Historikerin aus Leidenschaft:Schöne Geschichten aus Nandlstadt

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Isabella Hödl-Notter, 5. von links, bei einer Weinprobe am Dombergsüdhang. Weingüter aus Niederösterreich und Tirol haben einst den Fürstbischöflichen Hof in Freising beliefert. Auch damit hat sich die junge Historikerin befasst. (Foto: Marco Einfeldt)

Isabella Hödl-Notter ist davon überzeugt, dass Menschen aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen können. Ihr erstes Video ist der Geschichte der Hopfenhalle gewidmet.

Von Klára Mayer, Nandlstadt

Isabella Hödl-Notter tritt aus einem alten Nandlstädter Haus hervor, ordnet ihre Haare zu einem Dutt und setzt sich einen Strohhut auf. Anschließend nimmt sie in dem Video, das der Bayerische Landesverein für Heimatpflege über die junge Historikerin gedreht und auf Youtube gestellt hat, mit auf einen Streifzug durch die Marktgemeinde. 2020 hat Isabella Hödl-Notter ihr leidenschaftliches Interesse mit ihrer Heimat verbunden und die "Marktgeschichten Nandlstadt" sind entstanden. Begonnen hat das Projekt aus Anlass des "Tags des offenen Denkmals" mit der 1898 erbauten Hopfenhalle, die ein Symbol einer ganzen Region und Epoche ist.

Die Hallertau hat sich im späten 19. Jahrhundert zu einem führenden Gebiet für Hopfenanbau entwickelt. Führungen, die Isabella Hödl-Notter eigentlich durch die Halle geben wollte, waren aufgrund von Corona nicht möglich. Da kam ihr die Idee ein Video aufzunehmen. "Einen Film kann sich jeder anschauen, wann er mag und ich habe die Möglichkeit alle Menschen mitzunehmen." Sie selbst wird gefilmt von ihrem Vater. Die Innenaufnahmen in der Halle übernimmt sie und ein paar Drohnenaufnahmen wurden ihr zu Verfügung gestellt.

Reise über Youtube in die Vergangenheit

Inzwischen nimmt die Forscherin auf Youtube und Instagram die Zuseherinnen und Zuseher, meist aus Nandlstadt selbst, regelmäßig mit in vergangene Zeiten. Dabei wird deutlich, dass Menschen aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen können. Sie sagt: "Man kann die gegenwärtige Lage und die Zukunft besser verstehen, wenn man all die Genese versteht" und bezieht sich dabei auf ein Beispiel der Baudenkmalpflege. Damals seien für den Hausbau Holzfenster verwendet worden, die aufgrund ihrer Pflege Jahrhunderte lang gehalten haben. "Man könnte also zurück blättern und schauen, was die Menschen gemacht haben, als es noch kein Plastik gab."

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In Isabella Hödl-Notters Leben spielt die Zeit eine große Rolle. Denn durch Zeit entstehe Geschichte, sagt sie. Allein sechs Jahre lang hat die Freisinger Historikerin an ihrer Doktorarbeit geschrieben, die sie im März dieses Jahres eingereicht hat. Hinzu kommt noch eine mündliche Prüfung. Dann ist hoffentlich alles geschafft. 2016 hat sie mit der Arbeit zum Thema der Finanzverwaltung der Bayerischen Herzöge begonnen und relevante Quellenbestände wie Zahlamtsrechnungsbücher und Protokollbände ausgewertet.

Auf dem Schreibtisch liegen riesige Stapel Papier

Vieles, was an Material in den Archiven zu finden sei, sei noch nicht verarbeitet oder nur von einem von vielen Standpunkten aus betrachtet worden, schildert Isabella Hödl-Notter. Durch den Prozess der eigenen Fragestellung, die man erarbeite, beginne das Forschen.

Ihr Schreibtisch trägt in dieser Zeit riesige Stapel an Papier, bestehend aus Faszikeln, Briefen, Plänen, Urkunden und Amtsbüchern. Lebendiger wird die Arbeit zum Beispiel durch Replikate, die im Fürstengang der Freisinger Residenz hängen. Die waren für ihre Masterarbeit von Bedeutung, in der es um die Weingüter aus Niederösterreich und Tirol ging, die einst den Fürstbischöflichen Hof in Freising beliefert haben. Dazu hat Isabella Hödl-Notter jüngst einen Vortrag beim Historischen Verein gehalten.

Bei jedem Thema komme man aber auch manchmal an Grenzen, sagt die Historikerin. Dann passiert es, dass Unterlagen einfach nicht mehr vorhanden sind, beispielsweise durch Archivbrände im Zweiten Weltkrieg. Dann könnten ganze Protokollbände aus einem Jahrhundert fehlen. Also kann es gut sein, dass die Fragestellung zu der man forscht, sich im Laufe der Zeit ändert. Oder aus dem Gegenteil heraus. Dann gibt es so viel Material, dass sich die Forscherin eingrenzen muss, um eine Fragestellung zu finden, die es ihr erlaubt, auch alles zu dem Thema erarbeiten zu können. Da bleibt sie immer automatisch flexibel.

Doktorarbeiten werden selten Bestseller

Zum Schreiben einer Doktorarbeit will sie jedem raten: "Macht es etwas zügiger als ich." Das Schreiben einer Doktorarbeit sei glorifiziert. Letztendlich lese es nicht die Masse und ein Bestseller werde es also nicht werden. Eigentlich wollte sie sich nach dem Abgeben der Arbeit eine Pause nehmen. Die Gedanken kreisen aber schon wieder um einen Artikel der Gebiets- und Kreisreform, die 1972 begonnen hat. Das Weinbuch zu ihrer Masterarbeit könne auch aufgefrischt werden. "Wein begeistert die Menschen wahrscheinlich auch mehr als Finanzverwaltung", sagt sie.

Einmal in der Woche geht die Reise zur Universität in Passau. Dort lehrt die Forscherin seit vergangenem Wintersemester zu dem Thema "Wie finde ich im Archiv, was ich suche?." Die Antwort darauf hätte sie in ihren eigenen Studienzeiten gut gebrauchen können. Man müsse sich vorstellen, die Archive seien aufgebaut wie die Verwaltungen, die das Material beherbergen und sammeln. Wenn man also die Verwaltungsgeschichte kenne, finde man sich schneller und leichter in den Mengen von Material zurecht.

Auch wenn die Vergangenheit die Gegenwart der Historikerin zu dominieren scheint mag, sie Bayrische Landesgeschichte und Geschichte der Frühen Neuzeit studiert hat, ist das Forschen zu einem großen Teil ein Hobby von ihr. In Teilzeit arbeitet sie in der Öffentlichkeitsarbeit eines fachfremden Unternehmens in Freising. Die Arbeit sei ein guter Ausgleich zu der Archivarbeit, bei der es meistens sehr still ist und es so scheint, als würde die Zeit langsamer vergehen, sagt Isabella Hödl-Notter.

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