Ausstellung:Gütesiegel

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Die Stadt Puchheim zeigt einen Teil ihrer Kunstsammlung im Kulturzentrum. Unter den Exponaten aus verschiedenen Dekaden und Stilrichtungen gibt es ein besonders Umstrittenes

Von Julia Bergmann, Puchheim

Von Guido Zingerls Gemälde "Die willigen Vollstrecker" stieren dem Betrachter die feisten rotgesichtigen Fratzen einer Horde regimetreuer Nationalsozialisten entgegen. Direkt neben einem zum Hitlergruß erhobenen Arm türmt sich ein gigantischer Berg aus Schädeln auf. Vor der aufgehetzten Meute ein Meer aus KZ-Häftlingen, mehr tot als lebendig. Ein Szenario des Grauens in schwarz, weiß, grau und rot. Unter den 30 Exponaten der Ausstellung "Kunst in Puchheim - Die städtische Kunstsammlung" im Puchheimer Kulturzentrum (Puc) ist es das Lieblingsstück von Mandy Frenkel. "Als Historikerin habe ich eine Affinität zum Thema, und ich finde der Künstler bringt seine Aussage ganz klar auf den Punkt", sagt sie. Frenkel ist die Leiterin des Bereichs Kunst und Kultur im Puchheimer Rathaus und normalerweise hängt Zingerls Arbeit in ihrem Büro.

Ludwig Martins "Abstraktion in blau". (Foto: Carmen Voxbrunner)

Grundlage für die kleine Ausstellung im Puc, die an diesem Donnerstag von Bürgermeister Norbert Seidl eröffnet wird, ist das kürzlich von der Stadt herausgegebene Buch "Kunst in Puchheim" von Werner Dreher. Dreher, Kulturredakteur und zuletzt viele Jahre lang Stadtarchivar hat in jahrelanger Arbeit sämtliche Skulpturen und Plastiken, Gemälde und Grafiken sowie Kunstobjekte im öffentlichen Raum dokumentiert. Sein übersichtlich in verschiedene Schwerpunkte unterteiltes Buch liefert dazu nicht nur Wissenswertes zu den jeweiligen Kunstwerken und deren Entstehung, sondern auch umfassendes Hintergrundwissen zu den jeweiligen Künstlern. Dreher erklärt außerdem, welchen Stellenwert bildende Kunst in öffentlicher Hand hat und wie die Kunst in Puchheim Einzug hielt.

Josef Wahls Heuarbeit in Puchheim-Ort. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Ausstellung zeigt aus Platzgründen leider nur einen Bruchteil der umfangreichen städtischen Sammlung. Trotz des limitierenden Faktors des Raums, soll aber die große Bandbreite der Sammlung verdeutlicht werden. Das gelingt. Schon neben dem kritischen Zingerl tut sich der wohl größtmögliche Kontrast auf: Julius Wölfingers "Ehemaliges Zeillerhaus an der Oberen Lagerstraße". Das friedliche Pastellgemälde zeigt ein altes Siedlerhaus in Puchheim-Bahnhof im Winter. Ein idyllisches Motiv, das Wölfinger nachdem er nach Puchheim gezogen war und es in seiner Nachbarschaft entdeckte, 1965 malte. Das Idyll ist jedoch, wie Dreher schreibt, in Anbetracht der Vita des Künstlers ein kontaminiertes.

Umstritten ist Julius Wölfingers "Ehemaliges Zeillerhaus an der Oberen Lagerstraße (Foto: Carmen Voxbrunner)

Als Offizier der deutschen Wehrmacht gehörte Wölfinger im Zweiten Weltkrieg der 117. Jäger-Division an. Während der deutschen Besatzung Griechenlands wurde er zum Führer der sogenannten "Kampfgruppe Kalawrita" und zum Kommandeur des 749. Regiments ernannt. Gleich zu Beginn der ihm befohlenen Vernichtung des Ortes Kalawrita und dem Massaker an seiner Bevölkerung erlitt er einen Autounfall. Deswegen konnte er später bei einem Prozess gegen ihn wegen seiner Beteiligung am "Unternehmen Kalawrita" dem Gericht glaubhaft machen, dass er keine direkte Verantwortung für das Massaker getragen habe. Das Verfahren wurde eingestellt. Sein Gemälde in der Sammlung der Stadt Puchheim ist umstritten. Darauf weist auch Mandy Frenkel hin. "Wir stellen es ganz bewusst aus, und publizieren auch regelmäßig kritisch dazu", sagt sie.

Ursula Doerks "Kreuz und Welle". (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ein Teil der Ausstellung besteht aus großformatigen Wandtafeln mit Fotografien von Kunst im öffentlichen Raum. Darunter auch eine der ersten Kunstobjekte der Stadt im Rathaus: die "Wandinstallation Klangspiel" von Ludwig Martin. Ursprünglich war das Rathaus als reiner Zweckbau konzipiert. Platz für Kunst am Bau war nicht vorgesehen. Das änderte sich erst mit dem Umbau des Gebäudes 1981, als im neuen Sitzungssaal Martins Wandinstallation Einzug hielt. Die acht Edelstahlplatten, auf denen dynamische Linien und Kurvenverläufe die Diskussionen des Stadtrats versinnbildlichen sollen.

Von diesem Zeitpunkt an, wuchs die Zahl der Kunstobjekte im öffentlichen Raum in Puchheim kontinuierlich. Davon zeugt auch die Ausstellung, die mit den Fotografien der Skulpturen auch dazu einladen möchte, die Originale an ihren Standorten zu besuchen. Mindestens eines davon dürften die Besucher der Ausstellung zwangsläufig passieren. Albert Hiens Lichtinstallation "Hokospucos" direkt vor der Tür - ein Wortspiel in Neon. In Zukunft, sagt Frenkel, will man sich in Puchheim noch gezielter mit möglich Ankäufen, aber auch mit Ausstellungsräumen beschäftigen. "Die Kunstsammlung ist für eine Stadt auch ein Gütesiegel", findet Frenkel.

Ausstellung "Kunst in Puchheim - die städtische Kunstsammlung", 14. Februar bis 7. März auf der Galerie des Puc. Vernissage am Donnerstag, 14. Februar, 19 Uhr.

© SZ vom 14.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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