Freisinger Fabriken:Kaffee aus getrockneten Feigen

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Getrocknete Feigen werden zur Herstellung von Kaffeesurrogaten verwendet. (Foto: monticello/www.imago-images.de)

Die Gebrüder Hofer aus Freising produzierten am Seilerbrückl Kaffeesurrogate. Sie erhielten sogar die Auszeichnung "königlicher Hoflieferant".

Von Peter Becker, Freising

"Freisinger Fabriken" heißt ein Buch, das der Freisinger Hans Lorenzer 2022 veröffentlicht hat. Das Nachschlagewerk, wie er es nennt, beschäftigt sich mit Fabriken und Werken innerhalb des Stadtgebiets. Manche gibt es heute noch, viele sind verschwunden. Die Freisinger SZ stellt in einem Streifzug durch die Industrialisierung bestehende und aufgegebene Unternehmen vor. Heute: Feigenkaffee-Fabrik Gebrüder Hofer (1835 - etwa 1920).

Die Gebrüder Hofer aus Freising waren laut Hans Lorenzer die ersten Importeure getrockneter Früchte in ganz Deutschland. Ihre Feigenkaffee-Fabrik befand sich an der Seilerbrücklstraße. 1835 hatte sie Alfred Oberlindober als Gewürzfabrik gegründet. Jener beantragte im März 1867 "eine Dampfmaschine von circa vier Pferdestärken" zum Betrieb seiner Gewürzmühle. Laut Lorenzer ist im Freisinger Adressbuch von 1886 eine erste Werbung der Gebrüder Hofer, "vormals J. Oberlindober". Ihr "ächter Feigenkaffee" war mehrfach prämiert. Die Freisinger Firma etablierte sich gar als königlicher Hoflieferant und warb damit, die "älteste Firma dieser Branche in Deutschland" zu sein.

Feigenkaffee war wie Kaffee aus Eicheln, Malz oder Korn ein Surrogat. Kaffee war im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts sehr teuer, ganz zu schweigen von Kriegszeiten. Nicht jeder konnte sich das anregende Getränk leisten. Feigenkaffee diente als Ersatz, wurde auch des Geschmacks wegen Bohnenkaffee beigemischt. Die Herstellung dauerte eine Weile. Die Feigen wurden zuerst gekocht, um sie geschmeidiger zu machen. Danach trocknete man sie fast einen Monat lang auf Gestellen an der Sonne. Anschließend kamen sie für zwei Monate in Trockenkästen. Danach wusch man die Feigen noch mal in Salzwasser, bevor man sie weiterverarbeitete. Anschließend wurden sie bei Temperaturen bis zu 180 Grad getrocknet, später zu Pulver zermahlen und abgefüllt.

Im Internet gibt es unter www.sampor.de eine Seite für Kaffeeliebhaber, Sammler und andere Interessenten, die zwei Werbebilder der Freisinger Firma zeigen. Ein Motiv zeigt eine Hausfrau oder ein Dienstmädchen. Die Frau serviert eine dampfende Kaffeekanne mit dem Label "Hofers roter Adler". Das Blatt ist um das Jahr 1890 herum erschienen. Neben der Werbung steht eine Anmerkung, auf der das Angebot der Kaffee-Fabrik aufgelistet ist.

Da gibt es zum einen den echten "roten Adler Feigenkaffee", der als "vollmundige, ausgiebige Speckware mit reichem Zuckergehalt" beschrieben wird. Der "echte Sultan Feigenkaffee" wird aus Feigen aus Smyrna, bekannter unter dem Namen Izmir, hergestellt. Mit der türkischen Stadt hatten die Gebrüder Hofer wohl gleich den Begriff "Sultan" assoziiert. Er sei von voll kräftigem Aroma und wunderschöner goldgelber Farbe. Der Bayerische Natur-Malzkaffee werde nach eigener Fabrikationsmethode aus heimischer Gerste, ganz nach dem Rezept von Pfarrer Kneipp hergestellt. Der Eichelkaffee besteht laut Werbung aus frisch gefallenen Eicheln und wird als "das beste, beliebteste Kinder-Nährmittel" angepriesen. Der "Deutsche Früchtenkaffee" sei homöopathisch und ein gesundes, beliebtes Volksnahrungsmittel als Ersatz für Bohnenkaffee.

Bild zwei, ebenfalls um das Jahr 1890 datiert, zeigt eine junge Frau mit einer Kaffeetasse in der Hand, die vor einem gedeckten Tisch mit Guglhupf steht. "Die Firma garantiert für die vollkommene Reinheit ihrer Erzeugnisse", steht auf den Werbebildern. Die Gebrüder Hofer "bringen hiemit ihre vorzüglichen Kaffeesurrogate allen sparsamen und wirtschaftlich gesinnten Hausfrauen in empfehlende Erinnerung".

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