Kunst:Farbige Standpunkte

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Carolin Leyck, Astrid Schröder, Annegret Hoch und Mary Kim stellen gemeinsam ihre ganz unterschiedlichen Werke aus. (Foto: Jana Islinger)

Vier Künstlerinnen stellen ihre Werke im Museum Fürstenfeldbruck aus. Die Farbe vereint sie.

Von Davide De Luca, Fürstenfeldbruck

Die Künstlerinnen Annegret Hoch, Mary Kim, Carolin Leyck und Astrid Schröder haben jeweils einen ganz eigenen künstlerischen Standpunkt. Er zeigt sich in der Art und Weise, wie sie ihre Pinsel führen, welche Motive sie wählen und welche Farben sie in Szene setzten.

Doch gerade bei der Farbe kommen die Standpunkte der vier Künstlerinnen zusammen. Sie bildet das Gerüst, von dem aus der künstlerischer Prozess startet. Die Farbe sei das, was sie verbinde, sagen die Künstlerinnen. Auf Einladung der Stiftung Annelies und Gerhard Derriks stellen sie von diesem Freitag an erstmals gemeinsam im Kunsthaus im Museum Fürstenfeldbruck aus.

Die Betrachter sind dazu eingeladen, die Standpunkte der Künstlerinnen zu erfahren und gegebenenfalls ihren eigenen Standpunkt zu verändern. Denn oftmals versteht man den eigenen Standpunkt erst dann richtig, wenn man einen anderen eingenommen hat. Vielleicht auch nur durch einen kleinen Schritt nach vorne.

Gedankenknödel

Annegret Hoch zeigt Arbeiten aus ihrer Serie "Gedankenknödel". Auf eher schlichtem Untergrund lässt sie durch eine kugelförmige Zusammenballung von Pinselstrichen ihren "Gedankenknödel" tanzen. Der Rhythmus und die Dynamik der Bilder ergeben sich aus den kräftigen Farbkontrasten der Einzelstriche, die zum Knödel werden. Dabei ist der Knödel mal am Bildrand, mal in der Ecke des Bildes zu sehen. Die Farbe und die Farbwahl seien entscheidend, sagt die Künstlerin.

Annegret Hoch vor einigen ihrer "Gedankenknödel". (Foto: Jana Islinger)

Sie verwendet selbst angerührte Farbe, zum Beispiel Eitempera, bei der Ei, Leinöl und Wasser gemischt werden. Auf die Frage, ob sie eher an einen Semmelknödel oder einen Kartoffelknödel gedacht hat, antwortet sie prompt: "An einen Gedankenknödel!" Die Bilder seien keine Abbilder eines Knödels, sondern eher mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Neben dem Gestischen und Ungegenständlichen in ihren Werken habe sich in den letzten Jahren eine weitere Ebene hinzugeschlichen. Nämlich die des Augenzwinkerns. Ihre Arbeiten kämen also nicht nur aus sich selbst heraus, sondern aus der Anschauungswelt. Möglicherweise im Dialog mit anderen Standpunkten.

Reale Dreidimensionalität

Mary Kim ist diejenige der vier Künstlerinnen, die real (traditionell) dreidimensional ausstellt. Das bedeutet, dass ihre Werke Skulpturen im Raum sind. Diese bestehen aus Modulen aus Holzlatten, die aus dem immer selben "framework" bestehen. Dabei lassen sich ihre Werke in drei Untergruppen gliedern. Es gibt diejenigen mit dem Titel "tower", die, wie der Namen schon sagt, Türme darstellen. Zudem gibt es "folded", also gefaltet und "grid", Gitter. Trotz der Unterteilung sind sie als Gesamtkunstwerk zu verstehen.

