Sondersitzung:Noch viel Luft nach oben

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Die Kläranlage in Moosburg kann den Anschluss weiterer 4000 bis 5000 Haushalte nach Auskunft der kaufmännischen Geschäftsführerin Angela Hagl "locker" verkraften. Problem ist nach wie vor das löchrige Kanalnetz.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Wer denkt, die Moosburger Kläranlage sei nur dazu da, um Abwasser zu reinigen, der hat sich getäuscht. In Wahrheit sei sie nämlich auch "der größte Zoo der Stadt", sagte Michael Huber, technischer Geschäftsführer der Kläranlage GmbH, am Montagabend in einer Sondersitzung des Stadtrats auf dem Betriebsgelände. Er spielte auf so illustre Gesellen wie Glockentierchen, Weidegänger, Sauginfusorien oder Bärtierchen an - Bakterien, deren Fähigkeit, die organischen Stoffe des Abwassers mehr oder weniger vollständig abzubauen, man sich bei der biologischen Abwasserreinigung zunutze macht.

Die Stadträte waren freilich nicht nur gekommen, um etwas über die "Millionen von Tierchen" zu erfahren, die dem Kläranlagenpersonal bei seiner täglichen Arbeit helfen. Huber und die kaufmännische Geschäftsführerin der GmbH, Angela Hagl, gaben einen umfassenden Überblick über den aktuellen Zustand des Betriebs, die Abläufe und verschiedenen Tätigkeitsfelder sowie das Kanalnetz, dessen Sanierung das Personal auf Trab hält.

Bei der Gasgewinnung ist man weltweit an der Spitze dabei

Die Moosburger Kläranlage ist für 50 000 Einwohner ausgelegt, derzeit seien etwa 19 100 angeschlossen, so Huber. Täglich kommen dort rund 6650 Kubikmeter Schmutzwasser an. Die Betriebserlaubnis gilt noch 20 Jahre. Abgesehen von neuem Gewerbe, das man berücksichten müsse, könne die Anlage über das Kanalnetz "noch locker 4000 bis 5000 zusätzliche Haushalte" verkraften, meinte Angela Hagl auf Nachfrage von Drittem Bürgermeister Michael Stanglmaier (Grüne). Bei unsachgemäß übers Abwasser entsorgten Medikamenten und Mikroplastik stehe man noch "ganz am Anfang der Auswertung", sagte Huber auf Nachfrage. Vom Gesetzgeber sei noch nicht vorgeschrieben worden, das zu messen beziehungsweise heraus zu filtern. In Bezug auf das Mikroplastik "glaube ich schon, dass das noch ein Thema wird", prognostizierte Huber.

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Eine Besonderheit der Moosburger Kläranlage ist die Gasgewinnung im Faulturm. Dort werden dem Klärschlamm sogenannte Co-Substrate wie Speisereste oder Fettabfälle zugeführt. So werden täglich 5500 Kubikmeter Gas produziert. Mit dem Verfahren sei man "weltweit an der Spitze mit dabei, wir haben regelmäßig Besucher aus Australien oder Amerika, die sich dafür interessieren", berichtete Huber. Das gewonnene Gas wird von vier Blockheizkraftwerken verbrannt. So erzeugt man Strom und Wärme. Die Energie wird ins Nahwärmenetz eingespeist, zur Trocknung von Klärschlamm sowie zur Beheizung des Faulturms und des Betriebsgeländes genutzt. Durch eine Verfahrensänderung im Betriebsablauf sei die Kläranlage in Sachen Energie "mehr als autark", betonte Hagl.

Aus Klärschlamm kann begehrter Phosphor gewonnen werden

Die Annahme von Co-Substraten ist für die GmbH mit keinerlei Kosten verbunden. Im Gegenteil: "Wir stellen dafür Rechnungen und nehmen 35 Euro pro Tonne ein," sagte Hagl. Der Klärschlamm wird derzeit in eine Verbrennungsanlage gebracht. Es sei "problematisch, wo man ihn hinbringen kann, weil man ihn auch in der Landwirtschaft weniger als Dünger verwenden darf", sagte Huber. "Wir warten die Entwicklung ab. Ziel ist, dass irgendwann wer kommt, der uns den Klärschlamm abkauft", ergänzte Bürgermeisterin Anita Meinelt (CSU). Aus Klärschlamm kann Phosphor gewonnen werden, das am Markt begehrt sei, so Huber.

Die Sanierung des löchrigen Kanalnetzes, bei dem 2012 ein von außen eintretender Fremdwasseranteil in Höhe von 70 Prozent festgestellt worden war, hat zunächst keine großen Erfolge gezeigt. "2015 waren wir immer noch bei 70 Prozent", sagte Hagl. Das Netz war in zehn Sanierungsgebiete eingeteilt, deren Dringlichkeit geschätzt worden war. Durch den Aufbau eines Kanalkatasters samt Datenbank im eigenen Haus hat die Kläranlage das Konzept auf eine "Notfallsanierung" umgestellt. Es soll da zuerst saniert werden, wo tatsächlich die größten Schäden sind, um die vom Wasserwirtschaftsamt geforderte erhebliche Reduzierung des Fremdwasseranteils bis 2023 zu erreichen. Angewiesen ist man dabei auf die Bürger, die die Dichtigkeit auf ihren Grundstücken nachweisen müssen. Das sei oft ein zähes Geschäft, so Hagl. Es gibt in der Stadt 4000 Haushalte, "und wenn man im Jahr 300 schafft, ist das schon viel", so Meinelt.

© SZ vom 12.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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