Tassilo:Geschichten erzählen mit der Kamera

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Johannes Lesser, Fotografiestudent aus Freising, ist für den Tassilo-Kulturpreis der Süddeutschen Zeitung nominiert. "Bilder bleiben hängen", sagt er, deshalb schätzt er das Medium ganz besonders. Ausgestellt hat er auch schon - eine Fotostrecke zum Widerstand gegen den Bau einer dritten Startbahn

Von Maike Velden, Freising

"Das hat angefangen so 2013 oder 2014. Alle meine Freunde waren im Urlaub oder unterwegs, ich hatte nichts zu tun. Meine Mutter meinte dann zu mir, ich kann ja mal ein paar Bilder fotografieren, das habe ich dann auch gemacht und bin dabei geblieben", erzählt Johannes Lesser. Der Münchner Student ist für den Tassilo-Kulturpreis der Süddeutschen Zeitung nominiert und fotografiert leidenschaftlich gern.

"Fotografieren hat direkt Spaß gemacht, die Bilder sind schnell besser geworden, auch das Feedback war gut", sagt Lesser. Angefangen hat er mit einem iPhone 4, jetzt arbeitet er mit einer Profikamera. Begonnen habe er vor allem mit Landschaftsfotografie. "Die Landschaften laufen nicht weg, wie das bei wilden Tieren oder so ist. Da kann man sich dann Zeit nehmen, aber Tiere bewegen sich. Die kann ich nicht so anweisen wie Menschen", sagt der Freisinger Fotograf und lacht. "Ich habe mir alles selber beigebracht, vor allem durch Youtube, aber auch weil ich mir Bilder von anderen Fotografen angeschaut habe. Dann habe ich mich gefragt, wie die zu dem Ergebnis gekommen sind."

Ganz viel sei ausprobieren und noch mal ausprobieren. Seine Freundinnen und Freunde müssen regelmäßig als Models herhalten, denn Johannes Lesser hat seine Kamera oft dabei. "Die finden das aber gar nicht schlimm, oft springen schöne neue Profilbilder oder so dabei raus." Manchmal passiert es aber doch, dass die Kamera daheim bleibt, vor allem weil sie relativ unhandlich ist. "Dann ärgere ich mich oft, dass ich sie nicht dabei habe. Generell ärgert man sich andauernd, wenn man irgendwo unterwegs ist oder im Zug sitzt. Ich würde dann gerne einfach mittendrin aussteigen, weil das schöne Stellen zum Fotografieren sein könnten und man sich denkt: Ja, jetzt wär's perfekt."

Johannes Lesser schwört auf seine Kamera: "Es kann schon sein, dass die Handys von heute tolle Bilder machen, aber die Kamera fängt Momente immer besser ein, da bin ich traditionell unterwegs", sagt er - auch weil er in der Regel nicht das neueste Handymodell habe. Was reizt Johannes Lesser an der Fotografie und daran, Momente in Bildern festzuhalten? "Fotografie ist eine wunderbare Möglichkeit, Stimmungen einzufangen. Man kann Geschichten erzählen oder aufschreiben, aber Bilder sagen viel mehr aus. Egal welches Event oder welcher Moment, Bilder bleiben hängen", schwärmt Lesser von seinem Hobby. Mit Bildern und einer Kamera könne man außerdem extrem viel machen, auch in der Nachbearbeitung. Vor allem die Landschaftsfotografien erhalten im Nachgang noch einen Feinschliff. "Dann kann ich die Bilder so erzeugen, wie ich sie in dem Moment empfunden habe, Geschichten zeigen und auf Dinge aufmerksam machen."

Mit der Landschaftsfotografie hat Johannes Lesser begonnen. (Foto: Johannes Lesser)

Was als Hobby begonnen hat, nimmt mittlerweile 60 bis 70 Stunden pro Woche in Anspruch. "Ich würde es nicht mehr nur ein Hobby nennen. Ich habe schon den Wunsch, damit Geld zu verdienen und studiere auch an der Hochschule München Fotodesign im Bachelor."

Wohin es nach dem Abschluss konkret gehen soll, weiß Johannes Lesser aber noch nicht. Eine Fotostrecke zum Widerstand gegen den Bau einer dritten Startbahn am Flughafen, die bei einem Uniprojekt entstanden ist, wurde bereits zwei Mal ausgestellt. Auch als studentische Hilfskraft hat Lesser schon fotografiert und in seinem Praxissemester Bilder im Auftrag anderer geschossen. "Auf jeden Fall möchte ich weiter Geschichten erzählen auch nach dem Bachelor", erzählt er. Der Fotografiestudent überlegt, sich im Bereich Sportfotografie zu spezialisieren und auch "mehr mit Menschen" zu machen.

"Die Landschaften laufen nicht weg, wie das bei wilden Tieren oder so ist. Da kann man sich dann Zeit nehmen, aber Tiere bewegen sich. Die kann ich nicht so anweisen wie Menschen", sagt Johannes Lesser über seine Arbeit. (Foto: Johannes Lesser)

Im Sportbereich hat er auch sein Praxissemester gemacht, was ihm viel Spaß bereitet hat. Wenn Johannes Lesser vor einem neuen Projekt steht, ist die Hürde meistens, loszulegen und einen roten Faden zu finden. "Fotografisch habe ich meistens nicht das Problem, aber es ist immer schwer, wenn ein Projekt am Anfang steht."

Über die Nominierung für den Tassilopreis habe er sich sehr gefreut. "Ich war sehr überrascht, das ist großartig. Ich wusste gar nichts davon und habe mich riesig gefreut", erzählt der leidenschaftliche Fotograf. Warum er den Preis verdient habe? "Es ist extrem schön, dass sich die Jahre, die ich in die Fotografie gesteckt habe, vielleicht bezahlt machen. In meiner Arbeit und meinen Bildern steckt viel Herzblut drin, das wäre eine schöne Anerkennung. Aber ob ich den Preis jetzt mehr als andere verdient habe, weiß ich nicht", sagt der Student. Das Preisgeld wäre eine gute Rücklage für seine bevorstehende Bachelorarbeit. "Ich werde nächstes Jahr mit der Uni fertig und würde gerne ein Thema fotografieren, was etwas fordernd ist." Seine Hoffnung:" Wenn man wieder reisen kann vielleicht auch im Ausland."

Wenn Sie eine Kandidatin oder einen Kandidaten für den SZ-Kulturpreis vorschlagen wollen, schreiben Sie bitte bis zum 30. April eine E-Mail an lkr-freising@sz.de oder tassilo@sz.de.

© SZ vom 10.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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