Freising:Nachrichten für Menschen mit Handicap

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Sintje Reicheneder, Leiterin der Beratungsstelle für unterstützte Kommunikation der Lebenshilfe Freising, hat "Lenadi" entwickelt. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Beratungsstelle für unterstützte Kommunikation der Lebenshilfe Freising hat "Lenadi" entwickelt. Es informiert über das aktuelle Weltgeschehen und Vorkommnisse mittels einfach gehaltener Videos und Clips.

Von Lena Meyer, Freising

Was ist eigentlich in Frankreich los, was gibt es Neues von Prinz Harry und warum ist Streumunition denn so gefährlich? Für Menschen, die ohne Handicap leben, sind Antworten auf diese Fragen meistens nur ein Mausklick entfernt. Die Welt der Nachrichten ist aber oft komplex und anspruchsvoll formuliert, was es für Menschen mit geistiger Einschränkungen schwierig gestaltet, den Inhalten zu folgen. Zudem ist die Suche über Google für viele, die in der Lebenshilfe betreut werden, oft nicht möglich. Doch dank der innovativen Arbeit von Sintje Reicheneder, Leiterin der Beratungsstelle für unterstützte Kommunikation der Lebenshilfe Freising, gibt es nun eine Lösung. Und die heißt: " Lenadi - der leichte Nachrichtendienst". Damit können auch Mitbürger und Mitbürgerinnen mit Handicap informiert und einbezogen werden. Denn über aktuelle Weltgeschehen und Vorkommnisse informiert zu werden, gehört zu den Grundrechten der Kommunikation. In der inklusiven "Lenadi"-Redaktion haben Menschen mit einer Einschränkung zudem die Möglichkeit, an den Nachrichten mit zuarbeiten und sich einzubringen.

Einmal im Monat findet ein inklusives Treffen statt

Solch ein inklusives Treffen findet einmal im Monat statt, sagt Reicheneder. In ihnen gibt es die Möglichkeiten, die Nachrichten zusammen anzusehen und herauszufinden, ob sie für alle tatsächlich verständlich gestaltet wurden. "Lenadi" bietet ein reiches Nachrichtenangebot an - von Unterhaltung bis hin zu tagesaktuellen Geschehnissen, ist alles dabei. Es sind die aktuellen Themen, die das Redaktionsteam beschäftigen - beispielsweise, was die AfD eigentlich ist oder, warum es sich bei Streumunition um eine gefährliche Waffe handelt und weswegen der Klimawandel eine Bedrohung für Mensch und Tier darstellt. Keine leichten Themen, die allerdings verständlich in ein bis eineinhalb minütigen Videos aufgearbeitet werden. Erst durch diese Nachrichten habe er verstanden, weswegen der Klimawandel so schlimm für Mensch und Tier sei, beschreibt einer der Lenadi-Team Mitglieder. Es habe ihn nachdenklich werden lassen.

Und was nicht beim ersten Mal verstanden wurde, wird schließlich gemeinsam angepasst und durch entsprechende Symbole ergänzt. Wichtig sei dabei aber, dass es zu "keiner Reizüberflutung" komme, erklärt Franz Kratzer vom "Lenadi" Team. Deswegen seien etwa die Logo-Kindernachrichten nicht geeignet, um Informationen für Menschen mit Einschränkung zu geben. "Die nachfolgenden Bilder sind zu hektisch", sagt Kratzer und die Videos seien zudem zu lang.

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Daher werden in "Lenadi" die ein bis zwei minütigen Clips in Folien - vergleichbar mit einer Powerpoint Präsentation - eingeteilt, auf denen jeweils nur ein Satz und somit nur eine Information abgebildet ist. Diese Info wird dann wiederum in synthetischer Sprache vorgelesen. Das sei absichtlich so gestaltet worden, erklärt das Team. Denn dadurch werde der Satz neutral und wertfrei gehalten. Ebenfalls auffällig sind die zusätzlichen Bilder, die sich auf den Folien befinden und den Satz unterstützen. Dabei handelt es sich um eine Symbolsprache, sogenannte Metacoms, erklärt Reicheneder, durch die die Nachrichten erzählt werden sollen. Nur leichte Sprache reiche nämlich nicht aus, um Informationen zu transportieren - deshalb werden sie symbolisiert und ähnlich wie ein Comic dargestellt. Die Symbolsprache sei zudem weit verbreitet und werde von vielen Menschen beherrscht. Die Bilder "wirken stark", sagt Reicheneder und können die Nachrichten dadurch detailliert und komprimiert darstellen. Somit werden also "Text, Gespräch und Bild" kombiniert. Für gehörlose Menschen, kann der Inhalt der Nachrichten somit ebenfalls nachvollzogen werden.

Als nächstes möchte Reicheneder eine App für den Nachrichtendienst entwickeln

Mittlerweile, sagt Reicheneder, erhielten sie bereits Anfragen aus der Schweiz und Österreich, sowie weiten Teilen Deutschlands - den Link zu dem Nachrichtendienst habe sie schon beinahe überall hin verschickt. Als nächstes möchte sie gerne eine App für den Nachrichtendienst entwickeln. "Das ist das große Ziel." Denn mit dem Nachrichtendienst "Lenadi" habe sie eine Lücke gefunden, erklärt Sintje Reichender.

Obwohl es für viele Menschen selbstverständlich ist, sich mit Worten auszudrücken, gibt es auch Bürgerinnen und Bürger, die angemessen informiert werden müssen. Ihnen eine Teilhabe zu ermöglichen, sei das Ziel von "Lenadi". Aber auch für kleine Kinder sei der Dienst gut geeignet, findet Kratzer. "Ich habe selber kleine Kinder, die gerne mit Lenadi die Nachrichten verfolgen." Und auch Menschen, die der deutschen Sprache noch nicht mächtig seien, könnte der Nachrichtendienst helfen und informieren.

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