Personal für Flüchtlinge:Wo sollen all' die Pädagogen hin?

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"Da wird einem übel", sagt Kreisrätin Anita Meinelt angesichts der Personalkosten: Rund 100 Stellen zur Betreuung von Asylbewerbern sollen binnen zwei Jahren am Landratsamt entstehen. Doch was ist, wenn die Flüchtlinge ausbleiben?

Von Peter Becker, Freising

Das war noch nie da: Etwa 100 neue Stellen entstehen binnen zwei Jahren am Freisinger Landratsamt. Geschuldet ist diese Stellenmehrung in der Hauptsache der Betreuung der Asylbewerber in den Unterkünften des Landkreises. Angesichts der steigenden Personalkosten von 21 Millionen Euro 2015 auf 26 Millionen im laufenden Haushaltsjahr bekannte Kreisrätin Anita Meinelt freimütig in der Haushaltssitzung des Kreisausschusses des Kreistags am Donnerstagvormittag: "Da wird einem übel." Nicht nur ihr bereitet Sorgen, was der Landkreis beispielsweise mit den angestellten Sozialpädagogen anstellen soll, wenn diese wegen ausbleibender Flüchtlinge nicht mehr gebraucht werden.

Entzündet hatte sich die Debatte mit Blick auf die Schuldenentwicklung des Landkreises bis zum Jahr 2019. Etwa 114 Millionen Euro hatte Kämmerer Gerhard Six angesichts der Investitionen in den Bildungssektor und den Straßenbau in Aussicht gestellt. Bewusst pessimistisch, wie er betonte. Doch selten wird etwas so heiß gegessen wie es gekocht wird.

Landrat Hauner und Kämmerer Six erwarten keine dramatische Schuldenentwicklung

Landrat Josef Hauner (CSU) und Six sind eigentlich davon überzeugt, dass die Entwicklung der Schulden sich weitaus weniger dramatisch ausnehmen wird als prognostiziert. Sie verfügen über den gleichen Erfahrungsschatz wie Brigitte Niedermeier (Freie Wähler). In ihrer 20-jährigen Zugehörigkeit zum Kreistag habe sie erlebt, wie sich Vorhersagen immer wieder relativierten. Beispielsweise komme es bei Bauvorhaben immer wieder zu Verzögerungen. Termine verschieben sich, und damit ebenso die Fälligkeit von Zahlungen. Sie sieht die Prognose von Six deshalb als Hinweis, "sorgfältig mit dem Geld umzugehen".

Die 100 zusätzlichen Stellen, die am Landratsamt bereits entstehen oder im laufenden Jahr vorgesehen sind, haben ihren Ursprung überwiegend in der Betreuung der Asylbewerber. Da sind zum einen die Sozialpädagogen oder Hausmeister, die sich direkt um die Flüchtlinge und deren Unterkünfte kümmern. Zum anderen ist es Personal, das wegen des Mehraufwands an Verwaltung benötigt wird. Zum Teil auch bedingt durch die freiwilligen Leistungen, die der Landkreis gewährt. Anita Meinelt treibt die Frage um, ob die geplanten Stellen tatsächlich alle besetzt werden müssen. "Das sind Kostentreiber", sagte sie im Hinblick auf die Finanzen des Landkreises.

Landrat Hauner wandte ein, dass hinter der Flüchtlingsbetreuung tatsächlich ein "Riesenaufwand" stecke. Andererseits entgegnete er, dass einige Stellen aufgrund der Nachfrage seitens der Kommunen und Kreisräte selbst geschaffen worden seien. Als Beispiel nannte er einen Datenschutzbeauftragten oder eines Zuständigen für Wasserrecht.

Die Stellen können bis zu zwei Jahre lang befristet sein

Eine besonders heikle Frage ist die der Befristung der Verträge der neu einzustellenden Mitarbeiter, insbesondere etwa der des Betreuungspersonals. Dies wird nach Ansicht von Anita Meinelt und anderer Kreisräte überflüssig, wenn die Flüchtlinge irgendwann ausbleiben sollten. Das Betreuungspersonal "kann mit Verwaltung nichts anfangen", meint sie.

Dass die neuen Mitarbeiter ausschließlich für die Betreuung von Asylbewerbern eingesetzt werden, sei aber kein Befristungsgrund, klärte Landrat Hauner auf. Jürgen Liebl vom Zentralen Service im Landratsamt ergänzte, dass Stellen bis zu zwei Jahre befristet werden können. "Dann müssen wir Farbe bekennen", betonte er. Das bedeutet, dass Mitarbeiter nach dieser Frist eingestellt werden müssen. Selbst auf das Risiko hin, dass kurz darauf die Flüchtlingszahlen drastisch zurückgehen, so dass kein Bedarf mehr vorhanden wäre. Josef Dollinger (Freie Wähler) fände es deshalb nur recht und billig, wenn die Regierung das Personal einstellen würde und nicht der Landkreis.

© SZ vom 29.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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