Das historische Bild der Bäuerin:Hüterin von Heim und Herd

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Mit einer Führung durch den alten Jexhof veranschaulicht die Museumspädagogin Theresa Roß (rechts) die Rolle der Bäuerin in früheren Zeiten. (Foto: Jana Islinger)

Welch traditionelle Rollenteilung auf einem Bauernhof in früheren Zeiten herrschte, erfährt man bei einer Führung durch den Jexhof.

Von Manfred Amann, Schöngeising

Vor mehr als 100 Jahren war Bayern noch ein Agrarland. Auf den Höfen hatten die Männer das Sagen und die Arbeitsteilung war klar geregelt. Das bürgerliche Recht (BGB von 1900) legte fest, dass die Ehefrau "berechtigt und verpflichtet" ist, das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten. Eine Berufstätigkeit bedurfte der Einwilligung des Ehemannes. Verheiratete Frauen wurden daher gar nicht erst eingestellt.

Wie die Arbeitswelt insbesondere der Frauen um 1900 aussah und welche Rolle sie einer Hofgemeinschaft spielten, lässt sich auf dem Bauernhofmuseum Jexhof, auf dem das Wohngebäude samt Stallungen von damals noch erhalten sind, gut erklären. Führungen unter dem Titel "WeibsBilder - Klischee und Wirklichkeit der Frauenrolle auf dem Bauernhof" werden daher gerne angenommen.

Ein Herrgottswinkel fehlt in keiner Bauernstube. (Foto: Jana Islinger)

"Mich interessiert, wie sich das Leben der Frauen verändert hat, Kenntnisse über die damaligen Verhältnisse sind dafür Voraussetzung", sagt Luciana Rest, die aus München angereist ist, um wie ein weiteres Dutzend Besucher von Museumspädagogin Theresa Roß zu erfahren, welche Aufgaben die Bäuerinnen damals hatten und welche Stellung sie im Verhältnis zu Knechten und Mägden inne hatten. "Die Männer, der Bauer und die Knechte waren hauptsächlich für die Wald- und Feldarbeit von der Ackerbestellung bis einschließlich Ernte zuständig und damit auch für Pferde und Ochsen, die als Zugpferde besonders gepflegt werden mussten", erklärt die Museumpädagogin. Frauen mussten sich um den Haushalt kümmern und die Mägde hatten ihr zuzuarbeiten. Schwerpunkt dabei war, jeden Tag für alle ein möglichst nahr- und schmackhaftes Essen auf den Tisch zu bringen.

Das Zubereiten einer nahrhaften Mahlzeit sei die zentrale Aufgabe der Bäuerin gewesen, wie die Besuchergruppe in der Küche des Jexhofes erfährt. (Foto: Jana Islinger)

Die Sorge um das Kleingetier wie Schafe, Ziegen, Hühner oder Enten und Gänse fielen in ihre Zuständigkeit. Ebenso mussten sie sich um das Obst kümmern und im Garten ausreichend Gemüse heranwachsen lassen, zur Direktversorgung, aber vor allem zum Einmachen beziehungsweise zum Haltbarmachen von Vorräten, um gut über den Winter zu kommen. Kraut einsalzen, das meistens von Kindern barfüßig in Steinfässern eingestampft wurde, war besonders wichtig. Ein kleiner, aber dennoch wichtiger Erwerbszweig war neben dem Verkauf von Getreide und Milch die Herstellung von Butter. "Damit konnte sich die Bäuerin auch Mal etwas anschaffen, was sie für ihren Haushalt brauchte oder selbst nicht hergestellt werden konnte. Butter-Zentrifugen, Küchengeräte, Weidlinge zur Aufbewahrung von Nahrungsmitteln und vieles mehr ist im alten Wohnhaus auf dem Jexhof ausgestellt.

In der Küche, dem einzigen geheizten Raum, saßen alle zusammensaßen. (Foto: Jana Islinger)

Zu der Frage, ob die Bäuerin allgemein oder zum Beispiel bei Anschaffungen freie Hand hatte oder den Bauern erst fragen musste, führt Theresa Roß aus, dass sie in ihrem Aufgabengebiet eine gewisse Eigenständigkeit hatte, bei größeren Dingen aber meist gemeinschaftlich entschieden worden sei. "Der Jexhofbauer gehörte nicht zu den Armen, aber natürlich musste aufs Geld geschaut werden", weiß die Museumspädagogin aus Hattenhofen. Einen Besucher interessierte, ob die Bäuerin und die Mägde damals mitbekamen, dass sich infolge der um sich greifenden Industrialisierung andere Arbeitsmöglichkeiten für Frauen auftaten. "Die haben von den Veränderungen kaum etwas mitbekommen, so abgeschieden von den Dörfern wie der Hof liegt, es gab weder Zeitung noch andere Medien und selten kam jemand auf den Hof", glaubt Theresa Roß.

Mit seinem Budget auskommen soll laut Einsparplänen des Landkreises das Bauernhofmuseum Jexhof. (Foto: Jana Islinger)

Und zu Festen in der Umgebung seien die Frauen auch kaum gekommen. Lediglich der Gottesdienst sei wichtig gewesen, "denn die Menschen waren sehr gläubig", was auch die vielen Heiligenbilder bezeugen, die in der Wohnstube und in den Schlafkammern hängen. Zudem glaubten die Menschen an das überlieferte Brauchtum. Das Ausräuchern und das Aufstellen von Wetterkerzen gehörte zum Arbeitsbereich der Bäuerin. Im Haus herrschte laut Frau Rest eine klare Ordnung. Während in der Küche, dem einzigen geheizten Raum, alle zusammensaßen, gab es über der warmen Küche die Schlafkammer für das Bauernehepaar und die Knechte schliefen über dem Stall, der auch etwas Wärme nach oben abgab. "Nur die Mägde hatten es im Winter eisigkalt, denn ihr Zimmer lag über dem zugig kalten Flur." Während die Männer im Winter Holz machten, verrichteten die Frauen "Reparaturarbeiten" wie Flicken von Gewändern oder Stopfen von Strümpfen, zudem wurde gestrickt und genäht, um für das nächste Arbeitsjahr bestens gerüstet zu sein.

Über dem warmen Stall schliefen die Knechte. (Foto: Jana Islinger)
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