Prozess:Fahrer begrapscht Mädchen im Schulbus

Lesezeit: 2 min

Das Gericht glaubt der Aussage des 13-jährigen Opfers und verurteilt den Mann zu neun Monaten auf Bewährung

Von Alexander Kappen, Freising

Am Ende ging es darum, wem das Gericht mehr Glauben schenkt. Einem damals 13-jährigen Mädchen aus Freising, das angab, vergangenen November auf der Heimfahrt von der Schule vom Busfahrer unsittlich berührt worden zu sein - oder dem 46-Jährigen, der alles abstritt. Das Amtsgericht unter Vorsitz von Richter Boris Schätz verurteilte den Angeklagten am Mittwoch in einer Schöffensitzung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu neun Monaten auf Bewährung. Es sei "kein Grund ersichtlich, warum das Mädchen gelogen haben sollte", sagte der Richter.

Dem Mann war zur Last gelegt worden, das auf dem Beifahrersitz befindliche Mädchen von einer Gehörloseneinrichtung in München abgeholt und es im Fahren an der Brust und am Oberschenkel berührt zu haben. Laut Anklage soll er zudem seine Hose geöffnet und versucht haben, die Hand des Mädchens dort hin zu ziehen. Bei der Fortsetzung der Verhandlung wurde am Mittwoch der Kleinbus in Augenschein genommen. Dabei sollte geklärt werden, ob es von den Abmessungen des Fahrzeugs möglich war, das Mädchen derart zu berühren, wie dieses angegeben hatte.

Die Staatsanwältin war am Ende überzeugt, dass sich alles so zugetragen hatte. Der Angeklagte habe das Mädchen an dem Tag zum ersten Mal gefahren. "Es hatte also keinerlei Beziehung zu ihm und somit kein Motiv für eine Falschbelastung", so die Staatsanwältin. Das Mädchen habe keinerlei Belastungseifer gezeigt und sich selbst in die unangenehme Situation gebracht, bei der Polizei und vor Gericht aussagen zu müssen. So etwas mache man nicht einfach so. Wenn es in den Aussagen der 13-Jährigen Abweichungen gebe, sei das ein Beleg dafür, "dass sie sich nicht irgendeine Geschichte zurechtgelegt und diese dann immer wieder eins zu eins so wiedergegeben hat". Dass das Mädchen ihn nicht, wie vom Angeklagten gewollt, berührt habe, sei der erheblichen Gegenwehr geschuldet. Die Staatsanwältin beantragte eine Strafe von zwei Jahren und vier Monaten wegen sexuellen Missbrauchs und versuchter sexueller Nötigung.

Der Busfahrer hatte am ersten Verhandlungstag ausgesagt, das Mädchen sei sehr unruhig gewesen, habe wild gestikuliert und laute Rufe von sich gegeben. Irgendwann habe sie die Beine auf die Sitzbank neben dem Fahrersitz gelegt. Diese habe er wieder nach unten geschoben. Außerdem habe sie sein Handy genommen und ein Foto von ihm gemacht. Als das Handy geklingelt habe, habe er es ihr weggenommen.

Die Disponentin des Fuhrunternehmens, das den Angeklagten nach Bekanntwerden der Vorwürfe beurlaubt hat, sagte am Mittwoch als Zeugin, über den Angeklagten habe es zuvor nie Beschwerden gegeben. Von dem Mädchen wusste sie, "dass es nicht das ruhigste Kind war". Auf der Tour habe es wegen der 13-Jährigen schon mehrmals einen Fahrerwechsel gegeben, weil sie im Bus rumgelaufen, den Schulranzen geworfen oder mal eine Fahrerin geschubst habe. Die Fahrer habe man angewiesen, nur Kinder vorne sitzen zu lassen, wenn hinten kein Platz mehr ist. Das war an besagtem Tag offenbar nicht der Fall. Der Angeklagte gab vor Gericht an, das Mädchen habe darauf bestanden, vorne zu sitzen - er habe nachgegeben.

Der Verteidiger beantragte einen Freispruch. Im Strafrecht müsse man "zu 100 Prozent wissen, ob wer schuldig ist - wir können uns nicht mit Wahrscheinlichkeiten zufrieden geben". Hier sei der Tatnachweis nicht geführt. Das Mädchen habe sich in Widersprüche verstrickt. Dass der Angeklagte, verheiratet und Vater von vier Kindern, eine solche Tat begehe, sei unwahrscheinlich: "Man wusste, wer der Fahrer ist und wer das Mädchen ist - es war klar, dass er nie davon kommt, wenn er so was macht". Das Gericht war dennoch von seiner Schuld überzeugt. Abweichende Aussage des Mädchens seien auch darin begründet, dass im Gericht eine Gebärdendolmetscherin übersetzt habe und bei der Polizei die Schwester, die nicht der Gebärdensprache mächtig sei.

© SZ vom 23.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: