Kinderbetreuung:Die Lage hat sich verschärft

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Der Kindergarten am Keltenweg ist ebenso geschlossen, wie die Neufahrner Kindertagesstätten. Die Eltern wollen keine Gebühren mehr zahlen. (Foto: Marco Einfeldt)

Träger der Neufahrner Kindergärten wollen verstärkt um Quereinsteiger werben, um die angespannte Personalsituation in den Griff zu bekommen.

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Träger der Neufahrner Kindergärten wollen jetzt verstärkt um Quereinsteiger werben, um die angespannte Personalsituation in den Griff zu bekommen. Derzeit stehen die Namen von 57 Kindern auf der Warteliste für einen Platz im Herbst. Bis dahin werden aber schon wieder mehr als 40 weitere Kinder drei Jahre alt. Die "Grundsituation" kenne man zwar auch aus vergangenen Jahren, aber heuer sei sie "schon verschärft", sagte der zuständige Abteilungsleiter im Rathaus, Wilfried Gast, in einem Pressegespräch. Sollte sich daran bis zum neuen Kindergartenjahr nichts ändern, will die Gemeinde bei der Vergabe der freien Plätze ausschließlich nach Alter der Kinder vorgehen.

Räume für zusätzliche Gruppen gäbe es durchaus und da seien auch nicht alle Plätze vergeben. Aber es gibt einfach nicht genug Personal. Zum Beispiel im Kindergarten der Diakonie am Keltenweg: Die siebte Gruppe kann nur in Teilzeit besetzt werden, somit fehlen 20 Plätze. Die geplante zusätzliche Gruppe mit 25 Plätzen im extra aufgestellten Container kann erst gar nicht eröffnet werden, weil noch eine zweite Kraft fehlt. Immerhin: "Wir sind optimistisch", versichert Otto Knauer vom Diakonischen Werk in diesem konkreten Fall.

Dass Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen nur schwer zu kriegen sind, kennt das Diakonische Werk aus anderen Landkreisen. Forderungen von Eltern, die Mitarbeiter besser zu bezahlen, weist Knauer zurück: Bei der Bezahlung müsse man sich an den Tarifen im öffentlichen Bereich orientieren, erklärte er. Man bemühe sich aber, "gute Bedingungen" zu schaffen - etwa Fortbildungsangebote. Die Forderung, dass an den Fachschulen noch mehr Personal ausgebildet werden müsste, greift nach Ansicht von Knauer auch nicht: "Der Markt der Ausbildungswilligen ist inzwischen abgeschöpft."

Gemeindeweit fehlen laut Bürgermeister Heilmeier vier Mitarbeiter. Nun will man versuchen, Quereinsteiger mit geeigneter Vorbildung zu gewinnen und für die Arbeit als "Ergänzungskraft" zu qualifizieren. Die katholische Pfarrei St. Franziskus beschreite diesen Weg bereits, sagt Kindergartenreferentin Hildegard Springer. Künftig soll zum Beispiel eine polnische Grundschullehrerin mitarbeiten. Bislang gilt der Quereinstieg selbst für Interessenten aus "fachnahen Ausbildungen" als äußerst schwierig. Jugendamts-Leiterin Arabella Gittler-Reichel sicherte in dem Pressegespräch aber die Unterstützung des Landratsamts zu: "Wir sind bereit, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen."

Auch helfe man gerne dabei, Kita-Bauvorhaben voranzutreiben - allerdings stehe die Gemeinde hier ohnehin "gut da", so Gittler-Reichel: Neubauten sind in Planung, samt Personalwohnungen. Heilmeier verwies zudem auf die Arbeitsmarktzulage, die Neufahrn zahle. Dass Eltern derzeit "Druck aufbauen", kann der Rathauschef aber auch verstehen: "Da hängen Existenzen dran". Wirklich "belastbare" Zahlen gebe es aber erst nach den Anmeldetagen. Bis Herbst werde sich erfahrungsgemäß auch noch etwas ändern, weil Familien wegziehen oder Kinder mehrfach angemeldet wurden. Unabhängig davon wirbt der Bürgermeister aber für Veränderungen in "Politik und Gesellschaft": Pädagogische Berufe müssten attraktiver werden. Neufahrns Kindergartenreferent Josef Eschlwech (Freie Wähler) stellt außerdem fest, dass das Anspruchsdenken von Eltern "überhand genommen" habe. Es komme vor, dass Erzieherinnen ihren Beruf wechseln, weil sie das Gefühl hätten, gar nicht alle Erwartungen erfüllen zu können.

© SZ vom 10.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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