Suchtprobleme:Die Strafe als Chance

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28-Jähriger gerät nach Drogenkonsum außer Kontrolle. Das Schöffengericht verurteilt ihn zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr ohne Bewährung und ordnet die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an

Von Alexander Kappen, Moosburg

Es gehe ihm blendend, versicherte der Angeklagte. Von irgendwelchen psychischen Problemen könne keine Rede sein. Die Gutachten und ärztlichen Diagnosen, die Vorsitzender Richter Manfred Kastlmeier in der Schöffensitzung des Freisinger Amtsgerichts vorlas, besagten jedoch etwas ganz anderes. Der 28-jährige Angeklagte, der vergangenen November in Moosburg in der Wohnung seiner Eltern mit synthetischen Cannabinoiden erwischt worden ist und sich wegen Drogenbesitzes in nicht geringer Menge verantworten musste, habe ein massives Drogen- und Alkoholproblem und leide unter paranoider Schizophrenie, hieß es da.

"Sie sind krank, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen", sagte der Richter dem Angeklagten, der schon mehrmals im Bezirkskrankenhaus Taufkirchen war. Unter Verschiebung des Strafrahmens, weil eine verminderte Steuerungsfähigkeit angenommen werden musste, verurteilte das Gericht den gebürtigen Moosburger zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr ohne Bewährung und ordnete die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Er solle die Entziehung "nicht als Strafe, sondern als Chance sehen", sagte der Richter.

Eigentlich war die Polizei an besagtem Novembertag wegen eines Streits ins Elternhaus des Angeklagten gekommen. Der Vater habe die Beamten wegen der Auseinandersetzung mit seinem Sohn, der zu Besuch da war, gerufen, sagte ein Polizist in der Verhandlung aus. Der Angeklagte habe wild gestikuliert und herumgeschrien. Ein Gespräch mit ihm zu führen, sei nicht möglich gewesen. Unter größten Anstrengungen konnten die Polizisten den Angeklagten, der wegen früherer Vorkommnisse bereits eine Betreuerin hat, fixieren und in den Streifenwagen bringen. Auf die Frage, warum ihr Sohn sich so verhalte, "haben die Eltern gesagt, dass es mit Drogen zu tun haben könnte", so der Polizist. Die Beamten durchsuchten das Jugendzimmer des 28-Jährigen und fanden die Drogen mit einem Wirkstoffgehalt von 5,6 Gramm. Die Grenze für nicht geringe Mengen liegt bei der gefundenen Substanz bei einem Gramm.

Die Geschichte des Angeklagten, wie er zu den Drogen gekommen sei, bezeichnete dies Staatsanwältin als "abenteuerlich". Er habe den Beutel auf dem Weg zu einem Moosburger Supermarkt "in einem Laubhaufen gefunden", sagte er. Und weil er von seiner Mutter so erzogen worden sei, auf den Boden geworfene Sachen nicht einfach dort liegen zu lassen, habe er den Beutel mitgenommen. "Für wie blöd halten Sie mich eigentlich", fragte der Richter. Der wegen einiger Bagatelldelikte Vorbestrafte habe eine "hochgefährliche Droge besessen", so der Richter. "Die Bezirkskrankenhäuser seien "voll mit Leuten, die solche Kräutermischungen im Internet bestellen, dann aufwachen und Psychosen haben - manche sind sogar daran gestorben".

© SZ vom 19.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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