Gammelsdorf kennt man im Allgemeinen vom jährlich stattfindenden Treffen der königstreuen Patrioten aus ganz Bayern. Da erinnern dann meist vollbärtige Herren an die Schlacht der Wittelsbacher gegen die Habsburger vor mehr als 700 Jahren. Eine sehr ursprüngliche Veranstaltung aus einer Zeit, als die Burschen in Bayern noch schneidig und die Deandl noch sittsam waren. Seit dem 15. März ist der Ort mit seinen knapp 1500 Einwohnern auch wegen Raimunda Menzel im Gespräch, denn der 54-Jährigen ist eine kleine Sensation gelungen. Für die Überparteiliche Wählergemeinschaft (ÜWG) war sie als Bürgermeisterkandidatin angetreten. Ein Novum in dem Ort - und sie hat sich auf Anhieb mit 79,3 Prozent gegen ihren Gegenkandidaten Uwe Penner von der Bürgernahen Gruppe Gammelsdorf (BGG) durchgesetzt. Der amtierende Bürgermeister Paul Bauer hatte aus Altersgründen nicht mehr kandidiert.
Am Dienstag sitzt Raimunda Menzel in ihrem Büro in der Verwaltungsgemeinschaft Mauern und kann sich jetzt auch selbst so langsam über ihren Erfolg freuen, wie sie sagt. "Ich hätte nie damit gerechnet, das ich es mit so einem Ergebnis schaffen könnte, niemals", sagt sie. "Ich bin wirklich geplättet". ,Jetzt jubel doch mal", hätten ihre Freunde sie aufgefordert, als das Ergebnis am Sonntag feststand, "aber ich konnte einfach noch nicht, ich musste das erst einmal sacken lassen", erzählt Raimunda Menzel weiter. Am Montagnachmittag, nachdem sie stundenlang Glückwunschanrufe angenommen und Whatsapp-Nachrichten beantwortet hatte, sei dann alles "so richtig angekommen". Sie habe zwar im Wahlkampf immer großen Zuspruch aus der Bevölkerung signalisiert bekommen. "Aber 100-prozentig sicher war ich mir nie, bis zum Wahlsonntag, da hat mir mein Bauchgefühl gesagt, dass ich es schaffen könnte." Die Familie habe sie sehr unterstützt. "Mein 21-jähriger Sohn war sich sehr sicher, dass ich es schaffe, und meine Schwester hat Plakate für mich geklebt", erzählt Raimunda Menzel.
Die 54-Jährige ist Verwaltungsangestellte und arbeitet im Einwohnermeldeamt der Verwaltungsgemeinschaft Mauern. Als Bürgermeisterin wird sie ehrenamtlich tätig sein. Wie sich das gestaltet, muss noch organisiert werden. Von 1996 bis 2008 war sie schon einmal im Gemeinderat aktiv, bis zum Sonntag auch als einzige Frau in dem Ort, machte dann aber aus beruflichen Gründen eine Pause.
Jetzt freut sie sich nicht nur darüber, dass sie Bürgermeisterin der kleinsten Gemeinde im Landkreis Freising geworden ist, sondern auch darüber, "dass wir auch noch drei Frauen im Gemeinderat haben. Mit mir sind wir vier, das ist bei zwölf Sitzen also fast ein Drittel". Der 1. Mai soll der Tag ihres Amtsantritts als neue Gammelsdorfer Bürgermeisterin sein. Wann die konstituierende Sitzung stattfinde, sei noch nicht klar. "Jetzt mit der Corona-Krise verzögert sich alles, Fortbildungen, die ich machen sollte, wurden gestrichen oder verschoben." Trotz der gerade so ungewissen Zeiten, blickt Raimunda Menzel optimistisch in die Zukunft und hat sich einiges vorgenommen. Priorität habe für sie die schnelle Realisierung des bereits geplanten Kinderhauses, sagt sie. Als weitere Projekte nennt Menzel die Sanierung und den Erhalt des Schwimmbades aus dem Jahr 1972 und die Ausweisung eines weiteren Gewerbegebietes. "Da ist nur noch ein Grundstück frei." Auch die Zusammenarbeit mit den Vereinen will sie verbessern und sich um die Belange von Senioren und den Jugendlichen kümmern.
Wie es in so einem kleinen Ort üblich ist, geht man nach den Gemeinderatssitzungen zusammen zum Wirt und lässt den Abend ausklingen. Wird Raimunda Menzel dann mitgehen? "Freilich", sagt sie. "das ist bei uns so, das habe ich als Gemeinderätin schon so gemacht, und das werde ich auch jetzt tun".