Ausstellung:Sautrogrennen mit i-Tüpfelchen

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Die Fotogruppe Maisach zeigt sehenswerte Langzeitbelichtungen, Schwarz-Weiß-Aufnahmen sowie Montagen. Von einem Motiv gibt es zwei Varianten- in einer wird der Lichtbildner selbst zum Blickfang

Von Stefan Salger, Maisach

Dieses Bild gibt Rätsel auf. Wer aber selbst schon einmal nachts die Kamera aufs Stativ gestellt hat und eine lange Belichtungszeit nebst kleiner Blende für eine Aufnahme von Landschaft und Mond eingestellt hat, dem fällt eines auf: Der Fußgänger, dessen Schattenriss sich da so malerisch vor dem fahlen Mond abzeichnet, müsste eigentlich eine Bewegungsunschärfe aufweisen. Dass der "Mann im Mond" von Wolfgang Zwanzger eine Montage ist, hat auch Sebastian Schnurrer erkannt. "Der Mond geht nämlich nicht im Norden auf", sagt er, der über die entsprechende Ortskenntnis verfügt, und schmunzelt. Das ändert freilich nichts an der Bildwirkung. Und Nachbearbeitungen mit Photoshop sind bei der Ausstellung der Maisacher Fotogruppe im Gemeindezentrum an der Schulstraße ausdrücklich erlaubt. Niemand muss sich auf die "klassischen" Techniken wie das Mitziehen der Kamera oder den Einsatz von Blitzgeräten zur Schattenaufhellung beschränken.

Sebastian Schnurrer, Roland Urban und Sonja Peterke (von links) neben der Säule mit den Bildausschnitten. (Foto: Günther Reger)

Ein Rundgang offenbart die ganze Bandbreite, die vom Schnappschuss bis zur sorgsam geplanten Aufnahme reicht. Zwanzger und Sylvia Dobler sind die einzigen Fotografen, die mit ihrem Hobby Geld verdienen, also professionell arbeiten. Entsprechend perfekt ist Doblers Schwarz-Weiß-Aufnahme mit dem Titel "Schwebend", die ein unter Wasser getauchtes Paar zeigt und trotz der Schärfe die Dynamik der Bewegung wunderbar einfängt.

14 Fotografen, die am Rande der 1200-Jahr-Feier der Gemeinde vor elf Jahren zueinandergefunden haben, stellen zum zehnten Mal gemeinsam aus. Diesjähriges Motto: "(Er)lebenswertes Maisach". Im Mittelpunkt steht zunächst die "Rätselsäule": Ausschnittsvergrößerungen gilt es dort zu erraten - Besucher sollen sich nicht aufs Betrachten der Kunstwerke beschränken, sondern selbst zu Akteuren werden. Kleine Fotos unter einer Abdeckung lösen die Rätsel auf.

"Schwebend" von Sylvia Dobler. (Foto: Günther Reger)

Sonja Peterke, 66, führt Besucher gerne durch die Ausstellung und erläutert ihre Bilder. Originell etwa die Aufnahme, die einen kleinen Jungen zeigt, der beim Faschingsumzug in Gernlinden mit umgehängter Trommel eine Gruppe anführt - und der den Weg kaum noch sieht, weil ihm der Hut so tief vor die Augen gerutscht ist. Solche Details sind das Tüpfelchen auf dem i. Sie im Bild festzuhalten und möglichst bereits zu antizipieren, fordert einen entsprechend geschärften Blick und Erfahrung. Zudem gehört auch noch ein Quäntchen Glück dazu, denn nicht immer ist die Kamera in solchen Momenten zur Hand. In die Rubrik "Originell" fällt auch eine Aufnahme vom Sautrogrennen in Germerswang. Georg Amann hat zwei Teilnehmer technisch perfekt abgelichtet. Sonja Peterke hat da quasi noch einen draufgesetzt und ihren Kollegen zum i-Tüpfelchen befördert: Auch sie hat die beiden Bootsfahrer abgelichtet, im Hintergrund aber sieht man eben jenen Kollegen aus der Fotogruppe. Beide Bilder hängen nur ein paar Meter voneinander entfernt.

Rätselhafte Details: Die Montage "Mann im Mond" von Wolfgang Zwanzger. (Foto: Günther Reger)

Sonja Peterke, die ebenso wie fast alle ihrer Kollegen in der Gemeinde Maisach wohnt, ist ein gutes Beispiel, wie Mitglieder der Fotogruppe "ticken" und wie sie zu diesem Hobby gefunden haben. Bei ihr fing vor etwa 50 Jahren alles mit einer "Ritschratschklick" an - einer einfachen Kamera ohne Einstellmöglichkeiten, in die ein Pocketfilm eingelegt wurde. Sie fotografierte bei Ausflügen in die Berge oder in der Familie. Die Ansprüche stiegen, und mit ihnen die Ausrüstung: es folgten eine Fuji Spiegelreflexkamera, dann eine digitale Nikon - und jüngst sogar eine Kamera, die auf den ersten Blick nach Verzicht und auf den zweiten Blick nach großer Kunst klingt: eine für Schwarz-Weiß-Aufnahmen optimierte Leica. Das monochrome Porträt ihrer Mutter, das sie zu Hause im Rahmen aufgestellt hat, ist eines ihrer Lieblingsbilder. Peterke ordnet sich selbst der "alten Schule" zu - digital bearbeitet wird möglichst wenig, der Blitz wird sparsam eingesetzt. Lieber wartet sie Morgen- oder Abendlicht ab. Weil es keinen Fotografen gibt, dem ein unwiederbringlicher Moment durch die lappen gegangen ist, sorgt Sonja Peterke für den Fall der Fälle vor: Sie hat fast immer eine kleine Kamera dabei. Denn das nächste i-Tüpfelchen könnte schon hinter der nächsten Ecke lauern.

Ausstellung Fotogruppe Maisach, Evangelisches Gemeindezentrum an der Schulstraße 16, Samstag, 20. Oktober, 13 bis 17 Uhr, sowie Sonntag, 21. Oktober, 11 bis 17 Uhr. Eintritt frei, der Erlös des Kuchenverkaufs fließt an die Evangelische Kirchengemeinde und an den Verein Kinder Spielen und Lernen (Kispul)

© SZ vom 16.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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