Wohnen in Freising:Eine Stadt am Limit

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Das Konzept des "höher, schneller, weiter" in der Flughafenregion ist ausgereizt: Die Kommunen sind frustriert, die Wohnungssuchenden sind verzweifelt. Warum Wachstum und Lebensqualität sich nicht ausschließen dürfen.

Von Kerstin Vogel

Alle Jahre wieder berichtet der Leiter des Freisinger Sozialamtes in seinem Wohnungsvergabebericht, dass die Stadt nicht über genug Sozialwohnungen verfügen kann, um den Bedarf auch nur annähernd zu decken. Er berichtet weiter, dass man den Betroffenen nur empfehlen könne, draußen auf dem Land zu suchen, wo die Mieten ein bisschen besser zum Einkommen passen, wohl wissend, dass das eine nutzlose Empfehlung ist. Denn die Einsparungen, die sich so erzielen lassen, werden umgehend durch die Kosten für den dann weiteren Weg zur Arbeit aufgefressen - von den Folgen für das Privatleben gar nicht zu reden

Alle Jahre wieder ist man sich dann einig, dass es so nicht weitergehen kann, dass man als Stadt aber machtlos ist, vor allem, weil die Nachbarn ein paar Kilometer südöstlich immer noch an einer Verschärfung der Lage arbeiten. Hartnäckiger denn je verfolgt der Münchner Flughafen den Bau der dritten Startbahn und damit das Ziel, noch mehr Arbeitsplätze in die Region zu holen, von bis zu 20 000 zusätzlichen Jobs ist die Rede. Eifrig unterstützt werden die Flughafenbetreiber dabei unter anderem von derselben IHK, die an anderer Stelle darüber jammert, dass sie auf dem leer gefegten Arbeitsmarkt der Region keine Lehrlinge mehr findet.

Fachgespräche bleiben fruchtlos

Für die Kommunen, die schon jetzt kaum noch mit dem Bau von Schulen, Kindergärten, Wohnungen und anderer Infrastruktur hinterherkommen, ist die Situation frustrierend, für die von der Wohnungsnot betroffenen Menschen ist sie eine Katastrophe. Fachgespräche, wie sie von den Parteien zu diesem Thema reihenweise veranstaltet werden, helfen aber ebenso wenig wie die Absichtserklärung der Flughafengesellschaft nun, mehr als 20 Jahre nach Eröffnung des Flughafens, 600 Wohnungen zu bauen. Angesichts der Situation auf dem Wohnungsmarkt und mit Blick auf den erwarteten Zuzug, ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.

Freisinger Wohnungsmarkt
:Einfach nur hoffnungslos

Die Mieten steigen weiter, Geringverdiener haben auf dem Freisinger Wohnungsmarkt kaum eine Chance und es gibt immer mehr Zwangsräumungen. Der jährliche Vergabebericht des städtischen Sozialamts hat Züge eines Trauerspiels.

Von Kerstin Vogel

Was sich stattdessen endlich durchsetzen muss, ist die Erkenntnis, dass das Konzept des "höher, schneller, weiter" in der Flughafenregion an seine Grenzen gestoßen ist. Wachstum kann hier in Zukunft nur noch auf Qualität abzielen - und an aller erster Stelle käme da die Lebensqualität der Menschen. Eine bezahlbare Wohnung ist dafür unabdingbar.

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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