Kostenschock für Hausbesitzer:"Aufgraben wird richtig teuer"

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Alle zehn Jahre will der Abwasserzweckverband Freising-Süd künftig die Dichtigkeit der Kanäle von Privathäusern untersuchen. Das müssen die Eigentümer zahlen, für Schäden werden sie ebenfalls zur Kasse gebeten.

Von Alexandra Vettori, Eching/Neufahrn

Zum ersten Mal hat der Abwasserzweckverband Freising-Süd im Herbst 2014 Dichtheitsprüfungen an Abwasserkanälen von bestehenden Privathäusern verlangt - jetzt ist zumindest in Unterschleißheim fast alles geprüft, und manch ein Hausbesitzer schockiert. Denn wo Schäden am Kanal festgestellt wurden, flatterten hohe Reparaturrechnungen ins Haus, bis über 9000 Euro. Insgesamt wies über die Hälfte der Abwasserleitungen mehr oder weniger große Schäden auf.

Jetzt folgen die zwei weiteren Verbandskommunen, Eching und Neufahrn. Was nicht nur Irena Hirschmann, Gemeinderätin der Bürger für Eching, ärgert, ist die Tatsache, dass diese Prüfungen beim Abwasserzweckverband Freising Süd künftig alle zehn Jahre stattfinden sollen. Anderswo aber gelten wesentlich längere Fristen. Tatsächlich herrscht ein rechter Wildwuchs im Abwasserbereich, zumindest beim Turnus der Dichtheitsprüfungen.

Jeder Hausbesitzer ist seit 2010 für die Dichtigkeit seiner Anlagen verantwortlich

Laut Wasserhaushaltsgesetz des Bundes hat seit 2010 jeder an den Kanal angeschlossene Hausbesitzer die Pflicht, für die Dichtheit seiner Abwasseranlagen Sorge zu tragen. In manchen Bundesländern gibt es dazu bereits konkretere Landesgesetze, in Bayern nicht. Da gibt es bis jetzt nur eine Mustersatzung des Innenministeriums, in der von einem 20-Jahre-Turnus für Dichtheitsprüfungen die Rede ist. Neubauten werden generell sofort geprüft, Altbauten dagegen bis vor einigen Jahren gar nicht. Fachleute gehen deshalb von zahlreichen undichten Stellen im Kanalnetz aus. Die Prüfungen müssen Hausbesitzer selbst in Auftrag geben und ebenso selbst bezahlen, wie die Schadensbehebung.

Ob sich die Gemeinden, kommunale Entwässerungsbetriebe oder Abwasserzweckverbände an die Mustersatzung halten, bleibt ihnen überlassen. Genau das ist es, was Irena Hirschmann ärgert: "Es muss eine Gleichbehandlung geben." Deshalb hat sie auch schon 2014 einen Antrag im Echinger Gemeinderat gestellt, wonach die Verbandsräte im Abwasserzweckverband die Prüfzeiträume ändern sollen. "Es wurde zugesagt, dass es im Zweckverband besprochen werde, aber passiert ist bis heute nichts", so Hirschmann. Recherchen der SZ bestätigen die Unterschiede bei der Häufigkeit der verlangten Dichtigkeitsprüfungen. In Freising etwa lässt die Stadtentwässerung alle 20 Jahre prüfen, in Hallbergmoos sind es zehn Jahre, in München 25, beim Abwasserzweckverband München-Südost zwischen 20 und 30 Jahre.

Dabei, so sagt Hirschmann, gebe es sogar generell Zweifel am Sinn der Dichtheitsprüfungen von privaten Abwasserleitungen außerhalb von Wasserschutzgebieten: "Zahlreiche unabhängige und bundesweit anerkannte Fachleute vertreten die Überzeugung, dass von privaten Abwasserleitungen keinerlei Gefährdung für das Grundwasser und den Boden ausgeht", hat sie recherchiert. Sogar Promotionsarbeiten gebe es zu dem Thema. Was Hirschmann außerdem stört, ist, dass auf die laufenden Prüfungen von Seiten der Kommunen nicht groß hingewiesen wird. Die Hausbesitzer erhielten die Aufforderung zur Prüfung vom Zweckverband, ansonsten werde das Thema kaum diskutiert, die Bürger auch nicht auf die drohenden Kosten hingewiesen. So hätten Grundstücksbesitzer in Unterschleißheim weder einen Gesamtüberblick über die Schäden, noch über die generell angefallenen Kosten erhalten. Private Nachfragen hätten jedoch ergeben, dass bei zehn Hausbesitzern Rechnungssummen aufliefen, die von 2700 bis 9400 Euro reichten.

Dass die Schäden durch Druckprüfungen entstanden seien, hält der Geschäftsführer für ein Gerücht

Wegen der Osterferien waren weder der Vorsitzende des Zweckverbands, Neufahrns Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne), noch sein Stellvertreter, Echings Bürgermeister Josef Riemensberger (CSU), für eine Stellungnahme erreichbar. Geschäftsführer Adalbert Mader betont aber, man denke im Zweckverband über eine Turnusverlängerung nach.

Laut Mader berät der Zweckverband Hausbesitzer zum Beispiel bei der Wahl der Prüf-Firmen, auch bei der Methode. "Wir empfehlen Kameras, dann sieht man den Schaden gleich", so Mader. Dass Schäden erst durch Druckprüfungen entstanden seien, hält er für ein Gerücht: "Das passiert nicht, wenn es ordnungsgemäß durchgeführt wird." Die Kosten einer Prüfung liegen laut Mader für ein normales Einfamilienhaus zwischen 80 und 150 Euro. Dass möglichst frühzeitige Prüfungen auch ihr Gutes haben, betont der Geschäftsführer auch, nicht umsonst überprüfe man die Sammelkanäle auch alle zehn Jahre: "Wenn sie den Schaden früh genug entdecken, können sie ihn von innen sanieren. In einigen Jahren muss man aufgraben - und dann wird es richtig teuer."

© SZ vom 04.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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