Kommunalwahl in Marzling:Bürgernähe statt Parteipolitik

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Ein eigenes Rathaus für Marzling steht auf der Agenda der Bürgermeisterkandidaten. Bisher hat die 3000-Einwohner-Gemeinde ihren Verwaltungssitz nämlich nur gemietet. (Foto: Marco Einfeldt)

In Marzling, wo der Gemeinderat seit Jahren harmonisch zusammen arbeitet, tritt Bürgermeister Werner nicht mehr an. Drei Bewerber um die Nachfolge gibt es, alle stellen Sachfragen oben an. Als neue Liste treten die Grünen an

Von Gudrun Regelein

An der Zahl der Mitglieder im Gemeinderat Marzling wird sich nach der Kommunalwahl nichts ändern. Die bleibt bei 16 Räten plus dem Bürgermeister. Aber ansonsten wird sich doch einiges in der Zusammensetzung des Gremiums tun - und damit auch in der politischen Landschaft der Gemeinde. So wird sich der noch amtierende Bürgermeister Dieter Werner (Parteifreie Bürger) nach zwei Amtsperioden von seinem Posten und aus dem Gemeinderat verabschieden. "Das geschieht mit schwerem Herzen und ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen", sagt er.

Für das frei werdende Amt gibt es drei Bewerber: Einmal ist das Martin Ernst (CSU und Freie Wähler), derzeitiger Zweiter Bürgermeister und langjähriges Gemeinderatsmitglied. Er habe während einer mehrmonatigen Vertretung von Werner im Jahr 2018 bereits einen "hervorragenden Einblick" in das Amt bekommen und wisse, was auf ihn zukommt, so Ernst. Als Bürgermeister will er nicht nur verwalten, sondern gestalten. Er verfolge keine parteipolitischen Interessen, betont Ernst. "Ich fühle mich nur dem Wohl der Bürger verpflichtet." Als seine Schwerpunkte nennt er den weiteren Kampf gegen die dritte Startbahn, den Neubau des Feuerwehrhauses, die Fortführung des Straßensanierungsprogramms und den Klimaschutz.

Neben Ernst haben noch Siegfried Kleidorfer, der für die Parteifreien Bürger (PB) antritt, und Thomas Sellmeir, der erst in letzter Minute von der SPD-Ortsgruppe gekürt wurde, ihren Hut in den Ring geworfen. Kritik an der bisherigen Politik und der Wunsch, Marzling lebenswert zu gestalten, hätten ihn dazu motiviert, sich zu bewerben, erklärt Sellmeir. Er möchte dafür sorgen, dass sich die Gemeinde mit Maß verträglich weiterentwickelt. Auf seiner Agenda finden sich daneben der Ausbau des öffentlich geförderten Wohnraums und die Kinderbetreuung.

Siegfried Kleidorfer konnte bereits fast sechs Jahre lang für die CSU und Freien Wähler Erfahrungen im Gemeinderat und im Technischen Ausschuss sammeln, nun will er Bürgermeister werden - als Kandidat der Parteifreien Bürger. Bürgernähe, Objektivität, Sachlichkeit und Unabhängigkeit seien ihm wichtig, betont er. Auch er nennt als eines seiner Ziele die maßvolle Weiterentwicklung der Gemeinde, die dabei lebenswert bleiben soll.

Thomas Sellmeir

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(Foto: Privat)

Thomas Sellmeir ist in der Gemeinde ein politischer Newcomer. Er tritt bei der Kommunalwahl für die SPD an. Bislang war er nicht im Gemeinderat vertreten. Der 38-jährige Sellmeir ist gebürtiger Marzlinger und Vater von zwei Kindern. Er ist als Marketingverantwortlicher in einer weltweit tätigen Unternehmergruppe beschäftigt. Sellmeir will die Politik näher an die Bürger heranbringen. "Ein Bürgermeister muss offen und direkt kommunizieren." Als erstes würde er im Fall seiner Wahl die Betreuungseinrichtungen der Gemeinde besuchen und sich bei den Mitarbeitern bedanken, die dort am Limit arbeiten, wie er sagt. Der Ausbau der Kinderbetreuung habe für ihn Priorität, betont Sellmeir. Als weiteres wichtiges Vorhaben nennt er den Bau eines eigenen Rathauses. "Bislang hat die Gemeinde das gemietet."

