Fremde Wohnraumnutzung:So will München gegen illegale Vermieter vorgehen

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Es gibt in München viele Wohnungen, die leer stehen oder zweckentfremdet vermietet werden. Die Stadt will nun dagegen vorgehen. (Foto: Florian Peljak)

Nachbarn sollen der Stadt künftig über eine Internetplattform melden, wenn eine Wohnung leer steht oder illegal vermietet wird.

Von Anna Hoben, München

Wegen Erfolgs geschlossen: Dieses Schicksal hat im Mai die Internetplattform "Leerstand 089" ereilt. Drei Jahre lang hatte sie über leer stehende Wohnungen und Häuser in München aufgeklärt. Wer einen Leerstand in der Stadt entdeckte, konnte sich an die Macher der Seite wenden; die begannen zu recherchieren. Zu Hochzeiten bestand das Team aus zwölf Ehrenamtlichen. Doch irgendwann kamen sie nicht mehr hinterher. "Wir haben so viele Meldungen bekommen, dass wir unser Versprechen nicht mehr einhalten konnten", sagt Maximilian Heisler. "Deshalb mussten wir offline gehen."

Heisler, der auch im Verein Bündnis bezahlbares Wohnen mitmischt, ist einmal als "Don Quijote des Wohnungsmarktes" bezeichnet worden. Das wird der Stadt voraussichtlich eher nicht passieren, wenn ihre geplante eigene Plattform zum Wohnungsleerstand online geht - und damit quasi auch die Arbeit des Teams von "Leerstand 089" weiterführt.

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Eine solche Internetseite aufzubauen, sieht eine Beschlussvorlage des Sozialreferats vor, über die am Donnerstag der Sozialausschuss des Stadtrats entscheidet. Neben Leerständen sollen die Münchner auf der Plattform künftig auch Vermieter verpfeifen können, die Wohnungen zweckentfremden. Gemeint sind Apartments, die als Ferienwohnungen auf Portalen wie Airbnb angeboten werden, ohne dass sie für den Tourismus zugelassen sind. Aber auch den sogenannten Medizintourismus soll die Meldeplattform weiter eindämmen. Bei Medizintouristen handelt es sich um Patienten von außerhalb, oftmals aus dem arabischen Raum, die sich längere Zeit in München behandeln lassen und dafür Wohnungen anmieten. Deren Eigentümer können auf diese Weise weit mehr Geld verdienen, als wenn sie sie normal vermieteten.

"Wir prüfen den Vorschlag." So knapp hatte noch im Mai die damalige Sozialreferentin Brigitte Meier die von der SPD-Fraktion vorgebrachte Idee einer solchen Meldeplattform kommentiert, die in den Medien auch als Spitzelportal bezeichnet wurde. Nun werden offenbar Nägel mit Köpfen gemacht. Das Sozialreferat unter seiner neuen Chefin Dorothee Schiwy sieht eine solche Internetseite als "effektive, schnelle und unbürokratische Möglichkeit, ungenehmigte Nutzungen von Mietwohnungen oder unberechtigte Leerstände zu melden". Starten soll das Ganze Anfang 2018. So lang werde es dauern, die drei Stellen auszuschreiben und zu besetzen, die dafür geschaffen werden sollen, erläutert ein Sprecher des Sozialreferats.

Die Tippgeber sollen nach außen hin anonym bleiben können, ihre Namen erfahren nur die Behördenmitarbeiter. Die CSU werde den Beschluss mittragen, sagt Marian Offman, der sozialpolitische Sprecher der Fraktion im Stadtrat. Damit macht die Stadt, in der bezahlbarer Wohnraum überaus rar ist, einen weiteren Schritt in der Bekämpfung von Zweckentfremdung. Doch darüber, wie dies geschieht, ist mancher verwundert. Zum Beispiel das Team von "Leerstand 089", das im Vorfeld lange mit den Fraktionen und der Verwaltung im Austausch gestanden hatte.

Nun werde die Initiative mit keiner Silbe erwähnt, sagt Maximilian Heisler. In der Vorlage heißt es lediglich, man erkenne den Einsatz privater Initiativen für die Stadtgesellschaft an und sei zum fachlichen Austausch bereit. Alle über den Hinweis hinausgehenden Ermittlungstätigkeiten dürften allerdings "schon rein verfassungsrechtlich nur von Behörden selbst übernommen werden". Sprich: Heislers Wunsch, die Stadt möge einfach seine Plattform "Leerstand 089" bezuschussen, wird sich nicht erfüllen.

Dass die Pläne des Sozialreferats zu bürokratisch geraten, dass der Fokus zu wenig auf bürgerschaftlichem Engagement liegt, befürchtet auch der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Christian Müller. "Wir können nicht so tun, als sei das nur eine administrative Geschichte." Er erwarte "mehr Aktivität" vom Sozialreferat. Man sollte etwa mit Experten zusammenarbeiten, die sich mit dem Thema wissenschaftlich beschäftigen, aber auch die Öffentlichkeitsarbeit verbessern. SPD und CSU wollen im Sozialausschuss zudem einen gemeinsamen Ergänzungsantrag einbringen, der eine Kooperation mit dem Team von "Leerstand 089" vorsieht.

Er sei beim Lesen der Beschlussvorlage zwar erfreut gewesen, dass sein Projekt "einen Impuls setzen" konnte, entgegnet Heisler auf die verklausulierten Formulierungen darin zum "Einsatz privater Initiativen". Bei den Plänen der Stadt fehlt seiner Meinung nach jedoch vor allem eines: Transparenz. Die Menschen wollten nicht nur Informationen abgeben, sondern auch erfahren, was aus der jeweiligen Angelegenheit geworden ist. "Dass dies auf einer städtisch integrierten Plattform rechtlich nicht machbar ist, können wir nachvollziehen", schreiben er und seine Mitstreiter in einer Stellungnahme. Ihre Expertise wollen sie der Stadt dennoch weiterhin andienen. Sie hätten sich immer als Bindeglied zwischen Bürgerschaft und Politik verstanden. "Genau hier würden wir gerne weitermachen."

© SZ vom 12.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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