Fürstenfeldbruck:160 Kinder in einem Klassenzimmer

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Vorzeigeprojekt: Die so genannte Schwalbenschule in Koutandiégou, Togo, wurde errichtet mit Unterstützung des Maisacher Vereins Pit Togohilfe. Sie gilt laut der Vereinsvorsitzenden Margret Kopp als attraktivste Schule in der Region; deshalb wird sie alljährlich zum Prüfungszentrum für den Abschluss am Ende des Grundschule. Die Togohilfe erhält mit zwei anderen der vielen Hilfsorganisationen aus dem Landkreis Spenden aus der bundesweiten Aktion "1000 Schulen für die Welt". (Foto: Margret Kopp/oh)

Die Verhältnisse an afrikanischen Schulen sind für westliche Maßstäbe kaum vorstellbar. Das zeigt ein Pressegespräch zum Hilfsprojekt 1000 Schulen für die Welt.

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

"Die Klassenzimmer sind voll", berichtet Toussaint Iluku Bolumbu von den Zuständen in den Schulen in seiner Heimat Kongo. Damit keine Missverständnisse aufkommen, konkretisiert der Bischof aus der Diözese Bokungu-Ikela: Mit voll meint er, dass 160 Schülerinnen und Schüler in einem Raum zum Lernen zusammen kommen, der für 40 bis 50 konzipiert ist. Und dieser Vielzahl wissbegieriger junger Menschen steht ein Lehrer gegenüber. Die Schilderung bei einem Pressegespräch zum bundesweiten Projekt "1000 Schulen für unsere Welt" im Landratsamt Fürstenfeldbruck beeindruckt die Anwesenden sichtlich - zumindest jene, die nicht schon einmal in Afrika waren. Die anderen wie Peter Kiefer und Rainer Widmann vom Afrika-Team der Kolpingsfamilie Olching, Margret Kopp als Gründerin und Vorsitzende des Maisacher Vereins Pit Togohilfe sowie Gerhard Meißner (Vorsitzender des Zoe-Unterstützerkreis Türkenfeld) kennen solche Verhältnisse. Deshalb engagieren sie sich seit vielen Jahren, um die Lebensbedingungen dort zu verbessern.

Der Landkreis Fürstenfeldbruck nimmt daran seit 2019 teil

Seit 2019 nimmt der Landkreis an dem Projekt 1000 Schulen teil, das laut Landrat Thomas Karmasin (CSU) die kommunalen Spitzenverbände aufgelegt haben. Dabei sammeln Kommunen Spenden ein und investieren sie weltweit in Bildungsprojekte. Der Landkreis hat sich fürs Erste zehn Schulen in Afrika ausgesucht. "Ich glaube, es ist vom Wirkungsgrad wesentlich besser sich dort zu engagieren", unterstreicht er. "Ziel der Initiative ist es, Menschen durch Bildung eine Zukunft in ihrer Heimat zu ermöglichen." Andernfalls würden viele als Flüchtlinge nach Europa und Deutschland kommen und ihre Integration einen wesentlich höheren Aufwand bedeuten.

Weil Toussaint mit seinem Assistenten Abbé Stephan gerade auf Besuch in der Partnerdiözese von Bokungu Ikela in Salzburg war, von wo aus ebenfalls einige Hilfsprojekte für Kongo organisiert werden, bot sich ein Besuch in Fürstenfeldbruck an. Im Landratsamt trifft er auf die Verantwortlichen von zumindest drei Akteuren aus dem Landkreis (im Zusammenhang mit der Unterstützung des Projekts "1000 Schulen für unsere Welt" wurde bereits kritisiert, dass nur vereinzelte Organisationen gefördert werden, während andere wie etwa Campo Limpo in Puchheim oder Help Liberia - Kpon Ma in Grafrath leer ausgehen). "In den Schulen liegt die Zukunft unseres Landes", hebt der Bischof die Bedeutung von Bildung hervor.

Einer Meinung: Bischof Toussaint Iluku Bolumbu und Landrat Thomas Karmasin betonen die Bedeutung von Bildung. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Landrat berichtet, dass von den angestrebten zehn Schulbauprojekten bisher bereits sechs in Togo erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Darunter ist die sogenannte "Schwalbenschule" in Koutandiégou, die laut der früheren Kreisvorsitzenden der Frauen Union, Margret Kopp, als attraktivstes Schulgebäude der Region zählt und deswegen als Prüfungszentrum bei den jährlichen Grundschulabschlussprüfungen genutzt wird. Karmasins Parteifreundin ergänzt den für westliche Verhältnisse unglaublichen Bericht des kongolesischen Schulalltags mit einer ähnlich bizarren Begebenheit aus Togo. Im Vorfeld eines neuen Projektes bat sie eine Sechstklässlerin, einen kurzen Brief zu verfassen. Sie gab ihr Stift und Papier. Aber das Blatt blieb leer.

Kopps erster Gedanke, das Mädchen habe das Schreiben in sechs Schuljahren nicht gelernt, war natürlich falsch. Vielmehr habe sich herausgestellt, dass die Schülerin in all den Jahren kein Papier und keine Stifte zum Üben hatte. Sie konnte zwar schreiben - aber nur mit Kreide in Großbuchstaben an die Tafel. "Seitdem ist mir klar, man muss auch in Material investieren." "Oft fehlt es an der Feinmotorik", ist auch Widmann schon häufiger der Zusammenhang zwischen fehlender Ausstattung und mangelnden Fähigkeiten aufgefallen.

Bei einer weiteren Schule in Kagoma (Uganda) konnte der Schulbetrieb nach vielen Unterbrechungen aufgrund von Corona- und Ebola-Ausbrüchen laut Gerhard Meißner vom Zoe-Unterstützerkreis Türkenfeld bereits wieder aufgenommen werden. In der Zwangspause waren bestehende Gebäude renoviert worden, jetzt soll der Schlafsaal für die Internatskinder der Zoe-Mittelschule in Angriff genommen werden. In Bomongo in Kongo, einem Stadtteil von Ikela in der Diözese Bokungu-Ikela, konnte durch die Unterstützung der Kolpingsfamilie Olching ein Gebäude für vier Klassen fertiggestellt werden, ein weiterer Bau mit Platz für die verbliebenen vier Klassen ist demnächst fertig.

So einhellig wie die Vertreter der Hilfsorganisationen erklären, dass die Hilfe nur funktioniert, wenn die Bevölkerung eingebunden und auch in die Verantwortung genommen wird, beispielsweise beim Gebäudeunterhalt, so eindeutig steht für Karmasin fest, dass der Landkreis nach dem Bau der ersten zehn Schulen das Projekt weiter unterstützen will. Aber zunächst müssen noch weitere Spenden für die vier geplanten Schulgebäude gesammelt werden. Mehr Informationen stehen unter www.lra-ffb.de/1000-schulen.

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