Martin Ernst

Martin Ernst wird zum dritten Mal in Folge für das Amt des Bürgermeisters kandidieren - für CSU und Freie Wähler. Bei den beiden vorhergehenden Kommunalwahlen unterlag er jedes Mal dem noch amtierenden Bürgermeister Dieter Werner. Der 54-jährige Sparkassenbetriebswirt lebt mit seiner Familie im Ortsteil Brunnhofen. Bereits seit 2002 arbeitet er im Marzlinger Gemeinderat mit, seit Mitte 2012 ist er Zweiter Bürgermeister der Gemeinde. Bürgernähe sei ihm sehr wichtig, betont er. Deshalb werde er im Fall seiner Wahl auch eine Bürgersprechstunde einführen, das liege ihm am Herzen. Als allererste Aufgabe aber er will er den bereits auf den Weg gebrachten Bau eines neuen Feuerwehrhauses vorantreiben. Ein anderes wichtiges und notwendiges Projekt ist auch für ihn der Bau eines eigenen Rathauses.

Siegfried Kleidorfer

Siegfried Kleidorfer hatte schon im vergangenen Juli seine Bereitschaft erklärt, für die Parteifreien Bürger Marzling (PBM) als Bürgermeisterkandidat zur Verfügung zu stehen. Der 52-Jährige sitzt seit 2014 für die Gruppierung CSU und Freie Wähler im Gemeinderat, wird aber zu den PBM wechseln. Das ist notwendig, da CSU und Freie Wähler mit Martin Ernst bereits einen Bürgermeisterkandidaten hatten - jede Gruppierung oder Partei aber nur einen benennen darf. Kleidorfer lebt seit 20 Jahren in der Gemeinde, er ist Zimmermeister und Inhaber einer Zimmerei in Marzling. Falls es ihm gelingt, neuer Rathauschef zu werden, hat Kleidorfer gleiche Prioritäten wie sein Mitbewerber Martin Ernst, nämlich die Fertigstellung des geplanten Feuerwehrhauses sowie den Neubau eines eigenen Rathauses.

Neu und erstmals in der Gemeinde treten die Grünen bei der Kommunalwahl an. Auf ihrer Liste finden sich neun Kandidaten. Mit mindestens einem wollen sie im neuen Gremium vertreten sein. Einer ihrer Schwerpunkte ist der Klimaschutz vor Ort. "Unser Ziel sind 100 Prozent erneuerbare Energie aus Marzling", sagt Johanna Sticksel, die Listenführerin und somit aussichtsreichste Kandidatin für einen Einzug in den neuen Rat. Weiteres Vorhaben der Grünen ist Tempo 30 im ganzen Ort. Als fünfte Gruppierung tritt die Freie Unabhängige Wählergemeinschaft (FUW) mit zehn Kandidaten an. Ihre Themen ähneln denen ihrer Mitbewerber: Neben der Förderung von Familie, Jugend und Senioren, einer maßvollen Ortsentwicklung und der Verbesserung der Verkehrssituation in der Gemeinde, findet sich der Umweltschutz in ihrem Wahlprogramm.

Neben Dieter Werner werden zwei weitere derzeitige Gemeinderatsmitglieder nicht mehr kandidieren. Maria Grandl (CSU und Freie Wähler) zieht sich aus Altersgründen zurück, Susanne Röpke (SPD) aus beruflichen Gründen. Werner bedauert das, denn im Rat gebe es mit derzeit drei schon jetzt "fast zu wenige Frauen". "Ich hoffe, dass es zumindest wieder zwei neue weibliche Mitglieder geben wird", sagt er. Bunter werde der neue Gemeinderat aber sicher, meint er. Dennoch befürchtet er für die Zukunft keine größere Auseinandersetzung als in den vergangenen zwölf Jahren, als alles immer sehr harmonisch verlief. "Im Gemeinderat ist nicht die politische Ausrichtung ausschlaggebend, sondern es geht darum, gemeinsam Entscheidungen zu treffen, die für die Gemeinde gut sind." Auch das größte Projekt seiner Amtszeit, die Erweiterung des Sportareals, sei immer von allen Gruppierungen unterstützt und umgesetzt worden.

Aber egal, wie sich der neue Gemeinderat zusammensetzt, die großen Projekte der nächsten Zeit wurden bereits festgezurrt. Der Neubau des Feuerwehrhauses, der für den Rekordhaushalt in diesem Jahr mit einem Gesamtvolumen von fast 12,8 Millionen verantwortlich ist, werde auch das neue Gremium noch für mindestens eineinhalb Jahre beschäftigen, ist Bürgermeister Dieter Werner überzeugt. Er hoffe, noch in seiner Amtsperiode den Spatenstich machen zu können. Die zweite große Aufgabe sei die Isarbrücke, die in einem maroden Zustand ist. Eine Sanierung oder auch ein Neubau stehen an, letztendlich sei es eine Kostenfrage, für welche Maßnahme man sich entscheide. Zudem werde der Klimaschutz zukünftig zu einem noch größerem Thema werden. "Auch, aber nicht nur wegen der Grünen, die es vermutlich im neuen Rat geben wird", sagt Werner.

© SZ vom 19.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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