Asyl:Ärger übers Amt

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Ehrenamtliche aus dem Landkreis berichten von "rotzigem Umgangston" in der Asylbehörde, Unverständnis gegenüber den Geflüchteten, fehlender Terminangaben und Schlamperei

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Bei der Vergabe von Terminen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ist es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Problemen gekommen. Das berichten Mitglieder verschiedener Asylhelferkreise aus dem Landkreis. Die Ehrenamtlichen sprechen von einem "rotzigen Umgangston" der Mitarbeiter des Amts und von Unverständnis gegenüber den Geflüchteten. Konkrete Anlässe für den Ärger der Helfer gibt es viele.

So erzählt der Olchinger Fritz Hartig etwa davon, dass Geflüchteten in der Unterkunft an der Johann-G.-Gutenbergstraße ein Termin lediglich über einen Stempel auf ihrer "Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender" mitgeteilt wurde. Darauf zu lesen sei nur ein Datum und eine Uhrzeit, nicht aber ein Ort. "Wo das sein soll? In Nürnberg, in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Zirndorf, in einer der Einrichtungen in München oder in Fürstenfeldbruck? Damit lässt man die Flüchtlinge und ihre Helfer alleine", sagt Hartig.

Mehrere Ehrenamtliche berichten davon, dass sämtliche Asylbewerber, die einen Termin am gleichen Tag haben, pauschal für acht Uhr morgens einbestellt werden und schließlich mitunter stundenlang warten müssen, bis sie an der Reihe sind. Weil es zu Verzögerungen kommen kann, sei es bereits vorgekommen, dass es um 16 Uhr heiße: "Wir schließen, kommen sie morgen wieder." Über die frühe Einbestellung und die lange Wartezeit sagt Ibrahim El-Mahgary vom Helferkreis Eichenau: "Wir empfinden das als unnötig belastend." Ihm persönlich sei zwar kein Fall bekannt, in dem einzelne Angaben völlig unklar gewesen seien, allerdings berichtet er: "Immer wieder gibt es Zustellungen an falsche oder veraltete Adressen." El-Mahgary vermutet, dass die Daten nach einer Verlegung nicht sauber nachgetragen werden. "So kann es vorkommen, dass Briefe länger liegen bleiben und die Asylbewerber von ihren Terminen nichts wissen", erklärt er. Denn normalerweise teile das Bamf den Asylsuchenden die notwendigen Informationen in Briefen mit.

In den vergangenen Wochen mussten die Helfer aber noch mit anderen Widrigkeiten umgehen. "Wir erleben jetzt öfter, dass Briefe an einem Tag ankommen und der Termin für eine Anhörung bereits am kommenden Tag oder zwei Tage später stattfinden soll", sagt El-Mahgary. Das sei oft problematisch, weil man sofort das Landratsamt kontaktieren müsse, wegen einer Übernahme der Fahrtkosten. Mittlerweile kümmert sich in Bruck ein Reisebüro um die Buchung und Vergabe der Tickets. "Dort geht das Feilschen los", erklärt der Eichenauer. "Es darf möglichst wenig kosten." Teilweise sollen die Asylbewerber schon am Vorabend den Zug nehmen, weil der Termin beim Bamf immer um 8 Uhr morgens ist. Am günstigsten ist die Fahrt meist mit dem Bayernticket, aber dieses gilt erst ab 9 Uhr morgens. "Das wird erklärt mit dem Hinweis, die Übernachtung am Ankunftsort wäre ihr Privatvergnügen."

Mit den Vorwürfen konfrontiert, betont eine Sprecherin des Bamf: "In der Regel erfolgt eine Ladung zur Anhörung postalisch durch das Bundesamt. In dem Brief sind dann natürlich alle wichtigen Informationen enthalten." Ausnahmen gebe es nur dann, wenn Flüchtlinge bei ihrer Einreise zwar registriert wurden, aber noch keinen Asylantrag stellen konnten. Einen Antrag bereits im 2015 oder zeitnah zu stellen, sei aufgrund der hohen Zahl der Geflüchteten nicht immer möglich gewesen. Die so entstandene Lücke nennt sich Easy-Gap. Flüchtlinge in dieser Situation sollen nun nach und nach einbestellt werden, um ihren Antrag zu stellen. In diesem Fall würden Betroffene auch auf anderen Ladungswegen informiert, erklärt die Sprecherin und meint, es sei möglich, dass es sich bei dem von Hartig geschilderten Fall so verhalten habe. "Das Bundesamt meldet dem Land die bestehenden Kapazitäten. Das Land, meist die Ausländerbehörde, schaut, welche Asylsuchenden in der Umgebung noch keinen Antrag stellen konnten und übernimmt dann die Ladung." Wie diese im Einzelfall aussieht, darüber kann die Sprecherin keine Angaben machen, da nicht das Bundesamt sie ausgestellt habe.

Die Sprecherin räumt ein, dass das Amt bereits in den vergangenen Wochen häufig mit den Vorwurf konfrontiert worden sei, Ladungen systematisch zu spät zu verschicken. "Diese Vorwürfe weist das Bundesamt entschieden zurück. Der Zeitraum zwischen der Ladung zur Anhörung und dem Termin beträgt mindestens eine Woche, in der Regel rund zehn Tage." Warum ein Schriftstück den Antragsteller in Einzelfällen binnen einer Woche nicht erreiche, ist den Vertretern des Bundesamts unerklärlich.

Zum Vorwurf, dass Adressen nicht sauber nachgetragen würden, erklärt die Pressesprecherin: Dadurch das die Daten bisher händisch eingetragen werden mussten und der Arbeitsaufwand wegen der vielen Geflüchteten hoch gewesen sei, sei es tatsächlich in der Vergangenheit in Einzelfällen vorgekommen, dass Briefe an veraltete Adressen geschickt wurden. Künftig würden diese Prozesse allerdings digitalisiert und sind für alle beteiligten Behörden im Ausländerzentralregister unkompliziert abrufbar.

Dass alle Asylsuchenden an einem Tag für 8 Uhr einbestellt werden, bestätigt die Sprecherin. "Hintergrund ist, dass keine Leerläufe entstehen sollen", sagt sie. Terminladungen zu verschiedenen Uhrzeiten habe es an einigen Standorten in der Vergangenheit bereits gegeben. "Das Bundesamt musste die Erfahrung machen, dass Asylsuchende teilweise überhaupt nicht oder Stunden zu spät erschienen sind", sagt sie. Es sei Leerlauf bei den Mitarbeitern entstanden, geladene Dolmetscher wurden wieder nach Hause geschickt. Die Mitarbeiter hätten großes Interesse daran, dass Asylsuchende zu ihren Terminen erscheinen und Personal und Dolmetscher effektiv ausgelastet seien, so dass diejenigen, die noch keinen Termin für eine Anhörung haben, schnell die Möglichkeit dazu bekommen.

© SZ vom 23.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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