Ausstellung:Wie ein Kunstwerk entsteht

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Die "Lebende Werkstatt" lockt noch einmal viele Neugierige ins Olchinger Kulturzentrum

Von Katharina Knaut, Olching

Reihen von Bildern an den Wänden, farblich und stilistisch aufeinander abgestimmt, dazwischen einige perfekt ausgeleuchtete Skulpturen. Hat man dieses Bild einer Ausstellung im Kopf, ist man bei der Veranstaltung des Arbeitskreises Lebende Werkstatt, die am Wochenende im Olchinger Kom stattfand, umso überraschter: Betritt man den geräumigen Raum im Erdgeschoss, empfängt einen nicht die kühle Perfektion, die Ausstellungen sonst eigen ist. Stattdessen sieht der Besucher Stände in im wahrsten Sinne künstlerischer Unordnung: Tische mit fleckigen Decken, ein Durcheinander an farbigen Pinseln, herumliegende Späne. Dazwischen unfertige Skulpturen, halb gemalte Bilder, Kunstwerke in Einzelteilen. Ein bisschen wie das Miniaturformat einer Künstlerwerkstatt.

Genau darum gehe es auch, erklärt Organisatorin Lydia Kafka. "Die Veranstaltung soll den Besuchern zeigen, wie Kunst entsteht." Seit 15 Jahren richtet der Arbeitskreis die Ausstellung der besonderen Art an einem Wochenende im November aus. Nächstes Jahr wird es sie jedoch nicht mehr geben: Sie fand zum letzten Mal statt. Die Idee, die im Förderverein Kultur entstand und aus dem sich schließlich auch der Arbeitskreis herausbildete, war vor 15 Jahren noch neu, erklärt Kafka. "Mittlerweile gibt es das oft." Es sei auch immer schwieriger, Künstler zu finden, erklärt sie. Neben den sechs Mitgliedern der Lebenden Werkstatt lud sie zwecks der Diversität auch immer andere Künstler ein, ihr Handwerk im Kom zu zeigen. Bei dieser letzten Veranstaltung bleiben sie aber unter sich. Die Vielfalt ist dennoch beeindruckend: An einem Stand leuchten die Farben von Acrylbildern, auf der anderen Seite des Saals blitzen die Messerklingen.

Lydia Kafka verwendet Filz für ihre Kreationen. (Foto: Günther Reger)

Ein besonderer Blickfang ist auch der Tisch von Robert Hilgart. Ordentlich sortiert finden sich hier Hölzer in allen nur erdenklichen Größen und Formen: Von kleinen Anhänger die sich auf aberwitzige Weise verdrehen, bis hin zu großflächigen, massiven Stücken mit eleganter Maserung. Ein solches bearbeitet Hilgart soeben. Mit einer Stahldrahtbürste säubert er die tiefen Kerben, davor liegen Späne der abgeschabten Rinde. Eine Ausnahme, wie er erklärt. Oft belässt er die Stücke so, wie er sie an den Stränden findet. Ein halbes Jahr lebt er mit Kafka, seiner Frau, in Griechenland. In dieser Zeit geht er mit zwei großen Säcken am Meer entlang und sammelt das Material. Manches macht er zu Anhängern oder Figuren, anderes verarbeitet er zusammen mit seiner Frau zu Schmuck. Allerdings ohne große Bearbeitung. "Was soll ich daran noch verändern?" meint er und nimmt ein elegant geschwungenes Holz in die Hand. "Die Natur hat es bereits perfekt gemacht."

Anders geht Hans Peter einen Tisch weiter vor. Er formt mit seinen Händen gerade ein Stück Ton zur Gestalt eines Büffels. Neben ihm wimmelt es bereits von allen möglichen Tieren, von weiteren, bereits fertigen Büffeln, bis hin zu Löwen und farbigen Elefanten. Peter arbeitet mit der Raku-Technik, einem 400 Jahre alten japanischen Brennverfahren. Die Herstellung einer Figur dauert mehrere Wochen, erklärt er. Die Rohlinge müssen immer wieder bearbeitet und getrocknet werden, bevor sie bei rund 1000 Grad in einen seiner sieben Öfen kommen.

Einblick im Olchinger Kulturzentrum in lebendige Werkstätten: Hans Peter arbeitet mit Ton. (Foto: Günther Reger)

Die Besucher sind fasziniert. Ein beliebter Anlaufpunkt ist auch der Stand von Kafka. Vor ihr türmt sich Filz in jeder erdenklichen Ausführung: Perlenbesetzte Kugeln, farbenfrohe Anhänger sowie leuchtende Blumen. Besonderes Interesse finden auch die Kleidungsstücke. "Oh ist der toll!" ruft eine Frau, als sie einen schwarzen Filzhut vor dem Spiegel anprobiert. Sofort lässt sie ihn für sich zurücklegen. "Er ist so ungewöhnlich", erklärt sie ihrer Freundin. "Richtig schön!"

© SZ vom 27.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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