12 000 Besucher in Fürstenfeld:Schultern lockern und tief durchatmen

Lesezeit: 3 min

Ein Messerundgang auf den Gesundheitstagen lehrt: Wer gesund leben will, muss sich wohlfühlen. Dazu gehört nicht nur Bewegung, dazu gehören auch Dinge wie Wertschätzung, die der Seele helfen.

Gerhard Eisenkolb und Andreas Ostermeier

Beim Schlendern über das Gelände der Gesundheitstage - und das tun am ersten Juni-Sommerwochenende mit richtigem Badewetter sehr viele - wird eines schnell klar: Fast alles, was Menschen benötigen oder womit sie zu tun haben, lässt sich auf Gesundheit beziehen. Schon am Eingang in Fürstenfeld wird man zum Mitsingen in einem Chor animiert, und der Sängerkreis Fürstenfeldbruck wirbt an einem Stand mit dem Spruch: "Regelmäßiges Singen fördert die Gesundheit und stärkt das Immunsystem."

Die Botschaft, die viele vermitteln, lautet: Wer gesund leben will, muss achtsam mit sich und seiner Umwelt umgehen. Auch die Podiumsdiskussion des Gesundheitsforums der SZ beendet die Moderatorin und Psychologin Monika Dorfmüller mit einem für die meisten leicht umsetzbaren Tipp. Sie sagt, Bewegung sei eine wesentliche Komponente der psychischen Gesundheit, etwas, das "dem gesamten Körper und der Seele gut tut". Und Rita Wüst, Geschäftsführerin vom Münchner Bündnis gegen Depression, appelliert an ihre Zuhörer: "Reden Sie darüber! Sprechen sie mit Menschen über ihre psychische Verfassung."

Dass der Partner eines solchen Gesprächs nicht immer aus Fleisch und Blut sein muss, das macht Pfarrer Bernhard Lies deutlich. Er spricht über die "heilsame Kraft der Literatur". Durch das Lesen erfahre man vom Leben und Erleben anderer, was den Menschen "wach, kritisch und mündig" mache, sagt Lies. Seine Aussagen verdeutlicht er durch Beispiele aus der Literatur - Cervantes' Don Quichotte kommt ebenso vor wie Gedichte von Erich Kästner oder Hilde Domin. Die heilsame Leistung der Literatur bestehe darin, dass sie durch die Benennung der Dinge diesen den "Schrecken nimmt", zitiert Lies den portugiesischen Autor Fernando Pessoa.

Gesundheit entdecken" lautete das Motto der Messe am Wochenende - und wer will, kann Gesundheit oder zumindest heilende Kräfte in der Auseinandersetzung mit der Literatur finden. Freilich kommen auch die wohl üblicheren Tätigkeiten zum Erhalt der Gesundheit nicht zu kurz: Gleich am Sonntagvormittag finden sich zwei Dutzend Teilnehmer - zumeist Frauen - auf der Stadtsaalbühne ein, um zu üben, wie man trotz eines langen Bürojobs fit bleiben kann. Schultern lockern, tiefes Atmen oder den Nacken in die Länge ziehen: solche Übungen gelingen bereits während der Fahrt zur Arbeit, sagt die Trainerin und macht vor, dass man auch während eines Telefonats nicht auf Bewegung verzichten muss. Im Sitzen kann man in rascher Folge die Beine wechselseitig übereinanderschlagen. Das beugt einer einseitigen Haltung vor und kräftigt die Bauchmuskeln, ist zu erfahren.

Fürstenfeld ist, zumal an einem Sommertag, ein Ort, an dem sich viele Besucher wohlfühlen. Die Sport- und Bewegungsangebote machen dies am Wochenende ebenso möglich, wie die zahlreichen Stände, an denen man sich verköstigen, auf Matratzen probeliegen oder sich von einem Physiotherapeuten massieren lassen kann. An den Wohlfühlaspekt knüpfte auch Happo Schmidt an, der als Werber für den "Heimaturlaub" auftritt und eine Broschüre für fünf Bildersuchfahrten durch den Landkreis verteilt. Auch ihm geht es ums das Sich-Wohlfühlen im eigenen Lebensumfeld und dessen Wertschätzung. Heimaturlaub sei wieder im Kommen, prophezeit Schmidt, der bereits mehrere FFB-Schauen in Fürstenfeldbruck gemanagt hat. Von dieser Tätigkeit ist ihm der Brucker Landrat als Schirmherr der Aktion Heimaturlaub geblieben.

Für die Paar- und Familientherapeutin Annette Frankenberger, die über die Kunst der Wertschätzung referiert, liegt ein Grund für Beziehungskrisen in der mangelnden Wertschätzung. Sie sagt: "Nirgends sind wir so ekelhaft wie daheim. Weil wir da sicher sind, denken wir, wir können uns alles erlauben." Dieses Sich-alles-Erlauben-Können besteht auch darin, dass in einer normalen Mittelstandsfamilie auf 14 abwertende Äußerungen nur eine positive kommt. Anstelle von Anerkennung und Dank erfahren Partner und Kinder laut Frankenberger Liebesentzug, sie werden ignoriert und es wird ihnen unterstellt, dass sie böse seien. Pausenlos loben solle man Kinder und Partner jedoch auch nicht, weil das nach einer Benotung aussehe. Anerkennung und Dank würden genügen.

Anerkennung war auch das Thema von Pfarrer Waldemar Pisarski, der als Coach und Supervisor arbeitet. Jeder brauche Anerkennung, habe die soziale Sicherheit nötig, die ihm durch Anerkennung zuteil werde, sagte Pisarski. Seine Zuhörer ermuntert er unter anderem, eine Partnerschaft nicht als Beziehung, sondern als Begegnung zu leben. Auf diese Weise werde ein Zusammenleben nicht als selbstverständlich angesehen, sondern die Partner müssten sich immer wieder wahrnehmen und von Neuem wertschätzen.

© SZ vom 17.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: