Notwendig oder  nicht?:Streit um radioaktives Abwasser in der Isar

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Der Streit klingt nicht ab, auch wenn die Forschungs-Neutronenquelle (FRM II) am Heinz-Maier-Leibnitz-Zentrum in Garching derzeit stillsteht. (Foto: Robert Haas)

Die TU hat eine Verlängerung der Einleitungsgenehmigung bei Garching beantragt. Kritik kommt nicht nur von den Grünen

Von Gudrun Passarge, Garching

Wie gefährlich ist die Einleitung schwach radioaktiver Abwässer in die Isar und ist sie überhaupt notwendig? Diese Fragen muss das Landratsamt München in einem öffentlichen Genehmigungsverfahren klären. Die Technische Universität als Betreiber des Forschungsreaktors FRM II hat eine Verlängerung der seit 20 Jahren bestehenden Genehmigung zur Abwassereinleitung für seinen Reaktor und die Radiochemie beantragt. Die Grünen sehen das kritisch, ebenso wie das Umweltinstitut in München. "Wir sind der Ansicht, dass technisch alles mögliche ausgeschöpft werden sollte, um die radioaktiven Einleitungen zu minimieren", sagt der Physiker Hauke Doerk. Das Institut wurde nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl gegründet. Es ist ein unabhängiger Verein, der sich nach eigener Auskunft "gegen Atomkraft, für gentechnikfreies Essen, für eine nachhaltige Energiewende und für den ökologischen Landbau" einsetzt. Doerk erläutert, technisch sei es machbar, die Einleitungen zu reduzieren, deswegen finde er es unverständlich, dass die TU die gleichen Werte wie vor 20 Jahren beantrage.

Die Grünen bemängeln etwa, dass die Vorbelastung des Flusses durch natürliche und künstlich erzeugte Radioaktivität nicht dargestellt sei und dass eine Auflistung fehle, welche Nuklidgemische eingeleitet werden, um zu prüfen, ob die Gefahr von Toxizität für die Umgebung besteht. Fraglich sei auch, warum die TU eine Genehmigung für die nächsten 30 Jahre beantrage. Kritisiert wird, dass der Forschungsreaktor immer noch mit hochangereichertem Uran arbeitet, einem "international geächteten, waffenfähigen" Material. Die Grünen fordern die Umrüstung auf einen Brennstoff mit niedriger Anreicherung.

"Es geht um die Vermeidung unnötiger Belastung", sagt der Grünen-Abgeordnete Markus Büchler: "Unsere Isar ist doch kein Abwasserkanal." Wenn die Fachleute ihm beim Erörterungstermin belegen könnten, dass die Einwendungen unbegründet sind, dann sei es ja gut, "aber es muss schon viel passieren, dass mich die TU davon überzeugen kann, dass es notwendig ist", so Büchlers Einschätzung.

Wie viele Einwendungen bisher schon eingegangen sind, kann das Landratsamt noch nicht sagen, da die Anzahl erst nach dem Ende der Frist am 25. Januar erhoben wird. "Die vom Betreiber beantragte Jahresaktivitätsableitung für Tritium und andere Radionuklide ist insgesamt geringer als die bisherige. Für die Radiochemie (RCM) soll diese für Tritium nur noch ein Zehntel betragen, für die anderen Radionuklide etwa die Hälfte. Die beantragte Jahresaktivitätsableitung des FRM II bleibt gleich", teilt das Landratsamt mit. Auch insgesamt würde mengenmäßig weniger Abwasser in die Isar eingeleitet. Vor der Einleitung werde das gesammelte radioaktive Abwasser zudem aufbereitet. Die dabei herausgefilterte Radioaktivität werde als radioaktiver Abfall entsorgt. In den vergangenen Jahren habe die tatsächliche Einleitung unterhalb von einem Prozent des gesetzlichen Grenzwerts gelegen. Laut Pressesprecherin der Reaktors, Andrea Voit, haben die Forschungseinrichtungen, der Reaktor und die Radiochemie, an der Gesamtbelastung der Radioaktivität der Isar einen Anteil von 0,33 Prozent. Dagegen gingen 93 Prozent auf die Kernkraftwerke Isar I und II zurück, auch die Kläranlage Großlappen steuere 3,78 Prozent bei, sagt Voit.

Dem Landratsamt zufolge wird das Abwasser gesammelt und chargenmäßig abgegeben. Die radioaktiven Stoffe im Abwasser werden mit Messeinrichtungen überwacht, Sachverständige übernähmen die Prüfung. Sie schickten ihre Untersuchungsergebnisse ans Landratsamt, das sie an die Fachbehörden weiterleite. "Zur Kontrolle der Eigenüberwachung misst das Bundesamt für Strahlenschutz ebenfalls Abwasserproben des FRM II." Zudem gebe es das Umgebungsüberwachungsprogramm des Landesamts, bei dem Proben aus allen Umweltbereichen regelmäßig ausgewertet werden. Die Ergebnisse veröffentlicht das LfU in seinem Strahlenhygienischen Jahresbericht, der im Internet nachzulesen ist.

© SZ vom 14.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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