Kommentar:Die AfD als Trittbrettfahrer

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Man muss die Frage stellen, ob die AfD-Vertreter nicht einen Nutzen aus den Gruppen der "Querdenker" ziehen.

Kommentar von Nadja Tausche, Freising

Es ist wichtig, die Arbeit der Regierungsverantwortlichen zu hinterfragen. In einer Pandemie mit derart drastischen Auswirkungen auf das Leben jedes Einzelnen ist es in einer Demokratie sogar essenziell. Welche Infektionen soll die Maßnahme verhindern, dass der Spaziergang einer Einzelperson abends um 21.30 Uhr jetzt mancherorts illegal ist? Außer er hat einen Hund dabei - dann wiederum ist es erlaubt. Ob das zielführend ist, ob es noch verhältnismäßig ist, diese Frage darf jeder stellen. Und jeder darf sie auch mit "Nein" beantworten - und diese Meinung öffentlich kundtun. Genauso essenziell ist es allerdings, sich auf Fakten als Basis der Diskussion zu einigen. Wo führt es hin, wenn man denkt, dass die Politiker im Bundestag einen umbringen wollen?

Auch den Politikern der AfD kommt dabei Verantwortung zu. Sie haben im Landkreis Freising wichtige politische Ämter inne, sitzen in Kreistag, Stadträten und Bundestag. Aber ihre Distanzierung von den Gruppenchats mit den krudesten Theorien ist löchrig. So ist die Grenze, die der Moosburger Stadtrat Gerhard-Michael Welter zieht, keine wirkliche Grenze. AfD-Mitglieder selbst posten keine Verschwörungstheorien, so sagt er es: Aber auch wenn er sich im Nachhinein davon distanziert, hat der Bundestagsabgeordnete Huber eben doch einen verschwörungstheoretischen Post weiterverbreitet. Ebenso kritisch: Auch wenn Welter sagt, er habe den Beitrag ja nicht selbst formuliert, hat er eben doch einen Absatz in den Chat kopiert, in dem die Regierungsverantwortlichen Deutschlands als "Führer" bezeichnet werden.

Man muss die Frage stellen, ob die AfD-Vertreter nicht vielmehr einen Nutzen aus den Gruppen ziehen. Denn manch einer scheint die Inhalte nicht nur zu tolerieren, sondern die Gruppen bewusst für die eigene Agenda einzusetzen. Das auffälligste Beispiel ist ein Beitrag, in dem die Neuregelungen zum Infektionsschutz als angeblich verfassungswidrig bezeichnet werden. Gleichzeitig ist bekannt, dass der Bundestagsabgeordnete Huber im Vorfeld der Abstimmung über das Infektionsschutzgesetz Privatleute dazu aufgefordert hatte, an Abgeordnete zu schreiben. Sie sollten gegen das Gesetz stimmen, hieß es - wie es auch die AfD-Fraktion im Bundestag tat.

© SZ vom 12.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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