Fürstenfeldbruck:NS-belastetes Wandgemälde verschwindet

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Das Blut- und Bodengemälde von Karl Sonner an der alten Landwirtschaftsschule in Fürstenfeldbruck. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Vom Bild des NSDAP-Mitglieds Karl Sonner an der Fassade der alten Landwirtschaftsschule in Fürstenfeldbruck wird es nach dem Abriss nur noch Fotos geben. Der Erhalt ist den Kreisräten zu teuer.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Das Fassadenbild des NS-belasteten Künstlers Karl Sonner an der Alten Landwirtschaftsschule in Fürstenfeldbruck wird zusammen mit dem Gebäude abgerissen und nicht erhalten. Stattdessen wird eine Fotodokumentation von dem Gemälde angefertigt.

Mit dem Vorgehen, das die Kreisverwaltung vorgeschlagen hatte, gaben sich die Mitglieder des Kreiskulturausschusses einverstanden. Es sei schon traurig, ein Bild abzunehmen, "das eine Geschichte erzählt", sagt Kreiskulturreferentin Christina Claus (Grüne). Hier sei es eine Geschichte aus der Zeit des Nationalsozialismus. Abgebildet ist ein Bauer, der da steht und seine Sense mit einem Wetzstein schärft, und eine Bäuerin, die sich bückt, um Getreide zu binden. Darunter steht: "Ohne Fleiß kein Preis". Aber "wahrscheinlich steht das viele Geld nicht im Verhältnis", fasste Claus die Abwägung aller Argumente zusammen und erhielt volle Zustimmung von Landrat Thomas Karmasin (CSU): "Da sind wir eins-zu-eins einer Meinung."

Die Abnahme des Bildes würde mehr als 12 000 Euro kosten

Die Abnahme des Gemäldes würde nach dem Angebot eines Restaurators mehr als 12 000 Euro kosten. Weil das Gemälde sehr groß ist, müsste es in drei Abschnitten abgenommen werden. 180 Stunden errechneten die Fachleute dafür.

Darüber hinaus müssen bei einem Erhalt laut Kreisverwaltung weitere Kosten für eine Konservierung oder Neuplatzierung des Bildes eingeplant werden. "Aus konservatorischen Grünen wäre eine Neuanbringung im Innenbereich vorzuziehen", heißt es in den Unterlagen, die die Behörde an die Kreisräte ausreichte. Aber für einen neuen Standort gab es keine Ideen, zumal dieser Standort inhaltlich und architektonisch zum Gemälde passen müsste. Zu wissen, was man künftig damit anfangen möchte, sei aber notwendige Voraussetzung dafür, dass sich der Aufwand für den Erhalt lohne, findet Susanne Poller, Kreisheimatpflegerin für den Bereich Denkmalschutz, die in die Überlegungen eingebunden worden war. FDP-Kreisrat Klaus Wollenberg hatte zu Jahresbeginn angeregt, das Gemälde zumindest fotografisch zu dokumentieren. Dem will man nun nachkommen.

Die Landwirtschaftsschule war von 1951 bis 2011 an der Bismarckstraße in Fürstenfeldbruck untergebracht. Nun ist das Gebäude baufällig. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Schulgebäude an der Bismarckstraße stammt vom Architekten Adolf Voll. Es wurde Anfang der Fünfzigerjahre errichtet und "nicht in der Zeit von 1933 bis 45", wie Grünen-Kreisrat Christian Stangl in Erinnerung rief. Der Olchinger Maler Karl Sonner (1889 bis 1970), der das Gemälde schuf, ist wegen seiner Rolle im Nationalsozialismus zumindest eine umstrittene Figur. Aus seiner Entnazifizierungsakte geht hervor, dass er NSDAP-Mitglied war und außerdem das Kasino im Konzentrationslager Dachau künstlerisch gestaltete und später für dieselbe Tätigkeit im Konzentrationslager Oranienburg angefragt wurde. Lüftlmalereien von Sonner finden sich an Bauern- und Wirtshäusern in Oberbayern, erhalten sind auch einige seiner Fresken an öffentlichen Gebäuden und Kirchen. Besonders bekannt ist die Fassaden- und Innengestaltung der Schlosskapelle in Esting.

Das Bild vermittle "eine gewisse Nähe zur Blut- und Bodenideologie", ergänzte Kreisrat Stangl noch, allerdings "waren unsere Lesebücher in der Grundschule damals voll von solchen Bildern". Betrachte man die Mentalität der Nachkriegsepoche, dann sei "das Bild keine große Ausnahme", wie man die Dinge damals gesehen und abgebildet habe, so Stangl. Das Gebäude an der Bismarckstraße wurde von 1951 bis 2011 von der Fürstenfeldbrucker Landwirtschaftsschule genutzt.

Die Kreisräte interessierten sich mehr dafür, was mit den alten Stühlen passieren wird

Mitte August soll der Abriss des Gebäudes beginnen. An seiner Stelle sollen zunächst Container stehen, die das nahe sonderpädagogische Förderzentrum der Pestalozzi-Schule für ihre Ganztagsschule nutzen wird. Die Schüler waren zuvor in der alten Landwirtschaftsschule untergebracht.

Daneben gibt es noch weitere Ausstattungsdetails in dem Gebäude, die Schulküche beispielsweise mit ihrem großen Speisesaal. Die Stühle, die darin standen, finden sich mittlerweile in Reih und Glied aufgestellt im Dachgeschoss des Gebäudes. Jeder Stuhl ist einer Gemeinde zugeordnet, abzulesen an den jeweiligen Ortsnamen auf den Stühlen. "Jede Kommune hat damals einen Stuhl gespendet", wusste Kreisfinanzreferent Johann Thurner (FW) und fragte nun, was mit dem Mobiliar passieren werde. CSU-Kreisrat Johann Wörle schlug vor, es wegen des landwirtschaftlichen Kontextes an das Bauernhofmuseum Jexhof abzugeben. Sein Parteikollege Hubert Ficker betonte, die Stühle seien "ein Stück Zeitgeschichte, auch für die Gemeinden".

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