Freisinger Norden:Frische Luft am grünen Hang

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Mit dem vom Freisinger Planungsausschuss gebilligten Bebauungsplan 158 "Alte Poststraße" sollen standorttypische Bäume und Sträucher erhalten und ergänzt werden. Sie wirken klimatischen Belastungen und Erosion entgegen

Von Kerstin Vogel, Freising

Es war ein auf den ersten Blick alltäglicher Vorgang: Der Planungsausschuss des Stadtrats hat den Entwurf für den Bebauungsplan 158 "Grüner Hang - Alte Poststraße" gebilligt und die Verwaltung beauftragt, diesen nun öffentlich auszulegen. Wer dahinter allerdings die üblichen Bestimmungen zu Geschossflächen und Dachgauben in einem Baugebiet vermutet, könnte falscher nicht liegen. B-Plan 158 steht vielmehr im Kontext des Projekts Nummer 16 aus dem Stadtentwicklungsplan, in dem es mit hoher Priorität darum geht, die Freising prägenden "grünen Hänge" allem Siedlungsdruck zum Trotz zu erhalten, zu entwickeln und zu pflegen.

Selbst im Winter ohne Laub sind die Bäume oberhalb der Alten Poststraße für das Ortsbild in Neustift prägend. (Foto: Marco Einfeldt)

Ob Domberg, Weihenstephaner Berg oder Lankesberg: An der Schnittstelle zwischen tertiärem Hügelland und der Münchner Schotterebene gelegen, ist das Freisinger Stadtbild seit jeher geprägt von grünen Hängen. Sie durchziehen die Stadt von Südwesten nach Nordosten und bestimmen nicht nur das Ortsbild, sie produzieren auch frische Luft und wirken klimatischen Belastungen entgegen. Ihre Gehölz- und Wiesenflächen sind Lebensräume für teils gefährdete Tier- und Pflanzenarten, ihr Baumbestand stabilisiert den Untergrund und verhindert Erosion. Die Sicherung der Hänge wird seit einer Feinuntersuchung im Jahr 2017 verfolgt und die Studie dazu hat der Stadt sogar schon den neu geschaffenen Bayerischen Landschaftsarchitekturpreis eingebracht. Das Vorzeigeprojekt "Grüne Hänge" wurde als Gewinner in der Kategorie "Nachhaltige Stadtentwicklung" ausgezeichnet.

Spritzbeton ist zur Hangsicherung ebenso unerwünscht wie der Einbau von Gabionen oder Stahlträgern. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Bebauungsplan 158 "Grüner Hang - Alte Poststraße" ist eine erste Umsetzungsmaßnahme der Studie. Er umfasst den östlichen Bereich des Lankesbergs und einen Teilbereich an der Jahnstraße. Ziel und Zweck sind der Erhalt, die Ergänzung und die Sicherung der weithin wahrnehmbaren, von standorttypischen Bäumen und Sträuchern geprägten Hangkante mit ihrer teilweise historischen, kleinteiligen Bebauung am südlichen Lankesberg oberhalb der Alten Poststraße. Dafür sollen nicht überbaute Grundstücke als großteils gehölzbestandene Grünflächen erhalten oder entwickelt werden. Wertvoller Baum- und Strauchbestand soll durch ergänzende Pflanzungen aufgewertet werden, um Bodenerosion und Hangrutschungen zu vermeiden.

Die Sternentreppe den Hang zur Schule hinauf soll nach Möglichkeit weiter aufgewertet werden. (Foto: Marco Einfeldt)

Denn die Hangkante ist seit Jahren der Nachverdichtung ausgesetzt und an zahlreichen Stellen durch flächenintensive Bebauung unterbrochen. Auf einigen Grundstücken wurden in diesen sensiblen, erosionsgefährdeten Abschnitten zum Teil bereits massive bauliche Hangbefestigungen durchgeführt, wie in dem Planentwurf kritisiert wird - mit in Stahlträgern geführten Holzbalken, Gabionen oder Spritzbeton. Die Freiflächengestaltung habe vielerorts Stützmauern, Treppenanlagen, Abgrabungen und befestigte Flächen in zuvor naturnahen Gehölzbereichen nach sich gezogen, andernorts werde die Vegetation dauerhaft niedrig gehalten, die visuelle und ökologische Wirksamkeit des Hanges sei eingeschränkt - und die Folgen der Erosion bekommen teilweise schon heute Ober- wie Unterlieger zu spüren.

Das Planungskonzept trifft keine Aussagen zum Baurecht, wie im Planungsausschuss erläutert wurde. Bestehende und genehmigte Bebauungen unterliegen dem Bestandsschutz und die Anwohner sollen ihre privaten Gartenflächen weiterhin in einer mit den Zielen des Grünen Hangs verträglichen Weise nutzen können. Gleichwohl werden sie sich künftig vor allem bei der Freiflächengestaltung an Vorgaben halten müssen. So sind etwa künftig nicht überdachte Freisitze und an Gebäude anschließende Terrassen lediglich in den Flachbereichen zulässig. Eine weitere Bebauung in den steilen Hangbereichen wird ausgeschlossen. Die Höhe zulässiger Stützmauern wird beschränkt, eine Erschließung über Wege und Treppen ist zwar erlaubt, allerdings gibt es auch hier Beschränkungen. Erforderliche Hangsicherungen sollen mit natürlichen Materialien ausgeführt werden, die straßenzugewandten Vorgärten sollen begrünt, Zufahrten und Zuwegungen wasserdurchlässig ausgebildet werden. Markante, vitale Einzelbäume auf den Freiflächen außerhalb des Grünen Hangs und Großbäume im gesamten Bereich sollen möglichst erhalten bleiben.

Erhalten und zu einem "als Grünzone erlebbaren, attraktiven Fuß- und Radweg entwickelt werden" soll der als wertvoll erachtete Hohlweg entlang der Klebelstraße. Außerdem soll nach der geplanten Verlagerung der Schule ein attraktiver Rundweg entlang der Hangschulter umgesetzt werden und "besonders attraktive Ausblicke auf das südliche und östliche Stadtgebiet erlauben". Weiter aufgewertet werden soll auch die "Sternentreppe", die auf direktem Weg das oben gelegene Wohngebiet am Lankesberg und die Schule mit dem Hangfuß und den dortigen Wohnflächen, Einkaufs- und Versorgungsmöglichkeiten im Umfeld der Landshuter Straße verbindet und den Aussichtspunkt "Der schöne Blick" Richtung Domberg erschließt. Als weitere Verbindung sieht der Bebauungsplan eine Wiederherstellung der ehemaligen Wegeverbindung im Bereich des östlichen Seitentälchens vor - insbesondere für den Kindergarten und die Schule.

Der Planungsausschuss billigte den Planentwurf ohne größere Debatte einstimmig - auch, weil mit seiner Hilfe "grüne" Ziele für die Stadt Freising durchgesetzt werden können. Robert Weller, Karlheinz Freitag und Anton Frankl appellierten jedoch, die Anwohner mit eventuell schwierigen Baumpflegemaßnahmen oder -fällungen nicht alleine zulassen und eventuell finanzielle Hilfe zu gewähren. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher erinnerte daran, dass die "Baumschutzverordnung" der Stadt derartige Hilfen bereits ermögliche. Die Anwohner können eventuelle Einwände nun während der öffentlichen Auslegung vorbringen.

© SZ vom 29.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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