Mary Kim gestaltet Räume mit farbigen Modulen aus Holzlatten. (Foto: Jana Islinger)

Durch die farbige Fassung und die Struktur bespielen ihre Werke den Raum und so kann es sich je nach Raum ergeben, dass die Skulpturen anders positioniert werden müssten. "Es gibt kein Unten und kein Oben", sagt Mary Kim. Sowohl das Aufstellen der Skulpturen als auch die Farbwahl seien ein Prozess. Sie könne nicht von Anfang an entscheiden, wie die Module zusammengefügt würden. Die Kunst sage ihr, wohin die Reise geht. "Ich habe noch längst nicht alles probiert", sagt die Künstlerin.

Abstraktes Schlüsselloch

Carolin Leyck beginnt viele ihre Bilder der Serie "Lob des Schattens" mit einem ersten dunklen Farbauftrag. Erst auf den zweiten Blick ist zu erkennen, dass es kein Schwarz ist, sondern ein sehr dunkles Indigoblau, das über die hohe Konzentration des Pigments sehr dunkel wird. Inzwischen nutze sie aber auch andere Farben als Grundierung, sagt sie. Dann arbeitet sie mit breiten Pinselstrichen mit lasierenden Schichten. "Es ist ein organisches Modellieren", beschreibt die Künstlerin, wie ihre Werke entstehen. Im Zentrum ihrer Bilder sind die farbreichen, dynamischen und organischen Formen zu sehen, umringt vom ersten dunklen Farbauftrag. Die geschwungenen Formen stechen dabei durch das Zusammenspiel der Farben besonders ins Auge.

Carolin Leycks Werke entstehen durch organisches Modellieren. (Foto: Jana Islinger)

"Man könnte sagen, es ist ein abstraktes Schlüsselloch", erklärt Carolin Leyck. Durch das Schlüsselloch sehe man die Farbe. Auch ihre Malerei entsteht im Prozess, sagt sie. Dieser sei spielerisch. Auf diese Weise entstünden dynamische Formen, die durch die Farbakzente Präsenz erlangen. Es sei dennoch der Kontrast, der die Farbe in Szene setze.

Von der Schwäche zum Markenzeichen

Zur Farbe kam Astrid Schröder über einen Umweg. Sie kommt aus der Werbebranche und hat eine Ausbildung als Grafikerin gemacht. Dort - im angewandten Bereich - hat Farbe vor allem mit Kolorieren zu tun. Als sie ihr Malereistudium in München begann, versuchte sie ihren Stil zu finden, stellte aber fest, dass ihre Bilder immer grau wurden. Um dieser vermeintlichen Schwäche entgegenzutreten, reduzierte sie zunächst die Malerei auf eine Handlung. "Ich nehme den Pinsel, tauche ihn in die Farbe und ziehe dann eine Linie, solange die Farbe reicht. Die Farbe läuft so ins Nichts aus."

Farbige Linien, die vertikal verlaufen, ergeben einen Effekt von Dreidimensionalität in Astrid Schröders Bildern. (Foto: Jana Islinger)

Das mache den Effekt aus, sagt sie. Und so reiht sich in ihren Werken Linie an Linie. Sie verlaufen vertikal von oben nach unten und ergeben durch den Farbverlauf einen dreidimensionalen Effekt, der aber anders als bei Mary Kim eben nicht "real" dreidimensional ist. Der Einsatz der Farbe sei dabei entscheidend, sie müsse ganz genau angemischt werden, denn sie brauche Harmonie und die Farbtöne sollten sensibel ausbalanciert werden. Inzwischen ist der reduzierte und doch farbreiche Stil zu Astrid Schröders Markenzeichen geworden.

Die Ausstellung ist von 22. Juli bis 24. September zu sehen. Sie kann dienstags bis samstags von 13 bis 17 Uhr sowie sonn-und feiertags von elf bis 17 Uhr im Kunsthaus im Museum Fürstenfeldbruck besucht werden. Der Eintritt kostet sechs Euro, ermäßigt vier Euro, es gibt auch eine Familienkarte zu zehn Euro.

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