Ausstellung:Ein schöner Zug

Lesezeit: 3 min

Der Modelleisenbahnclub Fürstenfeldbruck wartet im Advent wieder mit einer wunderbaren Bescherung auf: Die 40 Quadratmeter große Anlage führen die Vereinsmitglieder an drei Sonntagen der Öffentlichkeit vor

Von Christian Hufnagel, Fürstenfeldbruck

Plötzlich verschwindet Heinz Dietmar Ebert unter der Holzplatte und taucht inmitten der Landschaft wieder auf. Er wirkt wie ein grauhaariger Riese mit einer Lokomotivführer-Mütze auf dem Kopf, der ohne viel Kraft all die kleinen Bäumchen, Häuslein, Figürchen und Fahrzeuge von einem Platz wegnehmen und woanders hin verpflanzen könnte. In seinem Rücken ragt ein Gebirge fast bis zur Decke, neben seinem Bauch steht eine historische Lokomotive der Baureihe E 69 vor einem Bahnhofsgebäude und vor seiner Brust führt eine Schmalspurbahn bis zur gläsernen Begrenzung.

"Das ist das Neueste", lässt der Mann seine Arme ein wenig über diesen Ausschnitt eines alpinen Panoramas schweifen, welcher die berühmte Ammergaubahn von Murnau nach Oberammergau abbildet. Im Maßstab 1:87 so verkleinert, dass der Architekt eben leicht alles im Griff haben und der gemeine Betrachter bequem den Überblick bewahren kann. Die runde Öffnung in der Mitte ist notwendig, damit Ebert und seine Hobbyfreunde dort in Oberammergau auch die Gleise verlegen und den Bahnhof errichten konnten: "Wir werden aber nie fertig werden", sagt der 75-jährige Fürstenfeldbrucker, nachdem er wieder in dem schmalen Gang steht.

Was von seiner Natur aus niemals ein Ende findet, ist die wirklich gigantische Anlage des Modelleisenbahnclubs Fürstenfeldbruck, welche für die Öffentlichkeit nur an drei Adventssonntagen im Jahr zu sehen ist. Sie sei das Herzstücks des Vereins, sagt Ebert, der sich seit fast vier Jahrzehnten hier engagiert, 29 Jahre Vorsitzender war und sich nun um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert und Gäste gerne über das Vereinsgelände führt. Das liegt ein wenig versteckt auf der westlichen Seite des Fürstenfeldbrucker Bahnhofes. Am Ende des Parkplatzes öffnet sich ein Tor zu einer vergangenen Welt.

Die berühmte Ammergaubahn von Murnau nach Oberammergau ist die neueste Nachbildung der Brucker Modelleisenbahner. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Seit 1984 befindet sich dort ein technisches Freiluftmuseum, das 15 Feld-, Wald- und Bergbahn-Lokomotiven beherbergt samt Loren, die an eine Zeit erinnern, als Rohstoffe wie Holz, Torf, Gestein, Lehm und Sand damit transportiert wurden. Auch im Landkreis geschah dies wie etwa beim Torfabbau im Haspelmoor oder im Sägewerk am Kloster Fürstenfeld. Um die Fahrzeuge und Wagen in Schuss zu halten, ist das Gelände mit allem an handwerklichen Werkstätten ausgerüstet, was dazu notwendig ist. Im alten Lokschuppen des Bahnhofes aus den 1930er Jahren befinden sich Schreinerei, Schmiede und Schlosserei, wiederum selbst mit Inventar ausgestattet, das gleichsam museal ist. Um das Feldbahnmuseum geht es im Advent freilich weniger. Die allesamt fahrtüchtigen Loks sind eingemottet und teilweise mit Planen abgedeckt, um sie vor Schnee und Eis zu schützen.

Für die Besucher an den kommenden drei Sonntagen öffnet sich eine andere historische Bahnwelt: Zunächst einmal die Türen von drei Wagen, die die Bahn einst ausrangierte und die der Verein liebevoll restaurierte. So befindet sich in dem mittleren eine Originalausstattung für den Aufenthalt von Gleisarbeitern mit Blechbetten zum Übernachten und einem Holzofen aus Omas Zeiten. Im zweiten Abteil ist dort am Sonntag ein Flohmarkt für die Modelleisenbahner aufgebaut.

Zweifellos der Hauptanziehungspunkt ist die 40 Quadratmeter große Anlage, die einen ehemaligen Gepäckwagen aus der Zeit um 1930 ausfüllt: Auf der gesamten Länge zu rechten und linken Seite des Besuchers ersteht die Bahnwelt aus den 1950er bis 1970er Jahren. Alles, was man hier sehe, müsse diese Zeit widerspiegeln, sagt Ebert. Insgesamt 28 Züge können sich in Bewegung setzen, wobei sich die Garnituren in zwei sogenannten "Schattenbahnhöfen", die unsichtbar hinter der Verblendung gewissermaßen im Untergeschoß liegen, abwechseln. Zusätzlich gibt es auch noch Schmalspurbahnen in Miniatur zu bewundern und viele weiteren Attraktionen wie ein Bergwerk mit seiner sichtbaren unterirdischen Stollenanlage. 200 Meter würde die gesamte Schienenlänge erreichen.

Lokomotivführer möchte man sein: Pressesprecher Heinz Dietmar Ebert steht inmitten der Anlage des Modelleisenbahnclubs Fürstenfeldbruck, auf der nicht weniger als 28 Züge gleichzeitig fahren können. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Und der ganze Verkehr steuert sich natürlich automatisch über Relais: "Die Steuerung wird mittels Schienenkontakten durch die fahrenden Züge ausgelöst", erklärt der vormalige Vorsitzende. Allerdings benötigt es nicht weniger als drei Vereinsmitglieder, um den reibungslosen Ablauf auf diesem beinahe endlosen Schienennetz durch idyllische Landschaften und Städtchen überwachen zu können. Denn sollte mal ein Zug entgleisen oder gar mit einem anderen zusammenstoßen, ist es nicht einfach behoben, das Gefährt wieder auf die Gleise zu setzen: "Bis alles wieder in Fluss ist, kann es schon eine halbe Stunde dauern", veranschaulicht der erfahrene Modelleisenbahner noch einmal die Komplexität der Anlage des Vereins.

Modelleisenbahn-Sonntage, Feldbahnmuseum am Bahnhof Fürstenfeldbruck, 2., 9. und 16. Dezember, jeweils von 10 bis 12 Uhr.

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: