Prozess:Missbrauchsfall wird neu aufgerollt

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Weil der Bundesgerichtshof seinen Freispruch aufgehoben hat, steht ein 47-jähriger Freisinger zum zweiten Mal vor Gericht

Von Alexander Kappen, Landshut/Freising

Bereits zum zweiten Mal muss sich ein heute 47-jähriger Familienvater aus Freising vor dem Landgericht Landshut wegen des sexuellen Missbrauchs seiner ältesten Tochter verantworten. Ende September 2015 hatte die sechste Strafkammer des Landgerichts den Beamten freigesprochen, weil sie keine objektiven Beweise erkannt hatte. "Aber ein Fragezeichen bleibt stehen", sagte der Vorsitzende Richter Ralph Reiter damals. Es kam zur Revision, der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies den Fall zurück ans Landgericht, wo die vierte Strafkammer unter Vorsicht von Richter Theo Ziegler den Fall seit Mittwoch neu aufrollt. Laut Anklage soll der Freisinger das damals 14-jährige Mädchen 2007 und 2008 anlässlich einer Familienfeier in Heiligenstadt und in der gemeinsamen Wohnung in Freising insgesamt dreimal missbraucht haben. In einem Fall ist in der Anklageschrift von Beischlaf ähnlichen Handlungen und Vergewaltigung die Rede.

Der Angeklagte beteuerte am Mittwoch: "Nichts von dem ist zutreffend." Er führt die in seinen Augen unberechtigten Vorwürfe, wie er andeutete, auf eine Art Rosenkrieg mit seiner Frau zurück, von der er inzwischen geschieden ist. Diese hatte den Angeklagten im ersten Verfahren schwer belastet und ihn beschuldigt, auch zwei weitere Töchter missbraucht zu haben. Der Angeklagt stellte sich am Mittwoch als fürsorglicher Ehemann und Vater dar. Seine Frau habe ihm jedoch irgendwann offenbart, dass er - obwohl er alles für sie tue - nicht gut genug für sie sei. Nach Angaben des 47-Jährigen besprach seine damalige Frau die Probleme der Kinder mit diesen alleine und ließ ihn außen vor. Sie habe irgendwann damit begonnen, die Kinder gegen ihn aufzubringen.

Ob die heute 25-jährige Tochter, die im Prozess als Nebenklägerin auftritt, eine leibliche oder Adoptivtochter des Angeklagten ist, blieb etwas im Dunklen. Der Angeklagte, der in Kamerun geboren wurde und nun Deutscher ist, konnte es selbst nicht zu 100 Prozent sagen. Als er nach seiner Hochzeit 1996 mit seiner Ehefrau nach Kamerun geflogen sei, um sie seiner Mutter vorzustellen, habe diese ihm ein knapp vierjähriges Kind übergeben und gesagt: "Das ist eine Tochter." Sie sei das gemeinsame Kind von ihm und einer Ex-Freundin aus Studienzeiten. Diese habe er aber nicht erreichen können, so der Angeklagte. Jemand habe auch behauptet, es sei das Kind seiner Schwester, doch die habe das bestritten. Eine Geburtsurkunde habe ihn schließlich als Vater ausgewiesen. So nahm er das Kind mit nach Deutschland. Dort bekam der Angeklagte jedoch eine Anzeige wegen illegalen Einschleusens eines Kindes. Mit der vorgelegten Geburtsurkunde gab es wohl Probleme, so dass man ihm zur Adoption riet. Diese wurde schließlich auch genehmigt.

Seine Tochter habe in Deutschland dann mit Essstörungen gekämpft, sei auffällig gewesen und in Therapie gekommen. Später habe sie auch Drogenprobleme gehabt, sagte der 47-Jährige. Um das zu belegen, übergab er Fotos ans Gericht, auf denen nach seiner Aussage Spritzen und Erbrochenes zu sehen waren. Er vermutet die Ursachen für ihre Probleme in der frühen Kindheit des Mädchens: "Das Thema Afrika ist für sie eine schwarze Kiste, die sie nicht anfassen möchte, wenn man sie darauf anspricht, ist das wie ein Frontalangriff für sie - ich weiß nicht, was in Afrika damals war." Dennoch habe er versucht, das zu ergründen. So auch an einem Abend, als er sich auf die freie Doppelbetthälfte im Zimmer seiner Tochter gesetzt habe, die auf der anderen Seite gelegen sei. "Ich habe meine Hand auf sie gelegt und wollte über Afrika reden, aber sie hat geblockt und nicht reagiert". Er sei wieder gegangen, "das war nichts Besonderes". Später habe ihn seine Frau im Beisein der Tochter damit konfrontiert "und gesagt, ich hätte Grenzen überschritten". Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 18.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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