Instrumentalunterricht:Musikschulen sind offen für alle

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Beim Musikunterricht lernen Kinder fürs Leben. Außerdem bringt es viel Spaß, wenn man das Instrument erst einmal beherrscht. (Foto: Marco Einfeldt)

Unterrichtsstunden sind nicht billig, einkommensschwache Familien melden ihre Kinder deshalb oft gar nicht erst an. Dabei gibt es für sie auch in Freising und Erding teils hohe Ermäßigungen. Warum sie dieses Angebot nicht ausschlagen sollten, erklärt Martin Keeser.

Von Anna-Lena Schachtner, Freising

947,40 Euro: So viel kostet wöchentlicher 30-minütiger Einzelunterricht an der Musikschule Freising pro Jahr. Noch etwas teurer kommt es für Schüler und Schülerinnen, die im Landkreis, jedoch nicht in der Stadt wohnen. Ähnlich hoch sind die Gebühren an der Kreismusikschule Erding. Dazu kommen Ausgaben für Instrumente, Noten und anderes Material. In den vergangenen Jahren sind die Unterrichtsgebühren immer wieder gestiegen - voraussichtlich wird das im nächsten Schuljahr erneut der Fall sein. Können es sich Kinder aus ärmeren Haushalten überhaupt leisten, ein Instrument zu lernen? Ja, lautet das Fazit der Musikschulleiter aus Erding und Freising - mithilfe von Ermäßigungen bei den Unterrichtsgebühren und diversen Förderangeboten.

Dass die Ausgaben für die Eltern steigen, lasse sich nicht vermeiden, sagt Odilo Zapf, Leiter der städtischen Musikschule in Freising - schließlich werde zurzeit alles teurer und Musikunterricht sei nun mal mit hohen Personalkosten verbunden. Auch Peter Hackel, Leiter der Kreismusikschule Erding, rechnet mit einer Erhöhung von etwa fünf Prozent im kommenden Schuljahr. Dabei werde ein Großteil der Kosten bereits von den Trägern der Musikschulen, also der Stadt beziehungsweise dem Landkreis, sowie dem Freistaat übernommen. An der Musikschule in Erding etwa zahlen Familien nur 40 Prozent der Unterrichtsgebühren selbst. Dennoch betont Odilo Zapf: Diese dürfe man nicht zu stark anheben - sonst könnte es sein, dass die Anmeldezahlen sinken. Dies sei in anderen Kommunen bereits der Fall. Auch Peter Hackel will sich dafür einsetzen, dass die Gebühren nicht "exorbitant steigen".

"Jeder kann Musikunterricht haben"

Unterrichtsgebühren hin oder her: "An der Musikschule kann jeder, der das möchte, Musikunterricht haben", erklärt Odilo Zapf. Einige Kinder nähmen beispielsweise die Sozialermäßigung in Anspruch, die es an den Musikschulen in beiden Landkreisen gibt. Einkommensschwache Familien in Freising können damit sogar bis zu 100 Prozent der Ausgaben erstattet bekommen. Laut Peter Hackel profitieren an der Musikschule Erding ebenfalls 52 Schüler und Schülerinnen von der Ermäßigung, die je nach den finanziellen Verhältnissen der Familie bis zu 50 Prozent betragen könne. Zudem gebe es Kooperationen mit Schulen, an denen günstiger Instrumentalunterricht angeboten werde. Um diesen zu finanzieren, nutzten einige Familien Geld aus dem Bildungspaket für Bürgergeldempfänger, so Hackel.

Ein weiteres Problem für Kinder aus ärmeren Familien: Die Sozialermäßigung gilt nur für den Unterricht, nicht für andere Ausgaben. "Eine Blockflöte kann sich jeder leisten, aber wenn es mal ein Saxofon sein soll, wird es schon schwieriger", erklärt Martin Keeser. Er ist Vorsitzender des neu gegründeten Fördervereins der Freisinger Musikschule. Dessen Ziel: schnelle, flexible und unbürokratische Hilfe bei größeren Ausgaben bieten - etwa beim Instrumentenkauf oder bei Reisekosten, wenn ein Schüler oder eine Schülerin an einem weiter entfernten Konzert teilnimmt. Wer sich für die Musikschule engagieren möchte, kann mit einem Jahresbeitrag von 30 Euro Mitglied werden. Fördermitglieder steuern jährlich mindestens 60 Euro bei. In Erding würden Kinder häufig vom Rotary- und Lions-Club sowie der Münchner Jugendmusik-Stiftung gefördert, so Hackel.

Kinder werden durch Musik "zu ganz tollen Menschen"

Die größte Schwierigkeit sind laut Odilo Zapf jedoch sowieso nicht die Kosten für Unterricht oder Instrumente - sondern dass Kinder aus sozial schwachen Schichten oft gar nicht erreicht würden. Viele Familien schreckten wegen der hohen Kosten davor zurück, ihr Kind ein Instrument lernen zu lassen. Um das zu ändern, seien Kooperationen mit Schulen und Kindergärten wichtig. Denn bei diesen niederschwelligen Angeboten könnten alle Kinder mit Musik in Berührung kommen, so Zapf. Daher wolle die Musikschule in Freising solche Projekte in Zukunft ausbauen. Auch in Erding arbeitet man laut Peter Hackel eng mit Schulen im ganzen Landkreis zusammen.

Warum musikalische Erziehung bei Kindern so wichtig ist? "Weil es eine der besten Maßnahmen zur Charakterbildung ist, die es gibt", findet Martin Keeser, der früher Leiter der Musikschule in Freising war. "Jeder, der ein Instrument gelernt hat, hätte es irgendwann am liebsten in die Ecke geschmissen, weil einfach nichts funktioniert hat." Dennoch durchzuhalten, das lerne man durch das Musizieren - ebenso Kritikfähigkeit und soziale Intelligenz. "Ich habe schon Hunderte, wenn nicht sogar Tausende Kinder erlebt, die durch ihr Instrument ganz tolle Menschen geworden sind", so Keeser.

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