Lehrerin einer Übergangsklasse:"Viel kann man nicht falsch machen"

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Hat sich freiwillig für die Arbeit in den Übergangsklassen gemeldet: Veronika Schilling (30). (Foto: privat)

Welche Erfahrungen Veronika Schilling als Lehrerin einer Übergangsklasse gemacht hat.

Interview von Gudrun Regelein, Freising

Veronika Schilling war vor drei Jahren die Lehrerin, die die Leitung der ersten Übergangsklasse im Landkreis übernahm. Es sei damals ein Sprung ins kalte Wasser gewesen, erzählt sie im Gespräch mit der SZ Freising. "Aber man lernt schnell schwimmen. Wenn man sich traut." In diesem Schuljahr unterrichtet die 30-Jährige an der Paul-Gerhardt-Schule 20 Schüler aus 13 Nationen im Alter von zwölf bis 17 Jahren.

SZ: Frau Schilling , weshalb übernimmt man so eine Aufgabe?

Veronika Schilling: Ich hatte damals im zweiten Halbjahr eine Portugiesin in meiner Klasse, die kein Deutsch konnte. Und machte mir Gedanken, wie man sie besser unterstützen könnte. Unser Landrat Josef Hauner, der damals noch Schulamtsdirektor war, hatte ziemlich zeitgleich die Idee zu einer Übergangsklasse, und ich wurde gefragt, ob ich diese übernehmen wolle. Und sagte zu.

Wie wurden Sie vorbereitet?

Ich hospitierte in bereits bestehenden Übergangsklassen in anderen Landkreisen und habe viel mit den dortigen Lehrkräften gesprochen. Eigentlich war es aber ein Learning by doing. Viel kann man aber gar nicht falsch machen: Die Schüler lernen alleine schon dadurch, dass sie zugucken.

Was sind die Unterschiede zum Unterricht in einer Regelklasse?

Die Differenzierung, die es in einer Regelklasse gibt, noch individueller anzubieten. Das langsame Lerntempo, da es viel mehr Erklärung bedarf. Und natürlich spielt neben dem sprachlichen Aspekt die Integration eine wichtige Rolle.

Und was ist die große Herausforderung?

Die große Heterogenität, die Sie in einer Übergangsklasse haben. Viele verschiedene Nationen, verschiedenes Alter, unterschiedliche Niveaus - manche Schüler haben noch nie eine Schule besucht, andere haben gute Vorkenntnisse. Dazu kommt eine ganz individuelle Vorgeschichte.

Ist Traumatisierung ein großes Thema?

Das Fortbildungsangebot gerade zu diesem Thema ist sehr groß. Und wir an der Mittelschule haben ein stabiles Netz an Sozialpartnern - wie Jugendamt, Caritas oder auch Nachbarschaftshilfe. Wenn ich denke, dass ein Schüler traumatisiert ist und Probleme hat, kontaktiere ich den Schulpsychologen am Schulamt.

Wünschen Sie sich manchmal in eine Regelklasse zurück?

Ich unterrichte dort noch einige Stunden - auch als Ausgleich. Aber ich habe so viele positive Erfahrungen gemacht, die kollegiale Unterstützung ist so groß, dass ich Rückschläge verkrafte. Natürlich bedeutet jeder Tag eine Herausforderung - ich beginne jeden mit einem Lächeln.

© SZ vom 21.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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