Pressegespräch in Moosburg:Das Maß ist voll

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Der Stammtisch für Völkerverständigung geht wegen ständiger Anfeindungen von rechts an die Öffentlichkeit.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Bereits vor ein paar Jahren haben rechte Umtriebe in Moosburger Facebook-Gruppen für Schlagzeilen gesorgt. In der Öffentlichkeit haben sich die Wogen inzwischen zwar ein wenig geglättet. Aber die Hetze im Netz "hat sich fortgesetzt und teilweise sogar verschlimmert", sagt Josef Birnkammer. Er ist Mitglied eines Stammtischs engagierter Moosburger, der sich seit zehn Jahren jeden Freitag trifft und für Völkerverständigung und den sozialen Frieden in der Stadt eintritt. Die Mitglieder sind teilweise in der Flüchtlingshilfe aktiv und kämpfen gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit sowie Neonazismus - und werden deshalb in den sozialen Netzwerken angefeindet.

Um sich dagegen zu wehren und die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, luden Birnkammer, Reinhard Kastorff, Klaus Reichel, Johann Reif, Erwin Girbinger, Winfried Held und Hans-Günter Reither am Freitag zu einem Pressegespräch. Konkreter Auslöser waren Leserbriefe in der Moosburger Zeitung, in deren Folge sie im Netz als "Schande für Moosburg" bezeichnet wurden. Obwohl sie früher viel schlimmere Kommentare bis hin zu Bedrohungen über sich ergehen lassen mussten, war für die Mitglieder des Stammtischs jetzt das Maß voll.

"Ich bin stocksauer und beleidigt"

Er habe als Politiker und Ehrenamtler "viel für die Stadt gemacht", deshalb habe ihn die Bezeichnung als "Schande für Moosburg" sehr getroffen, sagte Klaus Reichel: "Ich bin stocksauer und beleidigt." Reinhard Kastorff, seit Jahren in der Flüchtlingshilfe engagiert, wurmt es, dass so eine Bezeichnung von "Menschen kommt, die man noch nie im Leben getroffen hat und die noch dazu aus Freising kommen". Winfried Held sprach von "feigen Typen, die in asozialen Netzwerken schreiben". Und das auch noch anonym. Man habe den Urheber des "Schande-für-Moosburg"-Posts, der unter dem Namen "Billy Seepferdchen" schrieb, jedoch enttarnen können, so Birnkammer. Es handele sich um "Wilhelm Seefried, Schriftführer der Landkreis-AfD".

Birnkammer verwies auch auf Posts auf Facebook-Seiten des Moosburger AfD-Bürgermeisterkandidaten Gerhard-Michael Welter. Er verteilte ausgedruckte Screenshots, etwa mit einem von Welter geposteten Ziegelstein mit dem Text: "Teile diesen Ziegelstein, wenn du jemanden kennst, dem du ihn gerne in die Fresse hauen würdest." In einem anderen Post wurde ein Link geteilt mit dem Text: "Historiker sicher: Frankreich drängte Deutschland in den Krieg - aus Rache." Da müsse man sich "fremdschämen", sagte Johann Reif, "was sollen da die Leute in unserer französischen Partnerstadt Bry-sur-Marne denken?"Die Gruppe um Welter, so Birnkammer, "hat seit einem halben Jahr Kreide gefressen, aber sie haben jetzt andere Leute, die für sie auf Facebook in Moosburg Stimmung machen". Und "die Leute wollen in Wirklichkeit nicht einen Bahnhof über den Gleisen oder eine zweite Isarbrücke bauen, sondern was ganz anderes", sagte er in Anspielung auf die jüngsten AfD-Vorschläge.

Anfeindungen gibt es auch in der Realität

Anfeindungen sind die Stammtischmitglieder nicht nur im Netz, sondern auch in der Realität ausgesetzt. Birnkammer hatte schon Reichsbürgerpost in seinem Briefkasten. Flüchtlingshelfer Ludwig Girbinger berichtete, ihm sei auf offener Straße zugerufen worden, man solle ihn mit den Flüchtlingen deportieren. "Und dann auch noch die Drohungen und so weiter im Netz", so Girbinger, "dagegen wehre ich mich".

© SZ vom 18.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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