinden sich auch 18 Klassenzimmer. Reuß möchte den Container gerne behalten, um die Berufsintegrationsklassen für Flüchtlinge unterzubringen. Als die neue Berufsschule geplant wurde, "da gab es die Flüchtlingsbeschulung noch nicht", sagt sie. Zudem würde sie gerne jene vier Flüchtlingsklassen aus den beiden Außenstellen in Olching und Germering zurückholen, denn "wir verbringen dadurch zu viel Zeit auf der Straße". Lange Wege verursacht auch die Baustelle. Es seien vor allem die technischen und infrastrukturellen Einschränkungen, die Improvisation notwendig machten, betont Harald Hinterwimmer. So war die Schule zu Beginn der Bauarbeiten Anfang des vergangenen Schuljahres drei Wochen lang von der Kommunikation mit der Außenwelt abgeschnitten gewesen, weil ein Kabel durchtrennt worden war. Von Landratsamt und Architekten aber fühlt sich die Schule "gut betreut", wie Reuß betont. Sie hatte sich das Schulleben auf der Baustelle "schlimmer vorgestellt, als es ist".

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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