Kultur:An der Schwelle zwischen zwei Welten

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Unter der Leitung von Gerd Guglhör (vorne) führen Bach-Chor und Bach-Orchester Fürstenfeldbruck die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach auf. (Foto: Johannes Simon)

Bach-Chor und Bach-Orchester Fürstenfeldbruck gelingt unter Gerd Guglhör eine wunderbare Aufführung der "Matthäus-Passion".

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Es ist (fast) die biblischen zwölf Jahre her, dass Johann Sebastian Bachs "Matthäus-Passion" zuletzt in Fürstenfeldbruck erklungen ist. Es war der Karfreitag 2013, als Bach-Chor und Bach-Orchester Fürstenfeldbruck unter der Leitung von Gerd Guglhör das Werk zuletzt im Stadtsaal aufgeführt haben. Dass das Konzert mit diesem Werk dieses Jahres mit den beiden Ensembles schon im Vorfeld ausverkauft war, ist eine positive Botschaft, die sicher verschiedene Ursachen hat. Neben der großen Zahl an Mitwirkenden dürfte auch die theatralische Anlage des Werks, das die Dramatik kraftvoll inszeniert, ein wichtiger Grund sein.

Die Matthäus-Passion lebt von Superlativen: Drei Chöre einschließlich eines Kinderchores, zwei Orchester sowie eine Reihe anspruchsvoller Solistenpartien erfordern eine hohe Expertise bei allen Beteiligten. Die Bühne war mit fast einhundert Sängern des Bach-Chores und etwa 35 des Kinder- und Jugendchores DoReMi aus Kaufering (Einstudierung: Silvia Elvers) sowie den beiden Orchestern mehr als gut besetzt. Als Solisten waren Steffen Kruse (Tenor, Evangelist), Niklas Mallmann (Bass, Jesus), Roswitha Schmelzl (Sopran), Katharina Guglhör (Alt), Christian Zenker (Tenor) sowie Jakob Kreß (Bass-Arien, Pilatus) zu hören. Neben den Streichern tragen dabei insbesondere historische Blasinstrumente den Gesamtklang. Die harmonische Verschmelzung des oft sehr zarten Klangs der verschiedenen Instrumente führte zu einem sicheren Fundament für das Geschehen.

Wenn der Eingangschor "Helft, ihr Töchter, helft mir klagen" anhebt, dann ist dieses Klagen nicht mit dissonanten Klängen umgesetzt, sondern breitet vom Orchester bis zu den Chorstimmen einen weichen Klangteppich im organisch schwingenden Metrum aus. Die Idee, dass die christliche Zuversicht auf ewiges Leben stärker ist als der Tod, steht im Mittelpunkt des musikalischen Ausdrucks. Gerd Guglhör interpretierte diese Basis für das ganze Werk mit zügigen Tempi, ließ aber immer ausreichend Raum für das Atmen und das intensive Hören. Dadurch ließ auch die Spannung in der ganzen Aufführung nicht nach, weder bei den Musikern auf der Bühne, noch beim Publikum.

Bei Dynamik und Ausdruck orientiert sich Dirigent Guglhör am Gehalt der Worte. (Foto: Johannes Simon)

Die Nähe zur konzertanten Oper öffnet Bach immer wieder durch die Verschränkung von Solistenpartien und Choreinwürfen. Dass alle diese Stellen so punktgenau getroffen waren, erhöhte die Präsenz aller Beteiligten. Wunderbares Beispiel war die Aria für Sopran und Alt "So ist mein Jesus nun gefangen", die in geschmeidigem Legato bei den beiden Sängerinnen in dialogischer Korrespondenz zu den prägnanten Choreinwürfen "Lasst ihn, haltet, bindet nicht!" stand. Die Choräle, von der Tradition her Ruhe- und Reflexionspunkte für das Geschehen, formte Guglhör sehr individuell: Verbindende Elemente waren die stringente Linienführung der Stimmen und eine deutliche, aber nie übertriebene Deklamation des Textes. Im Hinblick auf Dynamik und Ausdruck orientierte sich der Dirigent am Gehalt der Worte und erreichte dadurch eine besondere Aufmerksamkeit.

Mit Steffen Kruse war ein Evangelist zu hören, der sich nicht in den Vordergrund drängte, sondern als Diener der Erzählung auftrat. Der profund leuchtende Bass von Niklas Mallmann positionierte Jesus als starken Charakter mit inniger Seele. Nicht ganz auf gleicher Ebene agierten Christian Zenker in den Tenor-Arien und Jakob Kreß in den Bass-Arien. Von großer Zuversicht war die Alt-Arie "Erbarme dich" getragen, die Katharina Guglhör mit beseeltem Ton veredelte. Die Sopran-Arie "Aus Liebe" hatte aus der Korrespondenz mit zwei Oboen da Caccia eine ganz besondere Klanglichkeit, die einen dichten Spannungsbogen in der Linienführung erforderte.

Bei aller Vielfalt der musikalischen Impulse in der Matthäus-Passion blieben den meisten Zuhörern am Ende sicher die großen Chor- und Orchesternummern als besonders einprägsame Erlebnisse in Erinnerung. Das galt höchst beeindruckend für die beiden den ersten Teil umschließenden Chöre, in denen der Cantus firmus des Kinderchores gut hörbar den Klang überstrahlte. Mit den differenzierten Möglichkeiten der Doppelchörigkeit gelangen viele weitere wunderbare Momente, die von hoher musikalischer Überzeugungskraft waren. Der lang anhaltende Beifall zum Schluss beantwortete das Konzert sozusagen von Seiten der Zuhörer.

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