Vandalismus:Wenn der Kandidat auf der Lauer liegt

Lesezeit: 2 min

Kaputte oder verschmierte Plakate gehören für die Parteien zum Alltag. Die Arbeit damit haben die ehrenamtlichen Helfer. (Foto: Marco Einfeldt)

Vor allem AfD und CSU haben mit zerstörten oder verschmierten Wahlplakaten zu tun. Der SPD-Kreisvorsitzende Peter Warlimont hat einem hartnäckigen Schmierer aufgelauert - und ihn ertappt.

Von Laura Dahmer, Freising

Wenn der freundlich lächelnde Landtagskandidat auf seinem Foto plötzlich Monobraue trägt oder statt dem gestern aufgestellten Wahlplakat nur noch ein Holzpflock steht, dann hat er wieder zugeschlagen - der gemeine Plakat-Vandale. Vom einen belächelt, vom anderen verachtet, ist er eine Begleiterscheinung jedes Wahlkampfes. Auch die Freisinger Direktkandidaten schlagen sich kurz vor der Landtagswahl damit herum.

"Dass jemand auf meinem Gesicht herumschmiert, stört mich gar nicht so - das gehört eben dazu, wenn man sich zur Wahl stellt. Mich ärgert es eher für unsere ehrenamtlichen Helfer", beklagt Grünen-Kandidat Johannes Becher. Peter Warlimont (SPD) sieht das ähnlich: "Vielen ist einfach nicht bewusst, dass sie anderen damit unnötige Arbeit machen." Denn am Ende sind es die Wahlhelfer, die ständig kontrollieren und bei Bedarf nachplakatieren müssen. Jens Barschdorf (FDP) erspart seinen Helfer diese Zeit gerne. "Wenn die Beschmierungen nicht so schlimm sind, lassen wir die Plakate zum Teil einfach stehen", erzählt er. Auch sonst nimmt der Direktkandidat den Vandalismus eher mit Humor - erst kürzlich hat er eine der Schmierereien als temporäres Facebook-Profilbild genommen. Dazu der Kommentar: "So wollte ich schon immer gesehen werden."

Mit weniger Humor nimmt das die AfD. Ihre Wahlplakate werden, so Kreisvorsitzender Johannes Huber, täglich gestohlen, verschmiert und zertreten: "Das ist umso schlimmer, weil wir auf Plakate angewiesen sind. Unsere politischen Gegner versuchen immer wieder, uns die Plattformen zu nehmen. Wenn man dann noch unsere Plakate zerstört, ist das kein fairer Wettbewerb mehr." Die Partei erstattet deshalb jedes Mal Anzeige, erst kürzlich wurde der Landeswahlleiter informiert. Auch finanziell schlägt der Vandalismus zu Buche: "Mit Transport, Material- und Personalkosten rechne ich mal mit 25 Euro pro Plakat. Davon werden jeden Tag etwa zehn zerstört, und das über sechs Wochen Wahlkampf", überschlägt Huber. "Wie viel da zusammenkommt, kann man sich ausrechnen."

Auch bei der CSU wird täglich teuer neu plakatiert. Auf mehrere Tausend Euro schätzt Landtagsabgeordneter Florian Herrmann den Sachschaden. Für ihn ist klar: "Plakatvandalismus ist keine veredelte Form der Zivilcourage, sondern eine politische Straftat." Er pocht auf Anstand und politische Kultur. "Ich muss das Gesicht von Wettbewerbern aushalten. Und kann auch niemanden mundtot machen, wenn ich sein Foto mit Gesicht nach unten auf die Straße trete." Dass vor allem AfD und CSU von Beschädigungen und Diebstählen betroffen sind, kann das Polizeipräsidium Oberbayern Nord bestätigen. So richten sich die bislang bekannten Fälle mit mutmaßlicher politischer Motivation überwiegend gegen die beiden Parteien.

Peter Warlimont hatte es mit einem besonders hartnäckigen Vandalen zu tun. "Ein Herr hat ganz gezielt immer wieder dasselbe Plakat überklebt. Wir haben es jedes Mal erneuert, kurze Zeit später war es wieder beklebt. Da haben wir uns auf die Lauer gelegt", erinnert er sich. Und den Übeltäter prompt erwischt. "Wir sind ihm im Auto hinterher und haben die Polizei verständigt." Die nahm den Vandalen fest, er muss sich nun der Sachbeschädigung verantworten. Grund für seine Hartnäckigkeit: "Offensichtlich hatte er etwas gegen die GroKo. Das ist in Ordnung, ich liebe sie auch nicht - Sachbeschädigung rechtfertigt das trotzdem nicht", stellt der SPD-Vorsitzende fest. Aus diesem Grund erstattet seine Partei bei jeder Beschädigung Anzeige gegen Unbekannt. Mit wenig Aussicht auf Erfolg, denn die Polizei kann nach der Anzeige nur Nachbarn befragen und Überwachungsvideos auswerten.

Das alles sind Probleme, die Benno Zierer (Freie Wähler) nicht hat: "Nur ein einziges Wahlplakat ist bisher verschwunden, ein paar wurden beschädigt", bemerkt er. Als Grund vermutet er den Standort: "Ich habe sie in diesem Jahr nicht ganz so aufdringlich platziert. Scheinbar animiert das weniger." Wenn es dann doch passiert, nimmt Zierer die Plakate mit nach Hause, neue stellt er nicht auf. "So kurz vor der Wahl haben sie ihren Zweck erfüllt. Ich glaube sowieso nicht daran, dass Plakate großen Einfluss auf den Wähler haben."

© SZ vom 05.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: