Übergriffe gefilmt:Rentner soll Mädchen schwer missbraucht haben

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Der 72-Jährige sagt vor Gericht aus, er sei der heute Zehnjährigen "verfallen", er hat sie regelmäßig daheim abgeholt

Von Alexander Kappen, Landshut

Rund ein halbes Dutzend Pressefotografen und Kameraleute wartet am Mittwochmorgen bereits im Sitzungssaal 1 des Landshuter Landgerichts auf den Angeklagten, als dieser um kurz vor neun Uhr von zwei Polizisten hereingeführt wird. Er trägt schlichte, blaue Gefängniskleidung und hält sich ein weißes Blatt Papier vors Gesicht. Das Medieninteresse ist groß, die Vorwürfe, die im Raum stehen, sind gewaltig. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 72-jährigen Rentner aus dem Landkreis Pfaffenhofen vor, ein heute zehnjähriges Mädchen aus dem Kreis Freising sexuell schwer missbraucht sowie vergewaltigt und die Übergriffe teilweise fotografiert und gefilmt zu haben.

Zum Prozessauftakt am Mittwoch macht der Angeklagte bereitwillig Angaben. Ruhig und klar erzählt er, wie er das Mädchen kennengelernt hat und ihm schließlich - wie er es darstellt - verfallen ist. Er gibt sich als jemand, der ohne Vorsatz in etwas hineingerutscht ist. Wegen eines spontanen Hauskaufs habe er als Rentner eine Stelle als Schulbusfahrer angenommen, um den Kredit abzahlen zu können. Er machte den Job schon fünf Jahre, als er im September 2016 die Tour der Zehnjährigen übernahm. Zunächst sei man aneinandergeraten, weil das Mädchen Unruhe im Bus verbreitet habe. Doch dann schlug es ins Gegenteil um. Der Angeklagte baute zu dem Mädchen ein freundschaftliches Verhältnis auf, half ihm bei den Hausaufgaben und traf es mit Zustimmung der Eltern zu weiteren Unternehmungen. "Es war nicht meine Absicht, mich damit zu erregen", sagt der 72-Jährige, "ich war fasziniert von ihrem Wesen und ihrer Schönheit, das hat mich gefangen". Ob er denn in sie verliebt gewesen sei, fragt der Vorsitzende Richter Theo Ziegler. "Wahrscheinlich muss ich das bejahen", antwortet der Angeklagte.

Das Verhältnis zu dem Mädchen, das er oft mit zu sich nach Hase brachte, entging auch seiner Frau und der erwachsenen Tochter nicht. "Sie haben nicht so positiv darauf reagiert und gesagt, dass das nicht normal ist", sagt der Angeklagte. Auf Drängen seiner Familie ging er zu einem Arzt, der ihm riet, "einen Cut zu machen". Der Angeklagte missachtete den Ratschlag. Als er im Herbst 2017 eine neue Tour bekam und nicht mehr der Fahrer des Mädchens war, kam er nach der Arbeit trotzdem regelmäßig zu ihm nach Hause und holte es ab. Im Bus und im Haus des Angeklagten kam es weiterhin zu Übergriffen.

Während der Verhandlung äußert der 72-Jährige sein "Bedauern, dass mir so was unterlaufen ist und ich das der Familie angetan habe". Andererseits räumt er die Vorwürfe in der Anklage nur teilweise ein. Intime Bilder und Videos habe er gemacht, das Mädchen im Schambereich berührt jedoch nicht, sagt er. Das Mädchen habe sich zudem häufig selbst ausgezogen und berührt und ihm Fragen gestellt, "weil sie an Aufklärung interessiert war".

Als im Gerichtssaal ein Video vorgeführt wird, in dem das Mädchen von einer Ermittlungsrichterin vernommen wird, stellt sich alles ganz anders dar. Die Zehnjährige zeichnet das Bild eines Mannes, vor dem sie Angst hatte. Der Angeklagte habe sie ausgezogen und berührt, "obwohl ich das nicht wollte". Die Initiative sei stets von ihm ausgegangen. Wenn sie sich gewehrt hätte, "wäre er böse geworden", er habe immer rumgeschrien und daheim Sachen rum geschmissen. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 27.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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