Protest gegen dritte Startbahn:Gewaltfrei, aber grenzwertig

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"Wir sind viel zu brav": Das Aktionsbündnis "Aufgemuckt" will nun die bundesweite Protestwelle für den Kampf gegen eine dritte Startbahn im Erdinger Moos nutzen.

Sabina Dannoura

Das Aktionsbündnis "Aufgemuckt" möchte erreichen, dass der Kampf gegen eine dritte Startbahn im Erdinger Moos überregional wahrgenommen wird. "Eine Protestwelle zieht durch Deutschland", sagte Helga Stieglmeier vom Sprecherrat mit Blick auf Stuttgart 21, Olympia 2018 und die Atompolitik. Der Widerstand gegen die Flughafenerweiterung müsse sich in diese Bewegung einreihen. Mitglieder kritisierten in der Versammlung am Donnerstagabend: "Wir sind viel zu brav." Auch Hartmut Binner, pensionierter Polizeibeamter, forderte "gewaltfreie, aber grenzwertige Aktionen".

Immer wieder hat "Aufgemuckt" in der Vergangenheit zu Aktionen gegen die dritte Startbahn im Erdinger Moos aufgerufen - jetzt will das Bündnis auf die bundesweite Protestwelle mit aufspringen. (Foto: Peter Bauersachs)

Über die lokalen Grenzen hinaus will das Bündnis Beachtung finden - und der Protest gegen Stuttgart 21 diente in der Diskussion durchaus als Vorbild. Da war allerdings noch nicht bekannt, dass die Konfrontation mit den Gegnern des Milliarden-Bahnprojekts eskaliert war.

"Ich distanziere mich von Steinewerfern, Menschen dürfen nicht zu Schaden kommen", versicherte Binner am Freitag, hielt aber ansonsten an seinen Aussagen fest: "Härtere Aktionen" seien notwendig - und er persönlich würde sich, sollte der erste Bagger für die dritte Startbahn anrollen, an einem Baum ketten. "Wir sollten nicht nur beten, sondern auch etwas Spektakuläres tun."

Stieglmeier hatte in der Versammlung den Startschuss für eine Debatte gegeben, wie die bundesweite Protestwelle genutzt werden könne. Auch bei Stuttgart 21, so zog die "Aufgemuckt"-Sprecherin einen Vergleich, gehe es um ein "irrsinnig teures Prestigeprojekt, das gegen die Bürger durchgedrückt wird". Ziel müsse es sein, ebenfalls "in Talkshows zu kommen". Dafür müssten die Startbahngegner "die Münchner" für ihr Anliegen gewinnen. Als weitere Stoßrichtung nannte Stieglmeier die politischen Entscheidungsträger in der Landeshauptstadt, vor allem die SPD-Fraktion.

Für nicht vergleichbar hält Georg Kölbl das Bahnprojekt in Stuttgart: Dafür lägen alle Genehmigungen längst vor, die Bürger dort seien "eingeschlafen" gewesen - bis jetzt "Matthäi am Letzten" sei. Dennoch sprachen sich weitere Vertreter von Bürgerinitiativen für auffallende Aktionen aus. Vereinbart wurde ein Treffen an einem Samstagnachmittag, um die Vorschläge zu besprechen und auch Ideen "für den Tag X" zu sammeln - den Tag, an dem die Regierung von Oberbayern den Planfeststellungsbeschluss verkündet.

Aktionsbündnis im Gespräch mit Seehofer

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Christian Magerl glaubt, dass im ersten Halbjahr 2011 mit der Baugenehmigung für die dritte Piste zu rechnen sei. Gleichzeitig betonte er: Die Flughafen München GmbH (FMG) habe das für Sommer angekündigte Finanzierungskonzept noch immer nicht vorgelegt - und ohne Prüfung des Finanzierungsplans könne es seines Erachtens keinen Planfeststellungsbeschluss geben.

Zur finanziellen Situation der FMG sagte er: Diese habe ihre Verbindlichkeiten "nicht dramatisch" abgebaut und einschließlich des Gesellschafter-Darlehens noch mehr als zwei Millionen Euro Schulden.

Aufgemuckt-Sprecher Karlheinz Reingruber erinnerte an die von Ministerpräsident Seehofer gemachte Zusage bei einem Treffen im Mai: Wenn die Baugenehmigung vorliege, müsse der Airportausbau noch von Kabinett und FMG-Gesellschaftern beschlossen werden; vorher aber wolle Seehofer das Aktionsbündnis nochmals zum Gespräch einladen.

© SZ vom 02.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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