Frostige Tage:München dampft

Was München so alles dem Himmel entgegenschickt: Blick über die winterliche Stadt auf das Heizkraftwerk Nord. (Foto: René Hofmann)

Das Feld ist weiß, so blank und rein,//Vergoldet von der Sonne Schein,//Die blaue Luft ist stille;//Hell, wie Kristall//Blinkt überall//Der Fluren Silberhülle.

Aus "Winterlied" von Johann Gaudenz von Salis-Seewis (Schweiz/1762 - 1834).

Die meisten Wintergedichte feiern die kalte Tage auf dem Lande. Bächlein, die vom Eis eingeengt werden, kahle Buchen, deren Häupter von der Last des Raureifs zu Boden gedrückt werden, Meisen, Sperlinge und Zeisige, die durch blätterlose Haine schlüpfen. Der Winter in der Stadt wurde aus lyrischer Sicht lange eher vernachlässigt. Dabei gäbe es doch auch hier einiges zu bereimen: rutschige Gehwege, unpünktliche S-Bahnen, Fahrradreifen, aufgeschlitzt von kantigen Streusplitt-Steinchen und - das ganz große Motiv an diesen frostigen Dezembertagen: die Dampfwölkchen, die vielerorts aufsteigen.

Der Atem staubt weiß, die Schlote rauchen und über den langsam zurückweichenden Nebel ziehen die Schwaden, die dem Heizkraftwerk Nord in Unterföhring entweichen. Ein Gedicht sind die allerdings nicht wirklich. Eher eine weithin sichtbare Mahnung, was da so alles dem Himmel entgegengeschickt wird.

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