Für eine schönere Stadt:Modernisieren und bewahren

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Die Gesellschaft für Stadterneuerung hilft seit 40 Jahren, dass Viertel lebenswert bleiben

Von Alfred Dürr

Aufruhr in Haidhausen und ein heftiger lokalpolitischer Streit in dem Gründerzeitviertel mit seinen vielen Altbauwohnungen und zahlreichen Handwerksbetrieben in den Hinterhöfen: Wie kann man den in die Jahre gekommenen Stadtteil modernisieren, ohne dass die Bewohner Opfer von spekulativen Sanierungen durch private Hauseigentümer werden? Wie bleiben Mieter nach den Umbaumaßnahmen in ihrem Quartier? Sanierungen von Häusern, Neubauten (vor allem mit erschwinglichen Mietwohnungen), Verbesserungen von Grünanlagen - trotzdem soll das typische Stadtbild erhalten bleiben, ist das überhaupt zu schaffen?

Was in den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts anfangs zu Auseinandersetzungen führte, hat sich alles in allem positiv entwickelt. Hinterhof-Betriebe fanden im eigenen Gewerbehof eine Bleibe, der dörfliche Charakter mit den Herbergshäusern wurde weitgehend bewahrt, Sozialwohnungen entstanden, die Gewerbe- und Brauereigebäude mit den beeindruckenden Kellergewölben an der Einsteinstraße wurden modernisiert.

Um sich wichtige Steuerungsmöglichkeiten bei der Sanierung Haidhausens zu sichern und nicht nur privaten Eigentümern das Feld zu überlassen, wurde 1979 die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS) mit mehrheitlicher Beteiligung der Stadt gegründet. Die Erneuerung Haidhausens sei ein gesamtstädtisches Erfolgsprojekt geworden, bilanzierte der damalige Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), das durch den Stadtrat, die beteiligten Referate und durch die Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung und der MGS möglich wurde. Freilich verlangte die Sanierung auch einen finanziellen Kraftakt von Bund, Land und Stadt.

Schüler bemalen die Wand der Unterführung am Lehrer-Götz-Weg in Trudering. (Foto: MGS)

Szenenwechsel von Haidhausen in die Gegenwart nach Moosach. Dieses Viertel ist Untersuchungsgebiet für bevorstehende Sanierungsaktivitäten. In dem neuen Stadtteilladen an der Dachauer Straße informieren Mitarbeiterinnen der MGS über aktuelle Planungen, oder sie reden mit Bewohnern über deren Wünsche zu den Themen Wohnen, Verkehr oder Erholung im Quartier. Solche Treffpunkte gibt es bereits in den förmlich festgelegten Sanierungsgebieten Neuaubing-Westkreuz, Pasing, Giesing und Trudering.

In Neuperlach kommen MGS-Mitarbeiter mit eigens gekennzeichneten Dienstfahrrädern auf Märkte oder zu anderen Veranstaltungen, um mit den Bürgern zu sprechen. Im nächsten Jahr wird die MGS auch im neuen Stadtteil Freiham präsent sein - erstmals ist sie damit auch außerhalb ihrer klassischen Sanierungsgebiete aktiv. Ziel der Aktion: Informationen über die Entwicklung des Quartiers. So soll sich frühzeitig ein "vitales Stadtteilleben" etablieren. Inzwischen ist die MGS Tochterunternehmen eines städtischen Konzerns, der Gemeinnützigen Wohnstätten- und Siedlungsgesellschaft (GWG).

Wie kann die Stadt schöner werden? 1980 diskutieren Bürger in Haidhausen. (Foto: MGS)

Die MGS hat heute andere Aufgaben als noch zu Zeiten der Sanierung in Haidhausen oder im Westend. Eine Bauabteilung der MGS gibt es nicht mehr. "Wir verstehen uns als moderner Dienstleistungsanbieter bei der Stadtentwicklung und der Städtebauförderung", sagt GWG-Geschäftsführer Christian Amlong. Die MGS unterstützt die Stadt zum Beispiel bei der Entwicklung von Ortszentren, bei der Gestaltung von Straßen, Plätzen oder Grünanlagen. Damit habe man eine wichtige Scharnierfunktion zwischen der Verwaltung und den Bürgern. Die Beteiligung der Bewohner sei nicht nur eine Floskel: "Wir betreiben das mit Freude an gemeinsam erstellten Konzepten."

Die energetische Sanierung von Häusern ist heute ein zentrales Thema. Die MGS berät Eigentümer kostenlos mit einem umfassenden Modernisierungs- und Energiecheck. Dazu gibt es auch ein neu entwickeltes Förderprogramm. Die Aufgaben hätten sich in 40 Jahren geändert, heißt es bei der MGS, die Ziele nicht. Als sich ständig entwickelndes System habe die Stadterneuerung von damals den Grundstein für etwas gelegt, was heute als Stärke angesehen werde: die Verbindung lokaler Identitäten, historischer Baubestände und moderner Architektur. "Für mich ist Stadtsanierung wie ein Free Jazz Konzert mit vielen Stimmen, die zusammen erfolgreich wirken, die MGS spielt seit 40 Jahren überzeugend den Grundton" - so gratuliert Stadtbaurätin Elisabeth Merk zum Jubiläum.

© SZ vom 16.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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