Freisinger Innenstadt:Anarchisten in der Begegnungszone

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Der Umbau kommt gut voran und bei den Leuten an. Doch die vielen Falschparker sind ein Problem. Die Verkehrsüberwachung kommt wegen Personalmangels mit den Kontrollen nicht nach.

Von Kerstin Vogel, Freising

Der Umbau der Freisinger Innenstadt schreitet schneller voran als geplant. Die bereits fertigen Bereiche in der Unteren Altstadt sehen gut aus und kommen bei den Bürgern an, es könnte also Zufriedenheit herrschen, wäre da nicht das neue Verkehrskonzept. Verkehrsrechtlich als Spielstraße, also als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen, soll die Freisinger Innenstadt künftig als Begegnungszone funktionieren. Doch das funktioniert schlecht bis gar nicht - und die Umsetzung kann wegen der Personalnot bei den Verkehrsüberwachern offenbar auch nicht mit dem nötigen Nachdruck eingefordert werden.

"Es ist in einigen Bereichen mehr als offensichtlich, dass man in Freising machen kann, was man will", beklagte Sebastian Habermeyer (Grüne) am Montag im Finanzausschuss des Stadtrats und führte als Beispiel die "fetten Bonzenkarren" an, die stundenlang vor dem neuen Café an der frisch sanierten Hauptstraße abgestellt würden. Das dürfe man sich nicht gefallen lassen, sagte Habermeyer und empörte sich außerdem über die Situation rund um das neue Schwimmbad in Lerchenfeld. Dort sei das neue Parkhaus halb leer, obwohl die Nutzung gerade einmal einen Euro kosten würde - und "draußen stehen sie im Halteverbot".

Verkehrsüberwachung leidet unter massiver Personalnot

Habermeyers Forderung aber, dass hier in allernächster Zukunft etwas geschehen müsse, ist nicht so ohne weiteres umsetzbar, weil auch die kommunale Verkehrsüberwachung der Stadt Freising unter massivem Personalmangel leidet, wie Stefan Klopfer, der das Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung leitet, erläuterte. Derzeit seien fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit 161,5 Wochenstunden im Außendienst tätig, zählte Klopfer auf. 39 Wochenstunden seien wegen des Erziehungsurlaubs einer Beschäftigten und dem krankheitsbedingten Ausfall einer weiteren Mitarbeiterin derzeit vakant und die drei bereits freigegebenen Vollzeitstellen habe man bis jetzt nicht besetzen können. Klopfer: "Die Bewerber erscheinen nicht immer geeignet oder bräuchten eine sehr lange Einarbeitungszeit." Mit dem vorhandenen Personal aber könne man die "sich herauskristallisierenden Schwerpunkte nicht abdecken".

Klopfer möchte nun prüfen, ob der Beitritt zu einem kommunalen Zweckverband einen Ausweg bieten könnte. Dieser könnte der Stadt Freising bei Bedarf Personal überlassen, wovon sich Klopfer "wesentlich flexiblere und umfangreichere Überwachungszeiten" verspricht. Linken-Stadtrat Guido Hoyer graute zwar "aus gewerkschaftlicher Sicht" vor dem Begriff "Arbeitnehmerüberlassung", auch er hat jedoch festgestellt, dass die Akzeptanz des neuen Verkehrskonzepts in der Innenstadt rapide sinke. "Wenn da die Anwohner demnächst auf die Barrikaden gehen, dann tun sie das mit Recht", warnte Hoyer.

Mit einem Zweckverband sind nicht alle glücklich

Auch für Rudi Schwaiger (CSU) herrscht "in Teilen der Unteren Hauptstraße Anarchie", trotzdem zeigte er sich mit dem beabsichtigten Beitritt in einen Zweckverband nicht ganz glücklich. "Ich will das eigentlich nicht aus der Hand geben", sagte er: "Am Ende entscheidet dann der Verband, wann und wo Personal eingesetzt wird." Ein probateres und sachgerechtes Vorgehen wäre es aus seiner Sicht stattdessen, den neu Einzustellenden "ein höheres Gehalt anzubieten, eine höhere Eingruppierung, um dem Fachkräftemangel zu begegnen". Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher sicherte zu, dass man alle Anregungen aufnehmen und prüfen werde, bevor der Stadtrat abschließend über eine mögliche Mitgliedschaft in einem Zweckverband entscheiden müsse.

Keinen Einfluss hat das Gremium bedauerlicherweise auf die Höhe des Bußgeldes, das für Falschparkerei in einer Spielstraße verlangt werden kann. Selbst Wiederholungstäter zahlen hier offenbar nur zehn Euro, wie sich Bürgermeisterin Eva Bönig (Grüne) wunderte: "Das kalkulieren die doch einfach in ihre Lebenshaltungskosten ein."

© SZ vom 18.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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