Konkret  recherchiert: Was SZ-Leser wissen wollen:Die kleine Fußgängerzone kommt

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Die Autos in der Freisinger City erregen die Gemüter bei Gegnern und Befürwortern. Derzeit wird zumindest der Altstadtkern autofrei geplant, mit Ausnahme von Bussen.

Von Kerstin Vogel, Freising

Über was soll eine Lokalzeitung wie die Freisinger SZ berichten? Über Stadtrats- und Kreistagssitzungen selbstverständlich, über Konzerte oder Sportereignisse natürlich auch. Aber was interessiert die Leser über diese "klassischen" Artikel hinaus? Die Redaktion hat die Facebook-Seite der SZ genutzt und nachgefragt: Was interessiert die Menschen im Landkreis Freising? Welche Themen aus ihrer Lebenswirklichkeit kann die Freisinger SZ aufgreifen, Hintergrundinformationen liefern und vielleicht Fragen dazu beantworten. Zu den Vorschlägen, die bei dieser ersten Runde die meisten "Likes" bekommen haben, gehörte die Frage: "Wann bekommt Freising eine Fußgängerzone?"

Schon in der kurzen Debatte, die sich daraufhin in den Kommentaren unter dieser Frage entspann, trat der Jahrzehnte alte Konflikt, den die Freisinger beim Thema Fußgängerzone austragen, zutage. Während die einen den motorisierten Verkehr inklusive der Stadtbusse gerne komplett aussperren möchten, weil der Aufenthalt in der Stadt für sie erst dann wirklich Qualität hat, wenn diese frei von Lärm, Abgasen und manchmal schon gefährlich nahe kommenden Bussen ist, halten andere eine komplette Sperrung für schlicht unmöglich. Er kenne "keine Stadt, wo keine Autos durchfahren", schreibt ein User auf der Facebook-Seite und nennt Anlieger als Beispiel. Eine offensichtlich selber betroffene Frau weist zudem darauf hin, dass auch Menschen mit Behinderung in die Stadt kommen wollen und dafür vielleicht auf Autos angewiesen sind: "Sollen die zuhause bleiben?"

Harte Zeiten für Anwohner und Geschäftsinhaber in der Freisinger Innenstadt: Wie kann die Stadt ihnen entgegenkommen? (Foto: Marco Einfeldt)

Dass die Frage: "Wann bekommt Freising eine Fußgängerzone?" trotz dieses unlösbar scheinenden Konflikts zumindest derzeit mit "bald" beantwortet werden kann, hängt mit der neuen Innenstadtkonzeption zusammen, die umgesetzt wird. Denn 2014 wurde als Teil des neuen Verkehrskonzepts ohne viel Aufhebens zumindest eine "kleine" Fußgängerzone beschlossen. Immerhin von der Amtsgerichtsgasse bis zur Bahnhofstraße und ein Stück die Ziegelgasse hinauf soll sie reichen und eine "autofreie Kernzone" bilden, die allerdings noch von Radfahrern und Stadtbussen befahren werden dürfte.

Dass dieser - immerhin einstimmig gefasste - Beschluss noch einmal gekippt werden könnte, ist zwar unwahrscheinlich, jedoch lehrt der Blick in die Geschichte, dass man gerade bei diesem Thema nicht vor Überraschungen gefeit ist. "Die Fußgängerzone rückt näher" lautete beispielsweise schon am 4. Mai 1977 eine optimistische Überschrift in der damals noch recht jungen SZ-Lokalausgabe. Die SPD hatte sich seinerzeit hinter einen Vorschlag der Stadtverwaltung gestellt, den Marienplatz und den Rindermarkt als Fußgängerzone auszubauen, weil "die Freisinger Innenstadt durch Autos in ihrer Lebensstruktur zerstört" werde, wie es damals hieß. Später könne diese Zone ausgedehnt werden. Offenbar sahen das auch andere Politiker so, denn im November 1977 sprachen sich die "Stadtväter" für die sogenannte kleine Fußgängerzone im Zentrum der Domstadt aus, im Dezember desselben Jahres allerdings gab es offensichtlich einen Meinungsumschwung bei SPD und FDP - jedenfalls lehnte der Stadtrat bei nächster Gelegenheit die "kleine Fußgängerzone" ab.

Erst in den Neunzigerjahren wurde dann zunächst versuchsweise eine Sperrung der Innenstadt an verkaufsoffenen Samstagen eingeführt, bis heute gilt das an allen Markttagen und bei größeren Veranstaltungen so. Zum Ende des Jahrtausends wurden die Rufe nach einer dauerhaften Lösung wieder so laut, dass es im März 2001 zu einem Bürgerentscheid kam. Den allerdings gewannen die Gegner einer autofreien Innenstadt mit 52,5 Prozent der Stimmen knapp.

Mit der neuen Innenstadtkonzeption soll nun ein neuer Anlauf unternommen werden, die Altstadt wenigstens teilweise von Autos zu befreien - auch, weil Zählungen zufolge der Anteil des unnötigen Durchgangsverkehrs bei mehr als der Hälfte der Fahrten liegt, wie es auf den Internet-Seiten der Stadt Freising heißt. Das im Oktober 2014 vom Stadtrat befürwortete Konzept sieht deshalb nun vor, zwischen den Einmündungen der Amtsgerichtsgasse und Bahnhofstraße sowie im südlichen Bereich der Ziegelgasse eine Fußgängerzone einzurichten, um "Schaufahrten" und den "Abkürzungsverkehr" durch die Altstadt zu erschweren. Hauptstraße, Bahnhofstraße, Amtsgerichtsgasse, Weizengasse, General-von-Nagel-Straße und Heiliggeistgasse werden gleichzeitig zum verkehrsberuhigten Bereich - oder sind es da, wo der Umbau bereits abgeschlossen ist, schon. Alle Einbahnstraßenregelungen in der Altstadt sollen aufgehoben werden. Ausgenommen von dem Durchfahrtverbot am Marienplatz sind allerdings Radfahrer und Stadtbusse sowie - zu festgesetzten Zeiten auch der Lieferverkehr.

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Um auch den so genannten Parksuchverkehr aus der Innenstadt zu vertreiben sollen außerdem die Kurzzeitparkplätze und Haltebuchten im Zentrum verschwinden - ein Umstand, der in der Debatte auf der SZ-Facebook-Seite auch auf Skepsis stieß: "Wie will man sicher stellen, dass nach dem Umbau der Innenstadt noch genügend Kunden in die Stadt kommen?", fragt ein User mit Blick auf die wegfallenden Parkplätze. Eine Antwort findet sich möglicherweise in einem neuen Buskonzept für die Altstadt, das unter anderem zum Ziel hat, hier künftig auf die großen Stadtbusse zu verzichten. Deutlich kleinere Busse werden jedenfalls jetzt, während der Bauphase schon einmal getestet - als Pilotprojekt für die Zeit nach Abschluss aller Arbeiten. Das könnte durchaus 2023 werden - aber spätestens dann bekommt Freising endlich auch eine Fußgängerzone.

© SZ vom 06.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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