Jugendgericht Freising:Angriff mit Steinschleuder

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Weil er mit Stahlmuttern einen Autokorso beschoss, verurteilte das Gericht einen 19-Jährigen aus Moosburg.

Peter Becker

Der 19-jährige Angeklagte ist über sein Verhalten selbst ganz erschrocken. Im Juni diesen Jahres nahm er einen Autokorso von feiernden Fußballfans unter Beschuss. Mit einer Steinschleuder feuerte er mit Stahlmuttern auf vorbeifahrende Wagen und nahm dabei in Kauf, auch Menschen zu verletzen.

Der 19-jährige Angeklagte begab sich freiwillig in psychiatrische Behandlung. (Foto: iStockphoto)

"Ein unmögliches Verhalten", gibt der junge Mann während seiner Verhandlung vor dem Freisinger Jugendschöffengericht selbst zu. Das verurteilt ihn wegen gefährlicher Eingriffe in den Straßenverkehr, Sachbeschädigung und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von acht Monaten zur Bewährung.

Der Zwischenfall hatte in Moosburg für viel Aufsehen gesorgt. Die Fans feierten den Sieg der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft über Ghana. Der 19-jährige saß zusammen mit einem Freund auf seinem Zimmer, als er auf die Idee kam, die vorbeifahrenden Autos mit Stahlmuttern zu beschießen. Neun Fahrzeuge traf er, potenziell hätten 21 Personen verletzt oder gar getötet werden können.

"Sie können froh sein, dass Sie nicht wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht sitzen", verdeutlicht Jugendrichter Christian Baier dem Angeklagten den Ernst der Lage. Ein als Zeuge geladener Polizist sagt, es sei purer Zufall, dass der Schütze niemanden getroffen habe. "Es bestand Lebensgefahr", betont er.

Die Menschen seien ja mit geöffneten Fensterscheiben oder in Cabrios unterwegs gewesen. Eine verlesene Zeugenaussage vermittelt einen Eindruck der Gefahr. Ein Autofahrer berichtet, ein Geschoss habe nur knapp den Kopf seiner Freundin verfehlt. Leicht hätte sie an der Schläfe getroffen werden können.

Der Angeklagte sagt, er habe an die Vorfälle keine konkrete Erinnerung. Er sei zu diesem Zeitpunkt in psychiatrischer Behandlung gewesen. Er habe einen Nervenzusammenbruch bekommen. Anders könne er sich sein Verhalten nicht erklären. Bisher sei er immer nur gegen sich selbst aggressiv gewesen, aber nicht gegen Fremde. Dazu kam wohl ein verhängnisvoller Mix aus Alkohol und Medikamenten.

Über sein Verhalten ganz erschrocken begab sich der junge Mann freiwillig wieder in eine Psychiatrie. Staatsanwalt und Jugendgerichtshilfe schlugen zur Ahndung der Tat Jugendarrest vor. Damit wollte es Jugendrichter Christian Baier nicht bewenden lassen. Als Grund gab er dafür die Schwere des Vorfalls an.

Es habe sich um eine erhebliche Straftat gehandelt. "Sie können Gott danken, dass es nur bei Sachschäden geblieben ist", sagt er in der Urteilsverkündung zum Beschuldigten. Die psychische Erkrankung sei eine Erklärung des Verhaltens, aber keine Entschuldigung dafür. Es gehe nicht an, dass jemand aus einer Lust und Laune Sachschaden anrichte und Menschen gefährde.

© SZ vom 10.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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