Kirchbergers Woche:Verdächtiges Klimpern in der Hosentasche

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Auch das Freisinger Volksfest hat sich mit der Zeit gewandelt - nicht nur, was den Bierpreis angeht.

Eine Kolumne von Johann Kirchberger

Aus gegebenem Anlass beschäftigen wir uns heute damit, wie die Freisinger in der nächsten Woche wieder einmal versuchen werden, ihren während der heißen Sommermonate entstandenen Feuchtigkeitsverlust auszugleichen. Die gemeinsamen Anstrengungen werden traditionsgemäß in der Luitpoldanlage unternommen und erfolgen überwiegend mittels Festbier, das in Literkrügen gereicht wird. Da Festbier aber bekanntlich Alkohol enthält, sollte die Zufuhr desselben vorsichtig dosiert und auf mehrere Tage verteilt werden.

Doch auch wenn der Feuchtigkeitsverlust wegen des Klimawandels und der gestiegenen Temperaturen hoch ist, wird zum Bedauern der Brauereien seit Jahren immer weniger Bier durch die ausgetrockneten Kehlen befördert. Dafür steigt der Konsum von alkoholfreien Alternativen, von Spezi bis Wasser. Das ist keine Frage des Preises, auch Wasser ist ein teures Gut.

Die Maß Bier kostet heuer übrigens 10,50 Euro, das sind umgerechnet 21 Mark. Noch 1986 war es in Freising zu einem handfesten Streit um die Bierzeltvergabe gekommen, weil sich ein Bewerber ausgetrickst fühlte. Er hatte 4,70 Mark angeboten, zehn Pfennig weniger als im Jahr zuvor, den Zuschlag bekam damals aber ein gewisser Xaver Widmann, der sich mit 4,60 Mark begnügte. Das waren noch Zeiten.

Was heuer ein Liter Wasser kostet, davon haben wir im Volksfestprogramm nichts gefunden. Wahrscheinlich um niemand zu erschrecken. Alkoholfreies Bier könnte es heuer natürlich auch wieder geben. Als es 1986 auf Druck des Stadtrats erstmals auf dem Freisinger Volksfest angeboten wurde, lästerten die Brauereidirektoren noch. Georg Wohn von der Staatsbrauerei meinte, "wer auf so einem Fest kein traditionelles Bier trinkt, der ist wie einer, der eine Semmel bestellt und kein Hendl dazu".

Die Plätze im Volksfestausschuss waren heiß begehrt

Den Festwirt wählte seinerzeit ein Volksfestausschuss aus, der aus einem Vorsitzenden und zehn Stadträten bestand. Das Volksfest wurde damals eben noch wichtiger genommen als heute und die Plätze in diesem Gremium waren heiß begehrt. Es gab nämlich nicht nur Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeld. In der Regel wurden die Ausschussmitglieder von den jeweiligen Festwirten auch ansonsten gut ausgestattet und weil Bierzeichen damals noch nicht aus Papier, sondern aus Metallblättchen bestanden, klimperte es verdächtig in so manchen Hosentaschen. Dazu wurden die auserwählten Stadträte vor dem Fest zur Bierprobe mit Brotzeit in eine Brauerei eingeladen und zur Halbzeitbilanz gab es ein "Informationsfrühstück" mit Weißwürsten.

Alles Geschichte. Den Volksfestausschuss gibt es nicht mehr, nur noch einen Festreferenten, die Bierprobe findet für alle Freisinger auf dem Marienplatz statt. Anzapfen darf aber nach wie vor der Oberbürgermeister, der mir vor ein paar Tagen geschrieben hat, es sei ihm "eine wirkliche Freude" mich im Namen des Stadtrats und auch persönlich am Montag zum Seniorennachmittag einzuladen. Einen "fröhlichen und gemütlichen Volksfestnachmittag" wolle er mit mir verbringen, hat er geschrieben. Da nehmen wir uns natürlich Zeit und kommen. Gerne würden wir seine Freude noch steigern und auch einen vergnüglichen Volksfestabend mit ihm verbringen. Allerdings müssen wir schon jetzt vorsorglich darauf hinweisen, dass dann eine Maß nicht langen wird.

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