Mystisch und ein wenig unheimlich: Lange Zeit hatten Moore ein wenig positives Image und wurden vom Menschen als lebensfeindlicher Raum angesehen. So erschloss er viele der Flächen, legte sie für die Landwirtschaft oder den Forst trocken und errichtete Siedlungen auf dem wertvollen Ökosystem. In Deutschland gelten heute mehr als 95 Prozent der Moore als entwässert, nur vier Prozent befinden sich noch in einem nassen Zustand. Auch an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) arbeiten Wissenschaftler daran, dass sich das wieder ändert. Dort gibt es jetzt ein eigenes Moorforschungszentrum.
Nasse Moore sind effektive CO₂-Speicher. Obwohl sie laut Bund Naturschutz nur etwa drei Prozent der Erdoberfläche bedecken, speichern sie dennoch doppelt so viel CO₂ wie alle Wälder der Erde gemeinsam. Wird den Mooren allerdings das Wasser entzogen, entweichen festgehaltenes Kohlendioxid und auch Lachgas, welches über 300 Mal klimaschädlicher als CO₂ ist, erneut in die Atmosphäre. Matthias Drösler, Moorexperte und Professor für Vegetationsökologie an der HSWT, nennt entwässerte Moore daher die "größte Emissionsquelle außerhalb des Energiesektors". So stoßen sie zurzeit rund 6,7 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente pro Jahr aus, was etwa acht Prozent der bayerischen Grundemissionen ausmacht.
Moorschutz ist daher ein wichtiges Thema. Auch an der HWST, weswegen dort mit dem Peatland Science Centre (PSC) ein Wissenszentrum für Moorforschung eröffnet wurde. Die Leitung hat Matthias Drösler inne. In seiner Vortragsreihe, die sich mit der Klimarelevanz der Moore Bayerns befasst, will das Forschungszentrum auf zentrale Fragen rund um den Klimaschutz und das Anpassungspotenzial der Moore eingehen.
Denn ein geeigneter Moorschutz könne die "angestrebte bayerische Klimaneutralität bis 2040 maßgeblich unterstützen", sagt Moorexpertin Janina Klatt vom PSC. Allerdings befinden sich von den rund 220 000 Hektar bayerischer Moorfläche nur etwa fünf Prozent in einem "annähernd naturnahen Zustand". Will heißen, nur ein geringer Anteil der großen Moorfläche ist tatsächlich nass und somit in der Lage, CO₂ zu binden. Was ein Problem darstellt. Wagt man einen Blick in die Zukunft, so lässt sich nämlich feststellen, dass ein Anstieg der Mooremissionen prognostiziert wird. Dieser sei zwar nicht so drastisch, wie anfangs gedacht, jedoch trotzdem gegeben.
Newsletter abonnieren:SZ Gerne draußen!
Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.
Eine Wiedervernässung kann hier gegensteuern - Wasser sei auch in Zukunft genug da, erklärt Klatt. Betrachte man die klimatische Wasserbilanz in der Region Bayern, so sei "weiterhin genug Wasser bei uns". Ein zukünftiger Wassermangel sei daher "kein Argument, die Renaturierung nicht anzufangen", sagt Klatt daher. "Und wir müssen renaturieren", stellt sie fest. Ansonsten sei eine angestrebte Klimaneutralität nicht möglich. Optimal sei es natürlich, eine Renaturierung aller Ackerflächen anzustreben. "Das ist für die Treibhausgase sehr, sehr gut", weiß Klatt.
Gerade die Ackernutzung von entwässerten Mooren beschreibt Drösler als "problematisch"; die dadurch ausgestoßenen Emissionen seien sehr hoch. Jedoch nennt Klatt dieses Maximalszenario wenig realistisch - immerhin seien viele Bereiche bebaut und könnten dadurch nicht mehr vernässt werden. Eine Alternative, die immer noch viele Treibhausgase einsparen könnte, sei daher eine nasse Bewirtschaftung, was zum Torferhalt oder im Idealfall zur Torfbildung führen könne und unter Einsatz von sogenannten Paludikulturen angestrebt werden könne. Diese Alternative sei wirtschaftlich tragfähig und habe den höchsten Klimaschutzeffekt, so Drösler. "Das ist ein Pfad, an den man sich orientieren sollte, wenn man Klimaneutralität als politisches Ziel aufstellt." Organische Böden "nass machen und möglichst unbeeinflusst lassen, ist das, was wir im Klimaschutz brauchen".
"Ein entwässertes Moos pustet noch mehr CO₂ heraus"
Je naturnäher ein Moor zudem sei, desto höher sei die Chance, dass es sich an Wetterschwankungen und extreme Temperaturen anpasse, erklärt Drösler. "Naturnahe Moore können schrumpfen und quellen und halten damit auch bei Trockenheitsphasen den Wasserstand einigermaßen an der Oberfläche", sagt der Moorexperte. Dadurch bleibe die Produktivität der Moore erhalten, ebenso die Klimaleistung. "Wenn das Moor wieder vernässt wurde, dann ist eine Temperaturerhöhung wie zur Mitte des Jahrhunderts zu erwarten, kein großes Problem", stellt Drösler klar. "Ein entwässertes Moor dagegen pustet noch mehr CO₂ heraus und degradiert weiter."