Zelt- und Containerdorf auf dem Schulsportplatz:Keine andere Wahl

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Auf dem Sportplatz des Camerloher-Gymnasiums sollen bald Container für Asylbewerber stehen. (Foto: Marco Einfeldt)

Freisings Landrat rechtfertigt den Bau einer Sammelunterkunft an der Wippenhauser Straße. Ohne diese Maßnahme kann der Landkreis die ihm zugewiesenen Flüchtlinge nicht unterbringen. Die Schulleiterin des Camerloher-Gymnasiums wirbt um Akzeptanz.

Von Peter Becker, Freising

Es führt kein Weg dran vorbei: Weil die Regierung von Oberbayern dem Landkreis Freising künftig 37 Asylbewerber pro Woche zuweist - das entspricht etwa 150 Personen im Monat - soll demnächst auf dem Sportplatz des Camerloher-Gymnasiums ein Containerdorf für Flüchtlinge entstehen. Das hat Landrat Josef Hauner am Dienstag während eines Pressegesprächs im Landratsamt bestätigt.

Etwa 300 Asylbewerber sollen dort in Thermozelten und Wohncontainern eine Bleibe finden. Bis voraussichtlich zum 1. Juli soll zudem die Turnhalle an der Wippenhauser Straße zur dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen ausgestattet sein. Zunächst ist daran gedacht, 120 Personen ein Dach über dem Kopf zu bieten. Maximal finden hier 250 Flüchtlinge Platz.

"Wir haben den Zugriff und es liegt zentral"

"Eine einschneidende Maßnahme", kommentierte Landrat Hauner den Entschluss im Hinblick auf den Schul- und Vereinssport, der auf den Anlagen und in der Turnhalle stattfindet. "Uns bleibt aber keine andere Wahl", betonte Hauner angesichts der zu erwartenden Flüchtlingszahlen. Das Gelände gehöre dem Landkreis. "Wir haben den Zugriff und es liegt zentral", fügte er hinzu.

Spätestens in drei Jahren muss das "Containerdorf" wieder weichen. Dann soll der dort geplante Bau der neuen Freisinger Berufsschule beginnen. Was die Turnhalle an der Wippenhauser Straße betrifft, ist nicht absehbar, wie lange sie als Unterkunft für die Flüchtlinge dienen muss.

Schulleiterin Andrea Bliese war am Dienstag wegen der laufenden Abiturprüfungen nicht erreichbar. Auf der Facebook-Seite der SZ Freising versichert sie aber: "Selbstverständlich wird keine einzige Stunde Sport am Camerloher ausfallen."

Schulleiterin Andrea Bliese unterstützt die Entscheidung

Die Schule verfüge neuerdings über drei Sporthallen und die Zusage, externe Außenanlagen nutzen zu können. Und Bliese wirbt um Verständnis: "Wir haben großen Respekt vor den Menschen, die ihr Heimatland unter furchtbarsten Umständen verlassen mussten", unterstützt sie die Entscheidung des Landratsamts. "Sie müssen unterkommen, und es ist schlicht nicht tragbar, wenn jeder sagt: Natürlich muss Deutschland aufnehmen, aber bitte nicht vor meiner Haustür!"

Das Landratsamt lässt in der Turnhalle an der Wippenhauser Straße Betten aufstellen, die später auch in den Zelten und Containern verwendet werden können. Ein Cateringzelt steht für die Versorgung der Flüchtlinge zur Verfügung. Diese können die Sanitäranlagen im Gebäude benutzen. Zusätzlich werden Sanitärcontainer aufgestellt. Das Landratsamt wird für das Containerdorf einen Sicherheitsdienst beauftragen.

Die Regierung duldet nicht, dass Freising in Verzug ist

Letztlich hat die Regierung von Oberbayern den Landkreis Freising in die Bredouille gebracht. Sie will nicht länger dulden, dass die Freisinger bei der Zahl der unterzubringenden Flüchtlinge seit Jahresbeginn in Verzug sind. Nach Rechnung der Regierung sollte der Landkreis bis Ende April 858 Asylbewerber aufgenommen haben. Tatsächlich sind derzeit 807 Flüchtlinge untergebracht.

Diese Zahl lässt die Regierung so aber nicht gelten. Für sie sind nur 747 Personen quotenrelevant, denn 60 weitere sind so genannte "Fehlbeleger". Das sind anerkannte Asylbewerber, die weiter in den dezentralen Unterkünften wohnen, obwohl sie ausziehen müssten. Auf dem freien Markt finden diese Menschen keine Wohnung. Der Landkreis duldet ihr Bleiben, weil sie sonst obdachlos würden.

Mit 169 Flüchtlingen im Rückstand

Ende April war der Landkreis bei der Unterbringung von Flüchtlingen mit 169 Personen im Rückstand. Bis zum Ende des Jahres sollen laut Prognose der Regierung 1563 Asylbewerber in und rund um Freising leben. Es fehlen also nach Berechnungen des Landratsamts etwa 816 Unterkunftsplätze. Diese Zahl wiederum reduziert sich auf 612, weil der Landkreis Verträge für Unterkünfte abgeschlossen hat, die demnächst Flüchtlinge beziehen können.

54 Unterkünfte hat das Landratsamt derzeit für Flüchtlinge gemietet. Man sei weiter auf der Suche nach Immobilien, so Hauner. Ohne große Gemeinschaftsunterkünfte wird der Kreis seine Quote nicht erfüllen können, doch bis diese genehmigt und hergerichtet sind, dauert es eine Weile.

Am Freisinger Bahnhof passiert vorerst nichts

Stillstand scheint derzeit bei der geplanten Anlage am Freisinger Bahnhof zu herrschen. In Zolling hat das Landratsamt auf dem Hörhammer-Gelände eine Unterkunft für etwa 150 Menschen im Visier. Die Genehmigung scheint nur Formsache zu sein. "Der Gemeinderat steht zu seinem Wort", versicherte Hauner.

Der Investor will die Wohnanlage noch vor Weihnachten bezugsfertig machen. Der Bauausschuss der Stadt Moosburg hat am Montag eine Unterkunft für 150 Personen im Gewerbegebiet genehmigt. Vom 1. Juli an stehen im einstigen Normstahlgebäude bei Wang 54 Plätze zur Verfügung. 55 weitere Menschen sollen bald in eine Unterkunft an der Kesselbodenstraße in Allershausen einziehen können.

© SZ vom 10.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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